Nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung. Aber dass Leipzig jetzt endlich mit dem Geographen Friedemann Goerl einen eigenen Fußverkehrsverantwortlichen hat, empfindet man auch beim Ökolöwen als wichtigen Fortschritt. Bislang hatte Leipzig gar keinen, obwohl seit über 20 Jahren das Arbeitsziel in der Stadtpolitik steht: „Stadt der kurzen Wege“. Kurze Wege sind für Fußgänger in Leipzig aber oft lebensgefährlich. Es gibt zu tun.

Wenn es um Verkehr in Leipzig geht, wird meist über die aufwendigen Verkehrsarten debattiert: Motorisierter Individualverkehr und ÖPNV. Selbst der Radverkehr wird dabei meistens vergessen, weil er sich ja irgendwie noch durchschlängeln kann. Aber dass die meisten Verkehrssysteme vorrangig für die motorisierten Verkehrsarten gedacht sind, merkt jeder Leipziger schnell, wenn er mal zu Fuß unterwegs ist. Eilig darf er es nicht haben, obwohl Fußverkehr – nicht nur aus Sicht des Ökolöwen – „die wichtigste Verkehrsart in dieser Stadt“ ist.

Lange wurde drum gerungen. Auch aus dem Senioren- und dem Behindertenbeirat kamen immer wieder Vorstöße zum Thema – denn auf den Fußwegen sind nun einmal immer die schwächsten Verkehrsteilnehmer unterwegs. Und sie haben teilweise mit miserablen Wegezuständen und oft genug mit hochgefährlichen Überwegen zu kämpfen.

Tino Supplies, verkehrspolitischer Sprecher des Ökolöwen, hätte sich angesichts der Aufgabenfülle allerdings eine ganze neue „Fachabteilung Fußverkehr“ gewünscht.

„Nur eine fußgängerfreundliche Stadt ist eine attraktive Stadt. Deswegen muss der Verkehrsart viel mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden. Alle Rad- oder Autofahrer sind irgendwann auch mal Fußgänger“, sagt er.

Die Hauptaufgabe liegt längst auf dem Tisch: das vom Stadtrat bestellte Fußverkehrskonzept, das die Verwaltung für das Jahr 2019 avisiert hat.

Das, so Supplies, müsse nun zügig erstellt werden. Das letzte stammt noch aus dem Jahr 1997.

Regelmäßige Verkehrszählungen von Fußgängern gibt es nicht, kritisiert der Ökolöwe. Die mangelhafte Datenbasis sei ein Grund dafür, warum in den letzten Jahren die Belange der Fußgänger bei Straßenumbauten oftmals unter die Räder gekommen sind. Neben der Konzepterstellung müssen laut Supplies zeitnah auch konkrete Projekte angegangen werden.

„Der Fußverkehrsbeauftragte sollte sich nicht nur auf die Begutachtung von Straßenplanungen beschränken. Wir brauchen schnell viele neue Maßnahmen für den Fußverkehr“, geht er auf den Stau an Aufgaben ein, der durch das lange Vertrödeln des Themas entstanden ist. „Wir brauchen eine Grüne Welle für Fußgänger über den Innenstadtring, Maßnahmen gegen zugeparkte Gehwege, größere Tempo-30-Zonen, neue Fußgängerzonen und Spielstraßen in den Wohngebieten, die Beseitigung von Stolperfallen und ein Programm für 100 neue Zebrastreifen in der Stadt.“

Der Ökolöwe will die Arbeit des Fußverkehrsbeauftragten konstruktiv unterstützen.

Aber damit das Ganze auch gleich Form annimmt, hat der Umweltverein dem neuen Fußverkehrsbeauftragten gleich eine Liste mit Punkten übersandt, die er in den nächsten Jahren für dringend in der Umsetzung hält.

Die To-do-Liste für den Fußverkehr:

– Umsetzung der nutzungsgemischten „Stadt der kurzen Wege“
– Zügige Ausweitung von Tempo 30 in Wohngebieten sowie vor Kitas und Schulen
– Programm: 100 neue Zebrastreifen für Leipzig (wie in Berlin)
– Gleichberechtigte Ampelschaltung für Fußgänger, Grüne Welle am Innenstadtring
– Baulicher Schutz von Gehwegen vor Gehwegparkern und Kreuzungsparkern
– Von der „autoarmen“ Innenstadt zur autofreien Innenstadt, z. B. Sperrung Augustusplatz für Kfz-Verkehr
– Neue Fußgängerzonen z. B. am Lindenauer Markt, Projekt: Flaniermeile Gottschedstraße
– Umgestaltung von unwirtlichen Straßenkreuzungen zu attraktiven Stadtplätzen, z. B. Hauptbahnhof-Vorplatz, Dresdner Straße vor Kaufland, Südplatz, Adler, Ostplatz, Bayrischer Platz, Connewitzer Kreuz
– Schaffung attraktiver öffentlicher Räume mit Straßenbäumen und Sitzgelegenheiten
– Sichere, kindgerechte Wege aus allen Wohngebieten zu benachbarten Spielplätzen und Grünanlagen
– Schaffung neuer Spielstraßen innerhalb von bestehenden Tempo-30-Zonen
– Umwidmung von Kfz-Straßen zu Gehwegen, z. B. vor Schulen (wie am Kant-Gymnasium)
– Beendigung der Einkürzung von Gehwegbreiten bei Straßenumbauten, Wiederherstellung von gründerzeitlichen Gehwegbreiten in bereits umgebauten Straßenräumen
– Beseitigung von Stolperfallen
– Besserer Schutz vor abbiegenden Autos, z. B. durch angehobene Gehwege (siehe Kopenhagen)
– Abschaffen des „Grünen Pfeils“ für Kfz-Verkehr an Straßenkreuzungen mit hohem Fußgängeraufkommen

Leipzig muss deutlich fußgängerfreundlicher werden

Leipzig muss deutlich fußgängerfreundlicher werden

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