Schon heute hat die Region Leipzig/Halle das modernste S-Bahn-Netz der Republik. Dabei ist es noch gar nicht fertig. Wie selbstverständlich spricht auch Oliver Mietzsch, Geschäftsführer des ZVNL, heute von der „eine Milliarde Euro, die der City-Tunnel gekostet hat“. Denn diese Milliarde (tatsächlich wohl doch eher 910 Millionen) war nie ein Skandal – sie war der realistische Preis für ein solches Infrastrukturprojekt.
Nur hat man den Preis künstlich heruntergeredet, als es in den frühen 1990er Jahren darum ging, dieses wichtige Infrastrukturprojekt überhaupt politisch beschlussfähig zu machen. Es ist der alte Fehler der deutschen Politik, dass man versucht, solche Projekte in den politischen Verhandlungen möglichst billig zu handeln, um den Abgeordneten das Gefühl zu geben, dass man alles quasi aus der Schatulle bezahlen kann. Und fast immer stellt sich schon kurz nach Baubeginn heraus, was man alles aus der Preisberechnung herausgehalten hat.
Leipzig und Sachsen hatten sogar noch Glück, denn die Vorplanungen waren gut und das Projekt wurde am Ende nur um etwa 50 Prozent teurer als – na ja – politisch verkauft. Hätte man Ende der 1990er realistische Zahlen vorgelegt, hätte durchaus die Gefahr bestanden, dass einer der Finanzierungspartner gekniffen hätte. Obwohl alle Daten und auch die Leipziger Verkehrsgeschichte der vergangenen 100 Jahre dafür sprachen, dass diese Stadt und diese Wirtschaftsregion so ein wichtiges Infrastrukturprojekt brauchten. Keine erfolgreiche Großstadt funktioniert heute mehr ohne ein modernes S-Bahn-Netz.
Und wer Leipzigs City-Tunnel mit anderen Infrastrukturprojekten wie „Stuttgart 21“ oder BER vergleicht, der sieht auch, dass auch während des Baus straff auf die Kosten geschaut wurde und die „Milliarde“ tatsächlich gut angelegtes Geld war.
Übrigens nur ein Teil der Gesamtkosten fürs Mitteldeutsche S-Bahn-Netz.
„Alles, was drumherum gebaut wird“, so Oliver Mietzsch, „kostet gut und gerne noch einmal eine Milliarde.“
Und da geht es um komplett verlegte und neu gebaute Trassen, um komplett umgebaute alte Bahnstationen und den Bau von völlig neuen Haltepunkten und auch um Steuerelektronik. Das alles war natürlich im Dezember 2013 nur in Teilen fertig. Finale für diese erste Ausbaustufe des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes wird wohl 2022 sein. Dann hat das S-Bahn-Netz erst seine ursprünglich geplante Größe erreicht.
Dazu gehören dann natürlich auch weitere S-Bahn-Linien, die die bisherigen ergänzen.
Zu den wichtigsten Neuerungen ab 10. Dezember gehören:
Die S2 wird neu definiert und verkehrt künftig von Leipzig-Stötteritz stündlich nach Delitzsch und Bitterfeld. Aber dort endet die Strecke dann nicht mehr: Die Bahnen fahren dann wechselnd weiter nach Dessau oder Lutherstadt Wittenberg. Martin Luther hätte sich darüber wohl bannig gefreut. Das bedeutet: Alle zwei Stunden sind diese beiden Städte dann mit der S-Bahn an Leipzig angebunden.
Und dazu gibt es dann gleich noch eine besondere Umsteigebeziehung: In Bitterfeld hat die S2 dann jede Stunde Anschluss auch an die neue Linie S8.
Die kennt man in Leipzig noch nicht, wird man auch nicht zu sehen bekommen. Denn diese S-Bahn-Verbindung wird zwischen Halle und Bitterfeld neu eingerichtet, schafft also auch eine schnelle Verbindung über so malerische Orte wie Landsberg, Brehna und Roitzsch. Und auch diese S-Bahn endet nicht wirklich in Bitterfeld, sondern rollt im stündlichen Wechsel weiter nach Dessau oder Wittenberg, womit beide Endstationen künftig im Stundentakt ans S-Bahn-Netz angeschlossen sind – mal nach Halle, mal nach Leipzig. Hier hat der Nahverkehrsverband NASA im angrenzenden Sachsen-Anhalt die Arbeitsaufgabe erfüllt. Erst durch die Kooperation zwischen NASA und dem in der Region Leipzig arbeitenden ZVNL macht das mitteldeutsche S-Bahn-Netz Sinn.
Direkt für Leipzig wichtig wird die neue S6, die ab dem 10. Dezember den bisherigen südlichen Streckenast der S3 übernimmt (die ja bekanntlich vorerst in Connewitz endet). Sie fährt also die schöne Tour nach Borna und Geithain. Nordwärts fährt sie bis zur Leipziger Messe, wird also neben der S2 und der S5 eine von drei S-Bahn-Verbindungen, die die Messe mit der Leipziger Innenstadt (und darüber hinaus) verbinden.’
Diskutiert aber wird ja schon seit geraumer Weile auch über das, was im S-Bahn-Netz im Südwesten passiert. Passiert da überhaupt was?
Es gibt 2 Kommentare
@Sebastian
Das habe ich auch gedacht. Die Verbindung bestand so auch schon. Der einzige Unterschied: Es fahren nun beide Linien (die Dessauer und die Wittenberger) durch den Tunnel. Zuvor war es nur die Dessauer.
Die große Neuerung besteht wohl darin, dass man nun im Halbstundentakt von Leipzig nach Bitterfeld kommt (auch außerhalb des Berufsverkehrs).
Naja was hier als große Neuerung gefeiert wird, gibt es schon ewig und drei Tage. Als ich noch Schüler war, so um das Jahr 2000 rum, bin ich schon nach Leipzig von Bitterfeld aus gefahren. Die eine Bahn kam aus Dessau, die nächste eine Stunde später aus WB. Umgekehrt im Wechsel nach DE und WB. Genau zeitgleich fuhr damals schon in Bitterfeld die Bahn nach Halle ab.
Was ich nicht weiß – seit ich nicht mehr dort wohne – ob es zwischenzeitlich eingestellt wurde.
Aber damals hieß das noch Regionalbahn. Jetzt halt S-Bahn. Raider heißt jetzt Twix und so.