Für FreikäuferWenn es jetzt in den deutschen Städten den Wechsel geben soll – weg von Dieselautos hin zu E-Autos – dann muss die Infrastruktur natürlich erst mal entstehen. Dann reichen natürlich 20 oder 25 Mobilitätsstationen in Leipzig nicht. Und im Mai hat ja die Bundesregierung endlich mal eine Vorlage dazu gemacht mit der Bundesladesäulenverordnung. Was das jetzt in Leipzigs Straßen bewirkt, wollten die Grünen gern wissen. Es tut sich tatsächlich was. Zaghaft.

„Der Bundesrat hat am 12.05.2017 den Weg für die ‚LSV II‘ freigemacht. Durch diese Änderungsverordnung werden weitere Aspekte der EU-Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe umgesetzt“, schrieb die Grünen-Fraktion zu ihrer Anfrage im Leipziger Stadtrat. „Die Verordnung regelt, welche technischen Mindestanforderungen Betreiber von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile erfüllen müssen, damit das Aufladen sicher ist und für alle Fahrzeuge funktioniert. Zudem macht die Verordnung verbindliche Vorgaben zu den zu installierenden Steckdosen und Kupplungen und regelt die notwendigen Anzeige-, Nachweis- und Überprüfungspflichten bei der Errichtung und dem Betrieb von Ladepunkten. Ziel ist ebenso die Erleichterung der Authentifizierung und Bezahlung von Ladevorgängen, nach der FahrerInnen künftig auch ohne langfristig abgeschlossenen Vertrag flexibel alle öffentlich zugänglichen Ladepunkte nutzen können. Demnach sind alle Betreiber öffentlich zugänglicher Ladeeinrichtungen gemäß des neuen § 4 der LSV verpflichtet, punktuelles Aufladen für die Nutzer ohne Abschluss eines langfristigen Ladevertrages zu ermöglichen.“

Ist ja auch Blödsinn, die deutsche Papierkriegerei, wenn es um simple Strom-Lade-Vorgänge geht.

Aber das bisherige System der Mobilitätsstationen ist ja auch nur ein Anfang, stellten die Grünen fest: „Bislang werden in Leipzig alle Ladesäulen für Elektrofahrzeuge über die Stadtwerke Leipzig betrieben bzw. mit Ökostrom beliefert. Deutschlandweit ist jedoch zu beobachten, dass verschiedene Energiedienstleister bereits versuchen, auf Grundlage der neuen Änderungsverordnung, in den Städten Fuß zu fassen und in den Bereich der Ladeinfrastruktur einzusteigen.“

Logische Frage: Kommt jetzt von privater Seite auch mal was in Gang?

Und es tut sich tatsächlich was, teilt das Planungsdezernat mit: „Im Jahr 2017 wurden insgesamt vier Anfragen von privaten Unternehmen bzw. Privatpersonen zu insgesamt 18 Ladepunkten sowohl auf öffentlichen als auch privaten Flächen an das VTA gestellt. In den Vorjahren gab es drei unverbindliche Anfragen ohne konkrete Größenordnungen.“

Aber wir wären nicht in Deutschland, wenn an so einer Stelle nicht wieder der wiehernde Amtsschimmel aktiv werden würde. Es braucht erst einmal ein Konzept, wenn im öffentlichen Raum so etwas gebaut werden soll. Denn: „Die Einordnung privater Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum gestaltet sich aus planungs- und ordnungsrechtlichen Gründen nicht einfach. Grundsätzlich ist das Vorhandensein eines Konzeptes zur flächendeckenden Förderung der Elektromobilität – unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs – für die Genehmigung von Ladestationen im öffentlichen Raum eine Voraussetzung. Dieses Konzept liegt derzeit nur für die Innenstadt innerhalb des Promenadenrings vor und wurde durch die Leipziger Stadtwerke mit der Errichtung der dortigen Ladesäulen umgesetzt. Für die Gesamtstadt liegt ein solches Konzept noch nicht vor, so dass bisher unabhängig von den Mobilitätsstationen nur im Ausnahmefall Einzelstandorte genehmigt und nach StVO die entsprechenden Parkbevorrechtigungen angeordnet werden konnten.“

Also liegt die bessere Lösung augenscheinlich auf privatem Grund: „Ungeachtet dessen besteht die Möglichkeit, uneingeschränkt Ladesäulen auf privaten Flächen zu errichten.“

Die Grünen wollten dann noch wissen, wie die Stadtwerke Leipzig die Chancen und Risiken weiterer Anbieter von Ladesäulen in Leipzig im Bezug auf das eigene Geschäftsfeld und die Marktposition einschätzten.

Dazu hat sich die Verwaltung dann extra ein Statement von den LVV schicken lassen. Dort sieht man die Sache irgendwie sehr optimistisch und verhalten zugleich: „Die weitere Entwicklung der Elektromobilität wird durch viele Faktoren beeinflusst. Ein Aspekt ist die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit relevanter Ladeinfrastruktur. Die derzeitige Ladeinfrastruktur in Leipzig ist bei einer Betrachtung von Ladepunkten zu Einwohnern im bundesweiten Vergleich stark überdurchschnittlich. Die Auslastung der bestehenden Ladesäulen lässt derzeit zudem keinen grundsätzlichen Engpass auf der Angebotsseite erkennen …“

Man merkt schon: Es kommt auf den Blickwinkel an. Die Stadtwerke sehen, dass ihre Ladesäulen derzeit völlig ausreichen für die paar Elektroautos, die in Leipzig rumfahren.

Und die Leute, die sich gern ein E-Auto kaufen würden, sehen, dass die Ladeinfrastruktur nicht wirklich üppig ist. Sie kaufen sich also erst mal keins.

Es braucht also, wie die Stadtwerke wohl zu Recht feststellen, „eine gesamtstädtische Strategie zur Infrastruktur für Elektromobilität“, die erarbeitet werden muss. „Damit kann sowohl ein möglicherweise redundanter Aufbau paralleler Ladeinfrastrukturen vermieden, als auch die langfristige Entwicklung der dahinterliegenden Versorgungsstrukturen gewährleistet werden.“

Dahin zielte ja die Grünen-Anfrage eigentlich. Denn bislang spielen zwar erst 17 Prozent der Leipziger mit dem Gedanken, sich ein E-Auto zuzulegen. Aber andersherum sind es trotzdem 17 Prozent und damit einige 100 Mal mehr, als schon ein E-Auto haben. Wenn man diesen potenziellen Bedarf sieht, ist Leipzigs Ladestruktur viel zu klein dimensioniert. Da muss dringend etwas Großes passieren.

Man arbeite dran, teilt die Stadtverwaltung mit: „Bezugnehmend auf die Maßnahme C.6 des Maßnahmeplans ‚Leipzig – Stadt der intelligenten Mobilität‘ wird vom Amt für Wirtschaftsförderung ein bedarfsorientiertes Ladeinfrastrukturkonzept erstellt werden. Dies soll die Grundlage für eine koordinierte Entwicklung der Ladeinfrastruktur in Leipzig darstellen. Das Konzept wird in enger Abstimmung mit der Leipziger Gruppe als auch anderen Betreibern und Dienstleistern im Bereich Ladeinfrastruktur sowie den Ämtern der Stadtverwaltung erarbeitet.“

Klingt noch sehr wattig. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Die komplette Antwort auf die Grünen-Anfrage.

Die LEIPZIGER ZEITUNG ist da: Seit 15. September überall zu kaufen, wo es gute Zeitungen gibt

Ein Blitzlicht in einen drögen Wahlkampf, in dem alle ungelösten Probleme unter den Tisch gelächelt werden

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar