Da dürften sich jetzt auch Leipzigs Stadtplaner wie der berühmte Hase im Grimmschen Märchen fühlen. Kaum eine Stadt in Sachsen war so freudig erregt, als die Staatsregierung ankündigte, den Radwegebau künftig mit 90 Prozent fördern zu wollen. Und dann gab es doch wieder nur Kleckersummen und im letzten Jahr null Cent. Obwohl der Fördertopf von 8 Millionen Euro nur zu 20 Prozent ausgeschöpft wurde.

Was dann nach einer Anfrage im Leipziger Stadtrat erst recht für Verwirrung sorgte. Denn nach Auskunft des Leipziger Baudezernats hatte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) dem verantwortlichen Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamt „… dargelegt, dass die Fördermittel im Straßenbau derzeit ausgeschöpft sind. Dabei unterscheidet der Fördermittelgeber die Vorhaben gemäß Förderrichtlinie zum Kommunalen Straßenbau nicht in Straßenbau und Radwegebau, so dass die derzeitige Fördermittelsituation auch auf Vorhaben des Radverkehres anzuwenden ist.“

Was ja im Klartext heißt: Wenn die Fördermittel für den normalen Straßenbau nicht reichen, müssen auch die Gelder für den Radwegebau dran glauben. Womit sich natürlich der ganze Zweck des extra aufgelegten Radwegeförderprogramms in Luft auflöst. Als beiläufiger Zungenschlag wurde dann noch kolportiert, die Gelder gebe es sowieso nur für separierte Radwegeanlagen.

Deshalb fragte Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, extra noch einmal nach bei der sächsischen Staatsregierung. Denn das Radwegefördergesetz war ja ganz anders angekündigt worden.

Geantwortet hat ihr Finanzminister Georg Unland, der die Gelegenheit nutzte, den Journalisten, die diesen Zungenschlag verbreitet hatten, fehlende Rückfrage beim Verkehrsministerium vorzuwerfen, denn gerade das sei nun einmal nicht der Fall.

„Hierzu wird auf den Richtlinientext selbst sowie auf die zusätzlichen Hinweise zur RL KStB für Antragsteller mit Stand 16.01.2017 (Punkt 11. 2 .c) verwiesen. Die Unterlagen sind unter http://www.lasuv.sachsen.de unter dem Punkt Anträge, Formulare und Informationen für jedermann, insbesondere jedoch die Kommunen und kommunalen Vorhabensträger, abrufbar“, weist er die Abgeordnete zurecht.

Womit der Hase also in die nächste Runde geschickt wurde und feststellen darf: Was 2015 angekündigt wurde, gilt laut Richtlinie vom 16. Januar 2017 auch heute noch. Und die Richtlinie liest sich richtig gut. Denn danach könnten die Kommunen wirklich fast alles gefördert bekommen, was sie an Radwegeneubau und -verbesserung im Plan haben. So wie 2015 angekündigt.

Seltsam nur, dass ihnen im LaSuV gesagt wird, dass die Mittel dafür nicht mehr verfügbar sind. Siehe oben.

Sachsen hat also ein endlich einmal komfortables Radwegeförderprogramm aufgelegt – aber die Mittel werden vom zuständigen Amt für andere Dinge ausgegeben.

Und diese letztlich undurchschaubare Verschiebepraxis, die das 2015 so laut angekündigte Förderprogramm einfach mal platzen lässt, ist auch deshalb möglich, weil augenscheinlich niemand eine ordentliche Statistik führt, in der dann ablesbar wäre, was alles beantragt und was auch gefördert wurde – etwa was die Förderung von unselbständigen bzw. straßenbegleitenden Radwegen betrifft, das, was in den Städten meist gebraucht wird. Trockene Antwort des Finanzministers: „Die landeseinheitliche Fördermitteldatenbank (FMV/FÖMISAX) bildet die Grundlage für die Beantwortung von Kleinen Anfragen. Gesonderte Statistiken zur Förderung von unselbständigen bzw. straßenbegleitenden Radwegen liegen nicht vor.“

Der Hase ist jetzt also zwei Runden gerannt, hat erfahren, dass die Förderrichtlinien für den Radwegebau noch genauso umfassend gelten, wie 2015 angekündigt. Nur 80 Prozent der Gelder sind wegverteilt worden und verwirrte Verkehrsämter der Kommunen bekommen die hilfreiche Antwort, sie brauchten erst gar keine Anträge zu stellen, weil kein Geld für den Zweck mehr da ist.

Das darf man Hasenrennen nennen. Oder Kraut und Rüben. Oder sächsische Heißluftballons.

Oder um eine beliebte Fernsehsendung zu zitieren: „Toll!“

Die Anfrage von Katja Meier „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr für die Förderung von Straßen- und Brückenbauvorhaben kommunaler Baulastträger (RL KStB)“. Drs. 9853

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