Für FreikäuferEigentlich müsste es im neuen Nahverkehrsplan der Stadt eine wichtige Rolle spielen: Wie bindet man die Unternehmen im Leipziger Norden besser an den ÖPNV an? Aber der neue Nahverkehrsplan steckt immer noch in der Verwaltung fest, hat über ein Jahr Verspätung. Und im Norden muss weiter improvisiert werden. Deswegen kommt jetzt noch eine PlusBus-Vorlage in den Stadtrat, in der man auch lauter unvollendete Überlegungen zum Leipziger Norden lesen kann.

Eigentlich geht es erst einmal nur um die Verlängerung der Zuschussvereinbarungen für die beiden Buslinien ins Güterverkehrszentrum (GVZ). Die Zuschussvereinbarung für die beiden PlusBus-Linien 91 und 190, die ins Güterverkehrszentrum fahren, ist eigentlich zum Jahresende ausgelaufen. Zwei Jahre lang fuhren die LVB hier mit Zuschüssen des ZVNL Probebetrieb – und der hat sich wohl auch bewährt. Seit die Busse häufiger und direkter fahren, haben sich die Fahrgastzahlen erhöht.

Aber in der Vorlage wird dann auch darauf eingegangen, dass man das eigentlich noch besser machen kann und sollte. Denn „vor allem die Werkserweiterungen der Porsche Leipzig GmbH“ erfordern, dass „in den nächsten Jahren auch weiterhin das ÖPNV-Angebot“ verbessert werden muss. „In diesem Zusammenhang wurden in den vergangenen beiden Jahren verschiedene Untersuchungen durchgeführt“, heißt es in der Vorlage.

Dazu habe man eine Potenzial- und Nutzenanalyse für einen neuen S-Bahn-Haltepunkt GVZ/Porsche vorgenommen, liest man da. Die nächste S-Bahn-Haltestelle ist bislang in Lützschena. Es verblüfft schon, dass man bei der Planung der Haltepunkte im Norden die Industriestrukturen dort so wenig bedacht hat. Eigentlich das wichtigste Thema: Mit der S-Bahn kommen die meisten Leipziger schnell in den Norden. Oft braucht es dann nur noch eine gute Fahrradmitnahmemöglichkeit und man kommt problemlos vom S-Bahn-Haltepunkt zur Arbeit.

Als zweite Variante wurde eine betrieblich-verkehrliche Machbarkeitsstudie zur ÖPNV-Anbindung des Porsche-Werkes Leipzig mit einem Werksbusanschluss Porsche und der Verlegung der S-Bahn-Station Leipzig-Lützschena vorgenommen.

Auch ein P&R-Platz in Lützschena wurde untersucht und eine mögliche Buswendeschleife Lützschena.

„Im Ergebnis der Untersuchungen ist es jedoch bislang nicht gelungen, ein klares und abschließendes Konzept für die ÖPNV-Entwicklung im GVZ abzustimmen“, ist nun zu lesen.

Auch der Freistaat Sachsen hatte Unterstützung insbesondere bei der Untersuchung hinsichtlich der straßenseitigen sowie der ÖPNV-Anbindung zugesagt. Darüber hinaus steht die Errichtung einer Fahrradverleihstation am S-Bahn Haltepunkt Lützschena durch die LVB in Kooperation mit nextbike kurz bevor.

Möglichkeiten über Möglichkeiten – aber augenscheinlich haben die zwei Jahre nicht gereicht, um zu einem Ergebnis zu kommen.

Deswegen gab es dann nur erst einmal eine andere Anbindung der PlusBus-Linien: „Für eine Verknüpfung der Buslinie 91/190 mit dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) eignet sich der S-Bahn Haltepunkt Wahren aufgrund des Fahrplans des Mitteldeutschen S-Bahnnetzes derzeit auch weiterhin besser als der S-Bahn Haltepunkt Lützschena. Am Bahnhof Wahren beträgt der Abstand der S-Bahnen aus und nach Halle bzw. Leipzig nur 4 Minuten statt wie am S-Bahn Haltepunkt Lützschena 10 Minuten. Damit entstehen deutlich kürzere Umsteigezeiten.“

Und dabei wird es vorerst auch bleiben: „Aufgrund dieser komplexen und nach wie vor relativ offenen Entwicklung zur Zukunft des ÖPNV im GVZ sollen zunächst keine Veränderungen an der Linienführung auf der Buslinie 91/190 vorgenommen werden. Die Verknüpfung wird auch weiterhin am S-Bahn Haltepunkt Wahren gewährleistet. Somit wird die zuvor genannte Testphase verlängert.“

Und noch an anderer Stelle gibt es eine diffuse Stelle im System: Wenn die Arbeiter alle auf der Arbeit sind, fuhren die Busse fast leer durch die Gegend.

„Aufgrund der sehr geringen Auslastung der Linie 91 in der Zeit zwischen 9 und 13 Uhr wird das Angebot in dieser Zeitspanne ab dem Fahrplanwechsel am 11.12.2016 von einem Halbstundentakt auf einen Stundentakt ausgedünnt. Das gewohnte Angebot zu den Schichtwechselzeiten jedoch wird  auch weiterhin gewährleistet und der Halbstundentakt im übrigen Fahrplan beibehalten.“

Man ahnt so langsam, warum es in Leipzig mit dem neuen Nahverkehrsplan nicht vorangeht. Denn solche nicht zu Ende gedachten Szenarien gibt es überall. Man hat zwar 2013 fröhlich die Inbetriebnahme des S-Bahn-Netzes betrommelt. Aber augenscheinlich fehlten die Leute und die Reserven, sich alle fertigen und noch geplanten S-Bahn-Haltestellen auf ihre Sinnhaftigkeit hin anzuschauen und das Netz auf Fehlstellen hin zu untersuchen. Im gesamten Norden ist das offenkundig. Im Nordosten fehlen ja sogar noch drei geplante Haltepunkte. Man hat zwar Straßenbahnen und Busse irgendwie an die S-Bahn-Stationen angepasst. Aber man hat keine Übersicht über die Potenziale, die in diesem Netz stecken. Und die man eigentlich jetzt planerisch untersetzen und verknüpfen müsste.

In eigener Sache: Abo-Sommerauktion & Spendenaktion „Zahl doch, was Du willst“

Abo-Sommerauktion & Spendenaktion „Zahl doch, was Du willst“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar