Die großen Städte müssen sich verändern. Und langsam wird sich vielleicht auch das Denken durchsetzen, dass der öffentliche Straßenraum geteilt werden muss – vor allem mit jenen Verkehrsarten, die die Umwelt und die Stadt tatsächlich entlasten. Ein im März beschlossenes Gesetz könnte jetzt auch Leipzig verändern, denn es gesteht Carsharing-Anbietern Platz im öffentlichen Straßenraum zu. Der Leipziger Anbieter hat entsprechend reagiert.

Der auch in Leipzig tätige Carsharing-Anbieter teilAuto plant nun, sein Netz um 60 Carsharing-Stationen in der Pleißestadt zu erweitern. Dazu übergab er in dieser Woche einen Katalog mit Standortvorschlägen an Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau und Verkehrsamtsleiter Michael Jana. Hintergrund ist das im März verabschiedete Carsharing-Gesetz, das es ermöglicht, für Gemeinschaftsautos reservierte Stellplätze im öffentlichen Straßenraum auszuweisen.

„Wir können nun gezielter da ansetzen, wo der Stationsbedarf am größten ist“, erklärt teilAuto-Stadtbüroleiter Manuel Emmelmann. Gerade in den beliebten Leipziger Gründerzeitvierteln, wo die meisten Carsharing-Nutzer wohnen, wurde es in letzter Zeit immer schwieriger, Stellplätze zu finden. Bislang mussten diese Stellplätze abseits des Straßenraums gefunden werden – oft auf Brachen und abgesperrten Grundstücken.

Noch im Januar gab das Stadtplanungsdezernat zu den Problemen an den 26 eingerichteten Leipziger Mobilitätsstationen die Auskunft: „Als Problem wird seitens des Betreibers die Nutzung der für die Mobilitätsstationen vorgesehenen Stellflächen (insbesondere der Carsharing-Stellflächen) durch unberechtigt parkende Fahrzeuge gesehen. Begünstigt wird dies durch immer noch fehlende verkehrsrechtliche Grundlagen für Carsharing-Stellflächen. Während für das Abstellen von e-Fahrzeugen mit dem Elektromobilitätsgesetz (EmoG) eine Rechtsgrundlage geschaffen wurde, gibt es diese für Carsharing-Fahrzeuge derzeit noch nicht. Seit Mitte 2016 liegt zwar ein Gesetzentwurf zur Bevorrechtigung des Carsharings (Carsharinggesetz – CsgG) vor, wann dieser Entwurf zum Gesetz erhoben wird mit der entsprechenden Berücksichtigung in der StVO, ist jedoch offen.“

Genau das ist jetzt geschehen und teilAuto will nun auf Grundlage des Standortkatalogs zu einem späteren Zeitpunkt Anträge zur Sondernutzung stellen, wie es im Carsharing-Gesetz ermöglicht wird. Ziel sei es, so teilt das Unternehmen mit, bis Ende 2019 die 60 aufgeführten Standorte eröffnen zu können.

„Dadurch gewinnt Carsharing in Leipzig eine neue quantitative und qualitative Bedeutung“, ist sich Manuel Emmelmann sicher.

„Seit über zehn Jahren gibt es die Diskussion um Carsharing-Stellplätze im öffentlichen Leipziger Straßenraum. Der Katalog ist für uns ein wichtiger Meilenstein“, ergänzt teilAuto-Geschäftsführer Michael Creutzer. „Gerade mit Blick auf das Wachstum der Stadt und die damit verbundenen Herausforderungen im Verkehr, wird es immer dringlicher, die Alternativen zum eigenen Auto zu stärken.“ Laut Studien des Bundesverbandes Carsharing ersetzt ein geteiltes Auto in Deutschland rund zehn private Pkw.

Der Gemeinschaftsauto-Anbieter teilAuto wurde 1992 in Halle (Saale) gegründet und ist heute in insgesamt 17 Städten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vertreten. Das Unternehmen stellt seinen rund 28.000 Nutzern Fahrzeuge vom Kleinstwagen bis zum Transporter bereit. Die Stadt Leipzig ist mit über 10.000 Carsharing-Nutzern und rund 250 Fahrzeugen der größte teilAuto-Standort.

Eine signifikante Steigerung der Nutzerzahl könnte gerade in dicht bewohnten Ortsteilen helfen, die Parkraumsituation zu entspannen. Denn jedes Auto, das nicht dauerhaft im Straßenraum abgestellt werden muss, vermindert die Parkbelastung im Ortsteil.

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