9.642 Fahrraddiebstähle wurden 2016 bei der Leipziger Polizei angezeigt. Im Jahr davor waren es "nur" 6.851 gewesen. Nicht alle Diebstähle scheinen auf das Konto von Diebesbanden zu gehen, die systematisch hochpreisige Drahtesel stehlen und dann organisiert außer Landes schaffen. Manche geklauten Drahtesel landen dann einfach als Schrottmühle an einem der Leipziger Bügel. Und dann?

Das ist schon seit einigen Jahren die Frage. 2010 war es sogar ein großes Thema im Stadtrat und das Ordnungsamt wehrte seine Betroffenheit mit dem Hinweis ab, es könne nichts tun. Die Besitzer seien ja nicht geklärt.

Aber wie will man die Besitzer klären, wenn die wahrscheinlich gar nichts wissen vom neuen Standort ihres Fahrrads? Eine Finde-Börse für Fahrräder gibt es ja in Leipzig nicht. Was schon verblüfft. Für jeden Mist gibt es Börsen und Märkte im Internet. Für die Dinge, für die man tatsächlich Hilfe beim Suchen braucht, aber nicht. Schon für Katzen und Hunde fällt das auf. Niemand scheint diesen tatsächlich bestehenden Bedarf zu sehen. Denn was nutzt die Anzeige eines gestohlenen Fahrrads in Leipzig-West, wenn das Fahrrad von den Dieben nach Volkmarsdorf, Connewitz oder Thekla entführt wurde? Oder zum Hauptbahnhof, wo an manchen Tagen mehr Schrottfahrräder an den Bügeln stehen als sichtlich ordentlich angeschlossene?

Manche Fahrradabstellanlagen haben sich regelrecht zum Sammelplatz für geklaute Fahrräder entwickelt.

Aber 2010 lautete ja die Botschaft: “Da können wir nichts tun.” Das scheint sich mittlerweile geändert zu haben. Seit geraumer Zeit soll der Ordnungsdienst der Stadt mutmaßlich herrenlose Fahhräder ja mit Banderolen versehen. Aber ob das systematisch passiert und welche Ergebnisse das bringt, darüber berichtet niemand.

Also ist auch die SPD-Fraktion nur auf Vermutungen angewiesen: “In der Stadt Leipzig stehen einige offensichtlich fahruntaugliche und/oder herrenlose Fahrräder im öffentlichen Raum herum. Eine Vielzahl dieser Fahrräder hat augenscheinlich nur noch Schrottwert und ist folglich als Abfall einzustufen. Die betreffenden Fahrräder versperren die vorgehaltenen regulären Fahrradabstellmöglichkeiten. Insbesondere werden Fußgänger und andere Radfahrer gezwungen, auf andere Flächen auszuweichen.”

Allzu effektiv ist also das Tun der Ordnungsdienstleute nicht. Oder sie kommen nicht hinterher. Das kann auch sein.

Also hat die SPD-Fraktion einen Fragenkatalog formuliert, den sie in der nächsten Ratsversammlung am 17. Mai beantwortet haben möchte – mündlich, wie sie angibt. Was eigentlich Unsinn ist, denn dazu sind die Fragen viel zu detailliert. Das kann sich keiner schnell mal mitschreiben.

Hier die Frageliste:

Wie viele Schrottfahrräder wurden in Leipzig zwischen 2011 – 2016 entsorgt (bitte Auflistung nach Jahr)?

An welchen Stellen werden besonders oft Schrottfahrräder in Leipzig entfernt?

In welchem zeitlichen Rhythmus erfolgen Begehungen im Hinblick auf herrenlose Fahrräder durch das Ordnungsamt?

Das Ordnungsamt markiert seit diesem Jahr Fahrräder, welche sie für fahruntauglich halten, mit einer Banderole. Das hatte die Stadt Leipzig in einem Verwaltungsstandpunkt im Jahr 2010 noch abgelehnt (V/A 68/10).

Warum hat sich die Stadtverwaltung nun entschieden, Fahrräder, welche sie für fahruntauglich halten, durch Banderolen kenntlich zu machen?

Wie sehen die Handlungshinweise des Ordnungsamtes für das Entfernen von Schrottfahrrädern aktuell genau aus?

Welche Erfahrungen hat das Ordnungsamt bisher mit dem Markieren von Fahrrädern gemacht?

Wie viele Fahrräder wurden seit Jahresbeginn markiert und wie viele der bisher markierten Fahrräder wurden vom Ordnungsamt nach Ablauf der Frist entsorgt?

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