„Dabei werden an vielen Staatsstraßen in Sachsen Radwege dringend benötigt. Viele innerstädtische Staatsstraßen sind Unfallschwerpunkte für Radfahrer und Radfahrerinnen im Alltagsverkehr“, kritisierte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Katja Meier, am 7. April. „Im Jahr 2016 verunglückten insgesamt 3.881 Radfahrerinnen und Radfahrer. Davon wurden 25 getötet und 837 schwer verletzt.“

„Das sind immer noch viel zu viele! Radfahrende Verkehrsteilnehmer müssen durch sichere Radwege dringend besser geschützt werden“, fordert die Abgeordnete. Die Verunglückten verursachten nach Angaben des Ministeriums die Hälfte aller Unfälle selbst, teilte sie noch mit.

Eine Zahl, die aufhorchen lässt: Stimmt das denn?

Katja Meier hatte eine entsprechende Anfrage an die Staatsregierung gestellt, was die Unfälle mit Radfahrerbeteiligung in den Jahren 2012 bis 2016 betrifft.

Das Ergebnis, das sie von Innenminister Markus Ulbig bekam, bestätigt die Aussage nicht. Bestimmt wird die Grünen-Fraktion noch ein wenig knobeln über den Zahlen. Wir haben die wichtigsten Zahlen zu den drei Großstädten in zwei Grafiken zusammengefasst.

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Deutlich sieht man, dass die Zahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrerinnen und Radfahrern in den letzten fünf Jahren zugenommen hat – aber augenscheinlich nicht außergewöhnlich, schon gar nicht stärker als der Radverkehr selbst. Wobei es absolute Zahlen zum Wachstum des Radverkehrs nicht gibt. Nur Vergleichszahlen im Modal Split, der in Leipzig in wechselnden Abständen ermittelt wird. Danach erreichte der Radverkehr in Leipzig im Jahr 2015 einen Anteil von 17,3 Prozent. Aber beteiligt waren Radfahrer nur an 1.221 Verkehrsunfällen von insgesamt 13.750. Das waren nur 8,9 Prozent, also deutlich weniger, als der Anteil an allen Verkehrsarten ausmacht.

Man hätte einen höheren Wert erwartet, erst recht nach diversen Diskussionen der Leipziger Autofahrerwelt über die gefährlichen Radfahrer.

Aber  Radfahrer sind in der Mehrzahl deutlich vorsichtiger als Autofahrer. Das liegt schlicht daran, dass sie als Verkehrsteilnehmer deutlich gefährdeter sind. Auch schon bei Aufprallgeschwindigkeiten, die für Autofahrer meist glimpflich sind, wird es bei Radfahrern gefährlich – müssen sie mit schweren Verletzungen oder gar einem tödlichen Ende der Fahrt rechnen.

Was dazu führt, dass die Mehrzahl der Radfahrer separierte Radwege nutzt, möglichst sogar abseits der befahrenen Straßen. Das haben mittlerweile mehrere Bürgerumfragen bestätigt.

Deswegen tauchen Radfahrer auch ganz und gar nicht als Hauptverursacher von Verkehrsunfällen auf, dafür umso häufiger als Opfer, wie die nächste Grafik zeigt.

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Denn fast jeder Zusammenprall endet für sie mit Verletzungen. Wenn es nur leichte Prall- und Schürfwunden sind, haben sie noch großes Glück gehabt.

Bei den 4.276 Verkehrsunfällen mit Radfahrern verunglückten 2016 3.881 Radfahrerinnen und Radfahrer. 3.091 kamen mit leichten Verletzungen davon, 837 wurden schwer verletzt und 25 wurden beim Unfall getötet, fünf davon allein in Leipzig.

Was auffällt, wenn man sich die oben zitierte Behauptung zu Gemüte führt: Sind Radfahrer bei jedem zweiten Unfall die Hauptverursacher?

Die Antwort lautet: Nein.

Nur 1.693 der 2016 registrierten Radfahrerunfälle wurden von den Pedalisten selbst verursacht. Das macht für Sachsen einen Schnitt von 39,6 Prozent, also deutlich weniger als die Hälfte.

Noch extremer wird das Bild, wenn man nach Dresden und Leipzig schaut.

In Dresden liegen die Unfallzahlen mit Radfahrern seit Jahren etwas höher als in Leipzig. Woran das liegt, das werden die Dresdner vielleicht besser wissen. Aber mit 35,9 Prozent der Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren, liegt der Anteil der Radfahrer als Verursacher ebenfalls deutlich unter 50 Prozent und auch unterm sächsischen Durchschnitt. 401 der 1.118 registrierten Fahrradunfälle waren durch die Radfahrer selbst verursacht.

In Leipzig wurden sogar nur 321 von 1.043 gezählten Radfahrunfällen durch die Radfahrer selbst verursacht, was dann sogar nur 30,8 Prozent ausmacht.

Was eher dafür spricht, dass die Leipziger Radfahrer noch vorsichtiger fahren als die Dresdner. Und eindeutig ist, dass die meisten Radfahrunfälle eben von anderen ausgelöst wurden – zumeist eben Autofahrern, die Vorfahrtregeln, Ampelschaltungen, tote Winkel, Radwege usw. nicht beachtet haben. Die Radfahrerunfälle 2016 haben in Leipzig für einige Aufregung gesorgt, weil einige eben auch an Stellen geschahen, die z. B. vom ADFC schon seit Jahren als Gefahrenstellen benannt worden waren.

Wenn Katja Meier eine bessere Förderung für Radwege fordert, betrifft das Leipzig zumindest indirekt auch – und zwar nicht nur Radwege an Staatsstraßen, sondern auch sichere Radwege auf den diversen Hauptstraßen und Hauptrouten der Stadt.

Wobei die obere Grafik eben auch zeigt, dass die Zunahme des Radverkehrs keine deutliche Zunahme der Unfälle mit Radfahrern bewirkt hat. Was auch daran liegen kann, dass mehr Radfahrer auf den Straßen die motorisierten Verkehrsteilnehmer zwingen, mehr Rücksicht zu nehmen. Denn bei allem Geschimpfe: Die StVO gilt für alle. Und die Sache mit der Rücksicht nehmen auch die meisten Autofahrer ernst.

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