Am Mittwoch, 1. März, brachte CDU-Stadtrat Frank Tornau die Troglösung am Hauptbahnhof wieder in Erinnerung. Die CDU hatte im Dezember 2016 beantragt, eine Tieferlegung des Autoverkehrs vor dem Hauptbahnhof mittels einer Troglösung zu prüfen. Und die Stadt prüft. Irgendwie liegt ein positiver Verwaltungsstandpunkt zum CDU-Antrag vor, meinte Tornau. Den haben wir uns auch gleich mal angeschaut.
Darin ging es ursprünglich um den Bau eines Troges zwischen Hauptbahnhof und der Haltestelle der LVB. Das würde den Autoverkehr einfach eine Etage tiefer führen und damit vor allem die Konflikte mit Radfahrern und Fußgängern an den Übergängen entschärfen. Ob es den Kfz-Verkehr flüssiger macht, müsste geprüft werden, denn es sind ja nicht die Fußgängerampeln am Hauptbahnhof, die diverse Rückstaus auslösen. Das passiert viel weiter westlich – an den Kreuzungen Goerdelerring und Gerberstraße.
Deswegen gab es gleich zwei Änderungsanträge aus anderen Fraktionen, die den CDU-Vorstoß gut fanden, weil er das Verkehrsdilemma am Hauptbahnhof überhaupt erst einmal thematisierte. Aber der Trog könnte natürlich einige Probleme nach sich ziehen: Verträgt er sich bautechnisch überhaupt mit City-Tunnel und Fußgängerunterführung? Und: Wie teuer wird er? Ist er überhaupt mittelfristig umsetzbar? Sollte die Stadt nicht eher nach Lösungen suchen, die mit weniger Geld und wesentlich schneller umzusetzen sind?
Deswegen änderte sich dann der Ursprungsantrag deutlich.
Das waren die Punkte, die sich die CDU-Fraktion ursprünglich gewünscht hatte:
„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die Machbarkeit einer innovativen Verkehrslösung vor dem Hauptbahnhof mit nachfolgenden Eckpunkten zu prüfen:
-Tieferlegung zumindest der nördlichen Ringfahrbahn in einem Trog
-eine über den Trog auskragende Verbreiterung der LVB-Haltestelle
-ampelfreie Überquerung des Troges für den Fußgängerverkehr in Höhe Osthalle und Westhalle Hbf.“
Die Machbarkeitsprüfung sollte bis zum dritten Quartal 2017 (Juli bis September) vorliegen.
Was draus geworden ist nach den Anträgen der anderen Fraktionen, liest sich jetzt so:
„Der Zeitraum für eine Machbarkeitsstudie, mit einer ersten Kostenschätzung bis zum III. Quartal 2017 ist für eine fundierte Untersuchung zu knapp bemessen. Daher wird folgende Zeitschiene vorgeschlagen:
Bis zum III. Quartal wird eine erste technische Einschätzung der Machbarkeit mit grober Kostenschätzung auf Grundlage vorhandener Unterlagen aus dem Bauvorhaben zum City-Tunnel erstellt.
Weiter werden vereinfachte prinzipielle verkehrliche Auswirkungen von Änderungen der Verkehrsführung vor dem Hauptbahnhof in Varianten für den Bereich innerhalb des Tangentenvierecks dargestellt und erläutert.
Es wird ein Verfahrensvorschlag für weitere mögliche bzw. erforderliche Untersuchungen vorgelegt.“
Und das möchte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau gern in ein von der EU gefördertes Projekt stecken.
Denn „ab dem Jahr 2017 hat die Stadt Leipzig die Möglichkeit, gefördert über das EU-Projekt DEMO-EC (die Abkürzung steht für DEvelopment of sustainable MObility management in European Cities = Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitätsmanagements in europäischen Städten) ein Verkehrskonzept für die erweiterte Innenstadt im Bereich innerhalb des Tangentenvierecks zu erstellen. Hierbei kann ab Oktober 2017 eine über DEMO-EC geförderte Projektbearbeiterstelle eingerichtet werden, um im Zeitraum bis Ende 2019 ein geeignetes öffentliches Beteiligungs- und Beratungsverfahren durchzuführen. Ein Projektbeirat soll den Projektfortschritt begleiten und wichtige Hinweise auf die Konzepterstellung geben. Zwischenpräsentation an thematisch geeigneten Runden Tischen sind geplant.“
Heißt im Klartext: Bis zum III. Quartal gibt es eigentlich keinen belastbaren Vorschlag. Denn dann wird die Projektbearbeiterstelle erst besetzt.
Was bis dahin existiert, so das Planungsdezernat, ist eine Grundlagenermittlung und die Erstellung der städtischen Verkehrsprognose 2030, die man dann eventuell Anfang 2018 vorlegen wird. Verkehrsprognose heißt aber eben nicht nur Autoverkehr, sondern auch: Entwicklung von ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr.
Wenn die Stadt innerhalb des Tangentenvierecks ein „nachhaltiges Mobilitätsmanagement“ will, haben die umweltfreundlichen Verkehrsarten sowieso Priorität. Denn motorisierter Individualverkehr ist schlicht nicht nachhaltig, sondern verschleudert gewaltige Ressourcen: wertvolle Rohstoffe in jedem Auto, gewaltige Mengen Sprit, wertvollen Straßenraum, riesige versiegelte Flächen zum Parken und Fahren, wertvolle Zeit an Kreuzungen und in Staus, gewaltige Kosten durch Unfälle und gesundheitliche Folgen, riesige Investitionssummen im Verkehrsbau …
Was so bequem aussieht, ist in Wirklichkeit die unwirtschaftlichste Lösung aller Verkehrsprobleme. Wenn Leipzig das Wörtchen sustainable wirklich ernst nimmt, bekommt das Mobilitätsmanagement einen klaren Schwerpunkt auf ÖPNV, Rad- und Fußwegen.
Und nun wird es spannend. Denn damit überschneidet sich das Projekt mit der Diskussion um den Nahverkehrsplan der Stadt, die eigentlich schon 2017 stattfinden sollte.
Denn 2018 will das Planungsdezernat dann einen Entwurf für ein „neues Verkehrskonzept mit Variantendiskussion“ vorstellen. Entweder passt das dann zum neuen Nahverkehrsplan oder beide Projekte müssen erst gründlich aufeinander abgestimmt werden. Denn der Innenstadtring ist nun einmal der entscheidende Knoten für den Straßenbahnverkehr. Hier muss es deutliche Verbesserungen geben, was sowohl Auswirkungen auf den Nahverkehrsplan hat als auch auf das, was die Verwaltung hier nun im Jahr 2017 zum Beschluss vorlegen will als „neues Verkehrskonzept für die erweiterte Innenstadt“.
Und im Kleingedruckten macht das Planungsdezernat auch schon mal deutlich, dass es ganz bestimmt nicht nur um einen Trog geht, denn man bezieht sich auf ein ganzes Bündel von Stadtratsbeschlüssen, die sich alle um die ganze Vielfalt von Verkehrsarten in Leipzig drehen.
Die Liste:
– Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum,
– Verkehrskonzept autoarme Innenstadt,
– Fachkonzept Nachhaltige Mobilität des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK),
– Nahverkehrsplan,
– Radverkehrsentwicklungsplan,
– die Strategie erweiterte Innenstadt,
– die Studie zum Wirtschaftsverkehr der Industrie- und Handwerkskammer.
„Die verkehrlichen Auswirkungen der jeweiligen Varianten werden am Integrierten Verkehrsmodell der Stadt Leipzig (IVML) untersucht und unter Berücksichtigung der Verkehrsprognose 2030 bewertet“, betont das Dezernat noch. Das kann auch bedeuten, dass es künftig weniger Kfz-Verkehr innerhalb des Tangenten-Vierecks gibt, dafür deutlich bessere Straßenbahnstrukturen und ein Radwegenetz, das seinen Namen auch verdient.
Der Verwaltungsvorschlag zum Ringabschnitt vor dem Hauptbahnhof.
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