Es drängt auf die Tagesordnung und die Stadt Leipzig kann nicht länger ausweichen: Wenn der ÖPNV auch in der wachsenden Stadt funktionieren soll, dann muss der Ausgleichsbetrag an die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) steigen. Und zwar ab 2018 um 3 Millionen Euro. So haben es linke und grüne Fraktion gemeinsam beantragt. Und sie bleiben dabei, auch wenn die Verwaltung meint, das Geld sei gar nicht da.
Was natürlich in die Tiefe eines Stadthaushaltes führt, der selbst für die Ratsfraktionen längst ein undurchdringlicher Dschungel geworden ist. Selbst wenn sich die Stadträte tagelang hinsetzen und die einzelnen Ausgabeposten durchforsten, finden sie nur selten Stellschrauben, an denen sie den Etat vielleicht ein wenig umweltgerechter, ein bisschen sozialer, ein bisschen investitionsfreudiger machen können. Viel Spielraum ist da nicht. Und wenn sich Spielräume auftun, gibt es meist den freundlichen Hinweis aus der Verwaltung, dass diese Spielräume eigentlich nicht zur Verfügung stehen.
Aber das geht jetzt schon seit Jahren so. So ziemlich genau zehn Jahren, in denen alle die Gürtel enger geschnallt haben in der Hoffnung, auf diese Weise könne man den Leipziger Haushalt nicht nur entschulden, sondern auch neue Spielräume gewinnen. Teilweise ist das gelungen. Oft aber bedeutet es trotzdem bis heute, dass Probleme nicht gelöst werden können.
Und der Wunsch von OBM Burkhard Jung, das Finanzierungsthema LVB möglichst in spätere Jahre zu verschieben, war seit 2011 immer spürbar, seit in einem Federstreich der Zuschuss an die LVB auf 45 Millionen Euro gedeckelt wurde. In den Vorjahren war er allmählich von über 60 Millionen Euro abgeschmolzen. Das Geld kommt nicht direkt aus dem Stadthaushalt, sondern wird über die Überschüsse der anderen kommunalen Betriebe SWL und KWL erwirtschaftet und über die LVV verteilt.
Schon im vergangenen Jahr hat der Stadtrat die erste Weiche umgelegt und beschlossen, die LVB mit 2 Millionen Euro extra zu unterstützen, damit sie überhaupt Spielräume bekommen, die neuen Straßenbahnen von Solaris zu bestellen. Und längst ist absehbar, dass es solche Zuschüsse auch in den nächsten Jahren geben wird. Die 45 Millionen Euro sind schlicht zu wenig, um die nötigen Investitionsspielräume für einen wachsenden Nahverkehr zu erzielen.
Deswegen wollen Grüne und Linke an ihrem gemeinsamen Haushaltsantrag zur Erhöhung des Ausgleichsbeitrages der LVB im Jahr 2018 um 3 Millionen Euro auf dann 48 Millionen Euro festhalten.
Angesichts der Bevölkerungsentwicklung in Leipzig und der ambitionierten Entwicklungsziele aus Luftreinhalteplan, Klimaschutzkonzept und anderen vom Stadtrat beschlossenen Zielplänen gebe es für die Mobilität keine Alternative zu einem attraktiven, leistungsfähigen und bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr. Wenn die Stadt keinen Beitrag zur Gegenfinanzierung der in 2018 anstehenden Aufgaben leiste, würden Fahrpreiserhöhungen unvermeidlich sein. Schon bisher seien die 45 Millionen Euro des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages nicht auskömmlich.
Selbst OBM Burkhard Jung hat mittlerweile seine Bauchschmerzen geäußert zu den regelmäßigen Fahrpreissteigerungen, die vor allem Leipziger immer stärker belasten, die bewusst aufs Automobil verzichten.
„Die Erstellung des neuen Nahverkehrsplans ist für Ende 2017 geplant. Mit diesem müssen bei einer wachsenden Stadt auch Angebotserweiterungen (Taktverdichtung, Neubaustrecken) geplant werden“, stellt Franziska Riekewald, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, fest. „Die dazu nötigen finanziellen Mittel müssen jetzt schon für das Jahr 2018 eingeplant werden, damit sich in der Umsetzung des Nahverkehrsplans keine Verzögerung ergibt.“
Und die Kostensteigerungen bei den LVB gehen ja weiter. Teilweise werden sie sicher durch erhöhte Fahrgasteinnahmen kompensiert. 2016 haben die LVB erstmals wieder über 140 Millionen Fahrgäste verzeichnet. Aber wenn der Wagenpark nicht mitwächst, dafür aber die Fahrpreise steigen, wird die Nutzung des ÖPNV für viele Leipziger unattraktiv.
„Ende 2017 werden aufgrund der geltenden Tarifverträge viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fahrdienst bei der LVB in den höher vergüteten TV-N überführt. Diese Entwicklung ist gut, richtig und verdient, aber dadurch steigen die Personalkosten und damit die Kosten für die Erbringung der Leistungen im Rahmen der Betrauung erheblich“, sagt Daniel von der Heide, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.
Und die letzten Studien zur Verkehrsmittelnutzung in Leipzig haben recht deutlich gezeigt, dass der ÖPNV seit 2008 ins Hintertreffen geraten ist. Immer mehr Pkw verstopfen die Stadt und mit dem neuen Nahverkehrsplan muss eigentlich auch die Vision für einen wirklich zukunftsfähigen ÖPNV in Leipzig entwickelt werden, der wirklich einmal 25 Prozent der Verkehrsleistung erbringen kann. Dafür sind selbst die 3 Millionen Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
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