Das Ergebnis von nun eigentlich zehn Jahren Kritik, Bitten, Betteln, Klagen ist tatsächlich: Es ändert sich. Grauenvoll fanden nicht nur Frühaufsteher und Nachtschwärmer die nächtlichen und morgendlichen Angebote der Leipziger Verkehrsbetriebe. Am heutigen 27. November nun werden einige der Grausamkeiten beseitigt. Zum Beispiel die starren Sammelanschlüsse am Hauptbahnhof werden ein wenig entzerrt.

Seit 2006 gibt es diese Sammelanschlüsse, seinerzeit die Erfindung kühner Rechner in der LVB-Planungsetage, aus deren Sicht es eine herrliche Neuerung war, aus einem flexiblen Fahrplanangebot in den späten Abendstunden einen starren Sammelfahrplan zu machen, bei dem sich alle Linien am Hauptbahnhof treffen und dort alle gleichzeitig zur halben und vollen Stunde abfahren.

Für alle, die den Zubringer zum Hauptbahnhof verpasst haben, eine Katastrophe. Sie standen dann in leeren Außenbereichen und froren sich bis zur nächsten Bahn die Nase ab. Wer den Sammelzeitpunkt geschafft hatte, hatte dafür eine Viertelstunde sinnfreies Warten am Hauptbahnhof zu überbrücken. Die LVB als Standprojekt. Statt Bewegung in die Nacht zu bringen, demonstrierte man Fahrplanerstarrung.

Das werden die LVB am heutigen Sonntag, 27. November, endlich etwas auflösen.

Die beiden Liniengruppen der LVB mit ihren Sammelzeiten am Hauptbahnhof. Grafik: LVB
Die beiden Liniengruppen der LVB mit ihren Sammelzeiten am Hauptbahnhof. Grafik: LVB

Sammelten sich bisher die wesentlichen Bus- und Straßenbahnlinien ab 23 Uhr alle 30 Minuten am Hauptbahnhof, bieten die Verkehrsbetriebe nun auf den zentrumsnahen Straßenbahnstrecken jede Viertelstunde eine Fahrtmöglichkeit an. Das passiert ohne zusätzliche Bahnen. Es wird einfach das starre Alle-auf-einem-Haufen-Prinzip aufgelöst. Man löst den Pulk der Bahnen, die sich sonst in der Haltestelle Hauptbahnhof stauten, einfach auf in zwei Gruppen.

Der Hauptbahnhof wird im Spät- und Wochenendfrühverkehr ab heute viermal, statt bisher nur zweimal, pro Stunde Sammelpunkt für Straßenbahnen und einige Buslinien. In zwei Liniengruppen unterteilt bieten die Verkehrsbetriebe alle 15 Minuten auf zahlreichen zentrumsnahen Achsen und Magistralen eine Fahrtmöglichkeit an. Linien, die gleiche Streckenabschnitte befahren, werden dabei verschiedenen Gruppen zugeordnet. So bleiben bestehende Anschlussbeziehungen zu tangential verkehrenden Buslinien weitgehend erhalten und zusätzliche werden ermöglicht.

Eine Uraltforderung, die aber immer abgelehnt wurde mit dem sturen Hinweis auf die Sinnhaftigkeit dieses Sammeltreffpunkts. Die natürlich nur von Leuten kommen konnte, die nachts und morgens nicht im Leipziger Straßenbahnnetz gestrandet sind und nach einem Kulturerlebnis irgendwo im Stadtgebiet nur noch schnell nach Hause wollen, um noch eine Mütze Schlaf für den nächsten Tag zu bekommen.

Dass dieser starre Sammeltreffpunkt gerade Kulturbesucher bestrafte dafür, dass sie so spät noch in Leipzig unterwegs waren, hat man nun auch in der Geschäftsleitung der LVB akzeptiert.

„Steigende Fahrgastzahlen, mehr Innenstadtbesucher und mehr Veranstaltungen in unserer wachsenden Stadt haben uns zur Neuordnung des Spät- und Wochenendfrühverkehrs bewogen“, erklärt Ronald Juhrs, Geschäftsführer Technik und Betrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe. „Dadurch wird ein kürzerer und barrierefreier Umstieg am Hauptbahnhof möglich. War die Aufstellung am Hauptbahnhof zum Sammelanschluss bisher sehr beengt und nicht immer barrierefrei, profitieren nun auch mobilitätseingeschränkte Fahrgäste, aber vor allem Nachtschwärmer und Frühaufsteher von der Neuordnung.“

Sonntagsmorgenfrust auf Linie 11. Foto: Ralf Julke
Sonntagmorgenfrust auf Linie 11. Foto: Ralf Julke

Wer schon in den späten Abendstunden frustriert den Stehbetrieb der LVB erlebte, landete, wenn er morgens in der Frühe wieder auf Achse war – wahlweise zum Sporttermin, zum Verwandtenbesuch, zum Gottesdienst oder zum geplanten Familienausflug – wieder im Stehbetrieb der LVB. Bis weit in die Morgenstunden hinein fuhren selbst die wichtigsten  Linien in einem provinziellen Halbstundentakt, um dann bis in die späten Vormittagsstunden im halbstündigen Sammeltreffpunkt am Hauptbahnhof zu stranden.

Das soll jetzt auf einer betroffenen Linie endlich geändert werden.

So wird die Straßenbahnlinie 11 zwischen Wahren und Dölitz nun bis in die späten Abendstunden im 15-Minuten-Takt unterwegs sein. Und auch in den frühen Morgenstunden wieder: Statt Halbstundentakt gibt es ab 5 Uhr in der Frühe jetzt auf Linie 11 tatsächlich einen Viertelstundentakt auch am Wochenende. Leipzig scheint langsam doch noch so ein bisschen in die Großstadtrolle hineinzuwachsen.

Am Wochenende gibt es aber auch noch zu den bestehenden Nachtbuslinien zusätzliche Angebote: Die Straßenbahnlinie 10 verkehrt in der Zeit und zusätzlich ist jetzt auch der Bus Nr. 60 zwischen Lindenau und Lipsiusstraße unterwegs.

Neue, zusätzliche Haltestellen wird es nicht geben, teilen die LVB noch mit. Aber zur besseren Orientierung für Fußballanhänger werden zwei Haltestellen umbenannt. Dadurch wird die Dopplung der Haltestelle „Sportforum“ beseitigt. Die Haltestelle in der Jahnallee wird künftig den Namen „Sportforum Süd“ tragen und die sogenannte Feuerbach-/Sportforumschleife erhält die Bezeichnung „Sportforum Ost“.

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Es gibt 3 Kommentare

Der Schreiber hätte auch darauf hinweisen können, wie genial die App easyGO ist, mit der man mit einem Smartphone (besitzen ca. 90% der Zielgruppe) Tag 365 Tage rund um die Uhr perfekt durch das ÖPNV-Angebot Leipzigs navigiert. Tut er aber nicht sonder frönt seinem “alltäglich kritischen Journalismus”. Ich hatte die Zeitung aus Neugierde aboniert, da ich das Projekt spannen fand. Inzwischen ist sie mir vereinfacht gesagt zu negativ. Und zu altbacken. Auf Wiedersehen L-IZ bzw. LZ.

“Sammelten sich bisher die wesentlichen Bus- und Straßenbahnlinien ab 23 Uhr alle 30 Minuten am Hauptbahnhof, bieten die Verkehrsbetriebe nun auf den zentrumsnahen Straßenbahnstrecken jede Viertelstunde eine Fahrtmöglichkeit an. Das passiert ohne zusätzliche Bahnen.”

Dass dies ganz ohne zusätzliche Bahnen passiert, scheint nicht ganz richtig zu sein, denn während es beispielsweise auf der Linie 9 ab Hauptbahnhof in Richtung Connewitz bislang wochentags nach 23h noch 7 Fahrten gab, sind es nach dem neuen Fahrplan lediglich 3, was mit dem früheren Betriebsschluss zu tun hat: Die letzte Bahn vom Leipziger Hauptbahnhof fuhr bislang 01h06 ab, zukünftig ist bereits 00h09 Schluss. Folglich dürfte man vielmehr (zumindest auf dieser Linie, vielleicht aber auf einigen anderen auch) sogar einige Bahnen eingespart haben, was wiederum wohl eher mit betriebswirtschaftlicher Optimierung statt mit Kundenorientierung zu tun haben dürfte.

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