ReportagePlaußig-Portitz? Da denkt man heutzutage nicht mehr an Parthe, Aue oder grüne Wiesen, sondern an Autos. Denn auf der Flur dieser beiden Dörfer - eigentlich der von Plaußig - hat BMW 2005 sein Leipziger Werk in Betrieb genommen. Das ist so dominant, dass man aus weiterer Entfernung gern rätselt: Gibt es eigentlich echte Dörfer mit diesen Namen?
Gibt es. Am Radweg verhieß ein Schild, wir würden jetzt nach Plaußig kommen. Auf einigen Karten führt die Straße Am Keulenberg direkt dick und breit auf die Alte Theklaer Straße in Plaußig. Aber diese Verbindung gibt es nur noch für Radfahrer. Eben die unter der Autobahn durch. Dann weiter nach Plaußig rein. Die Schilder führen uns direkt auf die Plaußiger Dorfstraße. Und hier ist man nun tatsächlich im emotionalen Zentrum der Parthedörfer.
Denn in der Nr. 23 hat der Zweckverband Parthenaue seinen Sitz. Es ist eine alte Schule. Eigentlich eine neue, wie auf einem der Schilder zu lesen ist. Wer bis hierher unter zu wenig Lesestoff gelitten hat, bekommt gleich eine Menge rund um dieses Haus, an dem auch stolz das Wappen der Parthenaue zu sehen ist. Ein altbekanntes Bild für Nutzer der Radroute: ein grüner Baum, eine grüne Wiese und ein blaues Flüsschen, das sich hindurchschlängelt. Und wer drüben vorm Gemeindehaus („Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes heißen“) neben der 1868 gepflanzten Steinlinde die Erklärtafel liest, erfährt auch, dass auch Plaußig seinen Namen von der Parthe bekommen hat. Indirekt. Denn das slawische Pluskat kommt von Plätschern/Strömen. Logisch, dass auch die Plaußiger Kirche hier steht und der Gasthof Plaußig („Ja, auch für eine Einkehr an dieser Stelle sind wir viel zu früh …“) und wenige Schritte zuvor das Saatgut Plaußig, das deshalb so betrachtenswert ist, weil es sich noch die Struktur eines alten Rittergutes bewahrt hat, mit Herrenhaus und Pension. Wer also etwas später diese Route fährt, hat hier eine Menge zum Angucken und Bestaunen auf einem Fleck.
Nur nach Portitz führt uns die Parthe-Mulde-Radroute nicht. Denn sie führt weiter Richtung Seegeritz und Graßdorf. Das ist dann schon Taucha. Wie zum Abschied bekommt man noch den Plaußiger Dorfteich zu sehen, in dem – irgendwo unter der stillen Oberfläche – allerlei Fische ihr Unwesen treiben, die der Anglerverband auf einer Tafel ordentlich erklärt. Wenig später weist uns ein unübersehbares Schild darauf hin, dass es heißt, Abschied zu nehmen. Zumindest von Plaußig und vom Leipziger Teil des Radweges. Sowohl die Parthe-Mulde-Radroute als auch der Lutherweg führen hier weiter durch eine Landschaft, in der der Zweckverband Parthenaue seit über 20 Jahren versucht, wichtige Renaturierungsprojekte voranzutreiben. Auf kleinen Tafeln – wie hier gleich am Rüdgengraben Plaußig – werden sie erklärt.
Der Weg wird ab hier wieder schön ländlich, stellenweise zum Pfad, auf dem man sich dann mit „Glück auf!“ oder „Moin moin!“ begegnen kann. Nach Seegeritz hinauf wird’s steil und schotterig. Vorher ist man an einer markanten Landmarke vorbeigekommen: der Seegeritzer Pappel. Es ist wieder so ein typischer Flurwechsel: Die einen haben ihr Wegstück ordentlich in Schuss, die anderen haben kein Extra-Geld dafür. Also bleibt’s ein Feldweg.
Seegeritz besticht auch durch die steilste Dorfstraßenabfahrt vom Plaußiger Weg auf die Hauptstraße. Natürlich fehlt auch hier wieder ein Wegweiser. Aber man muss links abbiegen, um dann nach dem grünbewachsenen Dorfteich gleich wieder nach rechts einzubiegen, wo man dann mal wieder die Parthe quert und ein schönes Waldstück durchfährt. Danach erlebt man noch eine geruhsame Pferdekoppel. Man ist jetzt in Graßdorf, das zu Taucha gehört, und hat die Wahl, auf dem Parthe-Mulde-Radweg bis Taucha-Mitte zu fahren und von dort ins öffentliche Straßennetz Richtung Leipzig oder auf der Graßdorfer Straße, die etwas direkter dorthin führt. Dort kann man dann auf die Leipziger Straße fahren und hat genau sechs Kilometer bis zur Leipziger Stadtgrenze vor sich. (Und weitere sieben Kilometer auf der Torgauer Straße mit ungefähr 20 Ampeln und einem Gefühl wie in der amerikanischen Prärie …) Wir haben jetzt in Graßdorf ungefähr 20 Kilometer auf dem Leipziger Teil des Parthe-Mulde-Radwegs hinter uns, der an manchen Stellen wie eine luxuriöse Asphaltpiste aussieht, an anderen Stellen wie ein Trampelpfad. Wahrscheinlich ist es klug, ihn an einem Morgen am Wochenende zu fahren, bevor die einzelnen Passagen, an denen man die verkehrsreichen Hauptstraßen nicht meiden kann, ungemütlich werden. In eigner Sache – Eine L-IZ.de für alle: Wir suchen „Freikäufer“
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