LeserclubDer Elsterradweg führt tatsächlich schnurstracks am Ufer des Elsterflutbetts entlang, das tatsächlich auch erst seit 100 Jahren so heißt. Vorher hieß es Pleißeflutbett, bevor man den großen Durchbruch von der Weißen Elster bei Großzschocher quer durch die Landschaft ins Pleißeflutbett baute. Da musste dann die Pleiße weichen aus dem Namen.
Auch die Rödel verschwand bei dieser Umverlegung. Die Paußnitzbrücke wurde gebaut. Aber die sieht man nicht mehr. Vor zwei Jahren wurde sie endgültig abgerissen. Und erst wenn man oben auf dem Schleußiger Weg ankommt, merkt man, dass man da eine gute Chance noch nicht genutzt oder versiebt hat. Ein Trampelpfad am Westufer des Elsterflutbetts zeigt nämlich, wo man mit dem Elsterradweg eigentlich lang könnte, wenn nur eine ordentliche Brückenunterführung unter dem Schleußiger Weg gebaut würde.
Wahrscheinlich streiten sich Stadtverwaltung und Landestalsperrenverwaltung (LTV) darüber, ob man das überhaupt darf. Bei Deichen wird die LTV heikel.
Also radelt man an Rennbahn und Kleingartenanlagen entlang rauf zum Schleußiger Weg, biegt scharf nach rechts ab und hat dann optisch die Wahl zwischen zwei Bedarfsampeln, die hier Radfahrern und Fußgängern ab und zu das Queren des stark befahrenen Schleußiger Wegs ermöglichen. Auch das eigentlich ein Unding. An der ersten Bettelampel herrscht für gewöhnlich Hochbetrieb, weil hier alle rüberwollen, die die Connewitzer Schleuse, den Wildpark und den Connewitzer See zum Ziel haben. Eine echte Hauptroute. Man sieht es ihr nur nicht an.
Wer auf dem Elsterradweg bleiben will, quert hier noch nicht, sondern fährt weiter bis zur nächsten Bettelampel am Nonnenweg. Schilder gibt es hier überall reichlich, teils zugewachsen. Teils verwirrend, denn drüben geht es doch erst mal 30 Meter gegen die Fahrtrichtung. Man muss die Anlage der Hundeschule umrunden, weil der direkte Zugang zum Uferweg am Elsterflutbett gesperrt ist. Seit Jahren schon. Statt der lädierten Treppe gehört eigentlich eine ordentliche Rampe hin – mit Abzweig zu einer Brückenunterführung.
Aber wie gesagt: Da streiten sich wohl noch die Ämter, ob man so etwas überhaupt darf.
Wenn man dann eingeschlenkert ist auf den Weg am Ufer, hat man eine der schönsten Passagen vor sich. Tagsüber sind linkerhand diverse Wassersportler unterwegs, manche spielen auch Wasserball mit Booten oder üben das Kurvenfahren zwischen rot-weißen Stangen. Auf der anderen Seite des Flutbetts sieht man den südlichen Auenwald, in dem Leipzigs Verwaltung schon seit Jahren die künstliche Wiedervernässung ausprobiert. Künftig will man sogar den Deich öffnen, um wieder Wasser in den Auenwald zu bekommen. Zukunftsmusik. Die Kapelle übt noch.
Dafür sehen wir Schafherde Nr. 3, auch wenn das andere Schafe sind. Unübersehbar. Sie dulden ein ganzes Dutzend schwarzer Schafe unter sich und protestieren nicht. Man staune. Da lässt sich was lernen als Herdentier. Ansonsten schauen sie nur gelangweilt herüber. Sie halten das eigentliche Hochflutbett der Elster kurzgeschoren, das hier auf das Flutbett trifft und bei richtigen Hochwassern – wie 2013 – die riesigen Wassermassen schnell und prächtig in die Stadt leitet. So wie 2013, als an den Deichen dieses Hochflutbetts gerettet wurde, dass die Schweißtropfen flogen. Passiert ist nichts. Nur der Deich musste hinterher doch wieder repariert werden.
Und in all der nachgeholten Aufregung schickt uns das Schild nun auch noch auf ein echtes Schotterstück am Flutbettufer. Vielleicht als Mahnung: „Nicht träumen. Das hat alles seinen Zweck.“
Womit wir schon – ohne richtig aufzudrehen – am Teilungswehr Großzschocher angekommen sind. Hier wird die Weiße Elster geteilt. Eine Hälfte fließt hübsch als Fluss weiter durch Schleußig und Plagwitz und macht die Ecke zum Klein-Venedig von Leipzig. Und die andere Hälfte fließt sportlich ins Elsterflutbett.
Wir aber fahren über eine hübsch blau bemalte Brücke und dürfen jetzt genießen, wie ein Fernradweg aussehen kann, wenn er mit 160.000 Euro Unterstützung vom Land gerade frisch erneuert wurde. Denn genau das ist 2015 geschehen auf dem ganzen Abschnitt von dieser hübschen blauen Brücke bis zum Bahnübergang der Bahnstrecke Plagwitz-Markkleeberg. „Am Teilungswehr“ heißt das Wegstück. Die Flussmeisterei linkerhand (die der LTV gehört) zeigt zwei große protzige Maschinenteile. Die zwar neugierig machen. Aber es steht nicht dran, was das eigentlich ist.
Es geht uns also immer wieder so auf dieser Tour: Wir stoßen auf Rätsel, die nicht erklärt werden.
Wer ist Molly G.? Auf dem Asphalt hat sie eine mehr als rätselhafte Botschaft hinterlassen: „Ich weiß nicht ob ich kann das Geschenk.“
Das fehlende Verb haben wir vergebens gesucht. Vielleicht ist es ins Wasser der Weißen Elster gefallen, die uns hier rechterhand begleitet – bis zur Bahnstrecke.
Insgesamt hat dieser schöne Streckenabschnitt 217.158 Euro gekostet. 515 Meter glatter Asphalt. Da fühlt man sich als Radfahrer richtig verwöhnt. Anfang 2016 war alles fertig. Aber dafür haben wir das ministeriell zitierte „Handlungskonzept zur Förderung des Radverkehrs in Leipzig“ nicht wiedergefunden. Vielleicht ist es Opfer eines Relaunchs geworden. Sonst hätten wir jetzt auch verraten können, wo demnächst wieder so ein schönes Stück Radweg gebaut wird.
Am Bahnübergang über die Bahnstrecke Plagwitz-Markkleeberg haben wir eine ganze schnieke Kreuzung ganz für uns allein. Vielleicht ist hier wochentags was los. Heute jedenfalls nicht. Nur eine Katze fühlt sich gestört. Vielleicht haben wir ihre Spielmaus erschreckt. Dabei genießen wir diesen Weg, der ein Stück weiter auf die Brückenstraße stößt, die im Amtsdeutsch S 46 heißt. Und entsprechend scharf wird hier gefahren. Und was steht für brave Radfahrer da? – Eine Bedarfsampel.
Wir müssen tatsächlich auf die „falsche“ Seite wechseln, denn das nächste Ziel heißt Lauerscher Weg. Und wo der auf die Brückenstraße stößt, kreuzen nur Lebensmüde die Straße. Denn diese Stelle liegt mitten in der Kurve, bevor die Straße hinaufschnurrt nach Großzschocher. Was man eigentlich empfehlen könnte – was aber wieder nicht empfohlen wird.
Denn nicht nur die Apostelkirche ist sehenswert, auch das Körnerhaus ist ein guter Grund zum Abschweifen. Das nächste Körnerhausfest wird übrigens am 10. September gefeiert.
Aber heute ist Wochenende. Da ist auch Theodor Körner nicht daheim. Also queren wir doch lieber die Brückenstraße und stürzen uns in die üppige Apfelplantage. Zumindest optisch. Um gleich nach rechts abzubiegen und den Lauerschen Weg anzusteuern. 14 Kilometer haben wir gerade mal zurückgelegt auf dem Elsterradweg bis hierher. Und schon genug gesehen für ein pralles Wochenende.
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