Er hofft ja noch. Richtig optimistisch gab sich Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) am Freitag, 15. Juli, als er vermelden ließ: „Entgegen dem vorherigen Referentenentwurf hat der Bund nun auch den potentiellen Bedarf für die Elektrifizierung der Fernverkehrsstrecke Chemnitz – Leipzig erkannt. Dafür hatten sich auch Verkehrsminister Martin Dulig und das Sächsische Staatsministerium für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr stark gemacht.“
Anlass war die begonnene Ressortabstimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Bundesverkehrswegeplan 2030.
Nur was es da auf die Liste der vordringlichen Bauprojekte schafft, wird in den nächsten Jahren auch mit Bundesmitteln gebaut. Sachsen hatte da in der Vergangenheit immer wieder Probleme, wichtige Eisenbahnverbindungen zu platzieren. Lange Jahre konzentrierte sich die Landesregierung auf die Sachsen-Franken-Magistrale, sah ansonsten vor allem Autobahnprojekte als wichtiger an, bis man merkte, dass es einige wichtige Schienenverbindungen gibt, die noch nicht so richtig auf modernem Stand sind – ganz zentral die Verbindung Leipzig-Chemnitz, aber auch die Verbindung von Dresden nach Görlitz.
Mittlerweile ist auch noch der milliardenschwere Traum einer neuen Schnellstrecke von Dresden nach Prag dazugekommen.
Und so versucht auch Verkehrsminister Martin Dulig wieder in den Bundesverkehrswegeplan zu hieven, was irgend geht: „Ich freue mich sehr, dass unser Einspruch erfolgreich war. Das ist ein großer Erfolg für die Regionen Chemnitz und Leipzig.“
Wobei die Elektrifizierung dieser Bahnstrecke jetzt erst einmal im „Vordringlichen Bedarf“ landet. Das heißt: Abhängig von den verfügbaren Mitteln könnte das Projekt eventuell noch vor 2030 angepackt werden.
Ebenfalls als Erfolg wertet Dulig, dass die Neubaustrecke Dresden-Prag und die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Görlitz als Projekte des Potentiellen Bedarfs eingestuft bleiben und nicht kurzerhand wieder rausfliegen, was durchaus zu befürchten war. Man darf nicht vergessen: Alle sächsischen Projekte konkurrieren mit langen Bedarfsanmeldungen aus den südlichen und westlichen Ländern, wo es auf vielen Strecken – auch und erst recht auf Güterverbindungen – schon lange richtige Engpässe gibt und einen steigenden Bedarf.
Hinter dem Bundesverkehrswegeplan steckt auch immer der Abgleich mit den vom Bundesamt für Statistik prognostizierten Bevölkerungszahlen bis 2050. Und das geht ja bekanntlich von einem bundesweiten Bevölkerungsrückgang aus, wozu es ja auch kommen wird, wenn die neuen Nationalisten mit ihrer Politik tatsächlich die Oberhand gewinnen. Dann werden die Greise dafür sorgen, dass wir wirklich vergreisen. Dann muss man auch keine Bahnstrecken mehr ausbauen.
Das Statistische Bundesamt nimmt für den Westen der Republik einen Bevölkerungsrückgang um 6 Prozent an, für den Osten um 17 Prozent.
Die Zahlen sind durchaus zu hinterfragen, weil hinter der Rechnung alte demografische Modelle stecken, die die Metropolfunktionen großer Städte völlig ausblenden.
Aber eigentlich ist es egal, solange Milliarden in völlig unsinnige Prestigeobjekte fließen wie „Stuttgart 21“ und die wichtigsten Verbindungen nicht mit deutlich weniger Mitteln fit gemacht werden.
Martin Dulig hofft jetzt, dass die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Görlitz und die ICE-Strecke nach Prag nach Abschluss der Bewertung im Jahr 2017 ebenso wie die Strecke Leipzig-Chemnitz in den „Vordringlichen Bedarf“ aufrücken können, also noch vor 2030 eine Finanzierung finden.
„Beide Baumaßnahmen sind notwendig, damit die Infrastruktur Sachsens sich weiter entwickeln kann und wir in Zukunft wichtige Verkehre auf dem Schienenweg abwickeln können. Vor allem die Neubaustrecke Dresden-Prag, für die ich mich stets eingesetzt habe, wird eine Generationenaufgabe werden. Die Aufnahme dieser Strecke in den Bundesverkehrswegeplan ist ein klares Zeichen an die EU, dass sich Deutschland dieser europäischen Infrastrukturmaßnahme stellen wird“, sagt Dulig.
Während die Streckenaufwertung nach Görlitz und damit zum Anschluss ans polnische Gleisnetz nur rund 300 Millionen Euro kosten würde, gehen erste Abschätzungen für die Neubaustrecke nach Prag von 1 bis 3 Milliarden Euro aus – und das bei noch herrschender Unsicherheit über den möglichen Streckenverlauf und eventuell notwendig werdende ingenieurtechnische Großbauwerke.
So richtig auf dem Weg zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Verkehrspolitik ist Sachsen noch nicht. Auch wenn die Anmeldeliste für Straßenprojekte etwas überschaubarer geworden ist.
Im Bereich Straße sind für Sachsen jetzt acht Projekte als bereits laufende Projekte fest disponiert. Dazu gehört etwa das im Bau befindliche Autobahndrehkreuz A38/A72 im Leipziger Südraum. Kostenpunkt: 152 Millionen Euro.
Insgesamt 28 Projekte sind im jetzigen Entwurf im „Vordringlichen Bedarf“ eingestuft, das heißt, diese haben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, bis 2030 geplant und gebaut zu werden. 20 Projekte sind im weiteren Bedarf mit Planungsrecht (WB) eingestuft, das bedeutet, dass das Projekt bis 2030 geplant werden kann. 19 vom Freistaat angemeldete Projekte fallen unter den „Weiteren Bedarf“. Bei diesen Projekten wird die Bauwürdigkeit grundsätzlich anerkannt, jedoch ist die Finanzierung und Realisierung bis 2030 ungewiss. Zum „Weiteren Bedarf“ mit Planungsrecht gehört auch die umstrittene B87neu zwischen Leipzig und Torgau. Für diese ist noch nicht einmal wirklich beziffert, was sie mal kosten soll. Insgesamt hat Sachsen Straßenbaupläne von über 1,6 Milliarden Euro angemeldet.
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