Mal Sonne und mal Regen. Das war so am Mittwochnachmittag in Dölitz ein bisschen wie sonst im Leben der LVB auch. Mal werden Fördermittel ausgedörrt, dann wieder ergießen sie sich. Und in einem großen Hauruck wird ein 30-Millionen-Euro-Projekt wie der Betriebshof Dölitz der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) fertig. Am Mittwoch, 15. Juni, war große Eröffnungsparty mit Minister.
Der Betriebshof Dölitz ist der nunmehr dritte Betriebshof der LVB, der vollständig modernisiert und funktional erweitert wurde. Der erste war vor über zehn Jahren der Betriebshof Angerbrücke, gefolgt von der Zentralen Werkstatt Heiterblick, die im Prinzip erst halb fertig ist. Eine große Wagenhalle fehlt dort noch. Aber so langsam nimmt der alte Traum der LVB, ihr Netz aus lauter verstreuten Betriebshöfen auf drei netzbestimmende Knoten zu reduzieren, Gestalt an. Fertig ist jetzt zwar in Dölitz alles. Zumindest von der Substanz her. Jetzt haben die LVB noch eine fünfwöchige Frist bis zum 23. Juli, um auch die technischen und elektronischen Abstimmungen zu treffen. Dann geht der Betriebshof tatsächlich nach drei Jahren wieder in Betrieb. Und wird zum südlichen Arbeitspunkt einer effektiveren Nord-Süd-Achse der Stadtbahn und im technischen und logistischen Zusammenspiel mit dem Betriebshof Angerbrücke und dem Technischen Zentrum Heiterblick.
„Fakt ist, dass Leipzig nicht nur wieder die eindeutig größte Stadt des Freistaates geworden ist, zurzeit ist sie wohl sogar die relativ am schnellsten wachsende Großstadt Deutschlands. Deshalb ist es mir besonders wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger schnell und komfortabel ihre Ziele erreichen können. Der Freistaat hat sich bereits frühzeitig zu der Förderung dieser wichtigen Baumaßnahme der Leipziger Verkehrsbetriebe bekannt. Für die Verkehrsbetriebe bestand von Beginn an Planungs- und Finanzierungssicherheit, was sich letztendlich positiv auf den kontinuierlichen Bauablauf ausgewirkt hat. Wir fördern das Vorhaben seit 2013 mit ca. 18,8 Millionen Euro, was eine staatliche Zuwendung von 75 Prozent beträgt. Somit unterstützen wir die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs in Leipzig“, sagte der sächsische Verkehrsminister Martin Dulig beim Eröffnungsfest am Mittwoch.
Dabei scherzte er noch ein wenig über das rasant wachsende Leipzig und erinnerte daran, dass den Fördermittelbescheid für Dölitz noch sein Vorgänger im Amt, Sven Morlok (FDP) überreicht hatte.
Der kam sogar zur Feier am Mittwoch, forsch im gelben T-Shirt. Immerhin steht sein Nachfolger Dulig auch für einen Paradigmenwechsel im ÖPNV. Nicht nur, was die Verstetigung der Fördermittel betrifft – 26 Millionen Euro bekommen die LVB in diesem Jahr vom Freistaat und können auch in den nächsten Jahren mit einer ähnlichen Fördersumme rechnen. Der Bedarf ist groß. Denn nach wie vor harren viele Streckenabschnitte einer Generalsanierung, sind 37 Prozent der Straßenbahnhaltestelle und 69 Prozent der Bushaltestellen nicht barrierefrei.
Ein Megathema für Leipzig, daran erinnerte Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau. Und auch daran, dass der ganze Umbau ohne Förderung durch den Freistaat nicht zu schaffen ist.
„Leipzig wächst rasant und die Mobilitätsbedürfnisse von Bürgern und Wirtschaft lassen sich nur mit einem leistungsfähigen ÖPNV sichern. Dafür ist wiederum eine dem Bedarf entsprechende Instandhaltung der Fahrzeuge eine unerlässliche Voraussetzung. Die Inbetriebnahme des Standortes Dölitz verbessert die Bedingungen und Kapazitäten der Instandhaltung nun ganz wesentlich. Um die mit dem Wachstum Leipzigs generell für den ÖPNV verbundenen Herausforderungen weiter bewältigen zu können, brauchen wir zudem auch in den kommenden Jahren die Unterstützung des Freistaates, so wie sie hier vorbildlich gegeben war“, blickt Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau bereits auch in die Zukunft.
Und nicht nur an den Stau bei Infrastrukturen erinnerte sie. Auch an den riesigen Bedarf an Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau. „Auch darauf warten wir.“ Aber da konnte Dulig nur lächeln. Das ist nicht sein Ministerium. Da muss ein anderer Minister in die Pötte kommen.
Aber dass es auch in seinem Bereich noch nicht rund läuft, gab er zu. Denn die künftige Verteilung der Regionalisierungsmittel macht ihm Sorgen. Jedenfalls sagte er den Zweckverbänden (in Leipzig ist der ZVNL zuständig) zu, die Mittel zur Finanzierung des regionalen Schienenverkehrs zu sichern. Zur Not auch mit Mitteln des Freistaats, wenn sich der Bund nun doch noch gegen die ostdeutschen Bundesländer entscheiden sollte.
Und was wollen die LVB nun mit dem Betriebshof, auf dem die alte, denkmalgeschützte Betonhalle komplett restauriert wurde, die alte Wagenhalle von 1899/1900 nur zum Teil erhalten werden konnte – aber immerhin als sehenswerter Portikus, durch den die Straßenbahnen in Dienst fahren können.
„Der Um- und Neubau des Betriebshofes ist Teil des langfristigen und nachhaltigen Werkstatt- und Liegenschaftskonzeptes der Leipziger Verkehrsbetriebe. Damit können die Werkstattabläufe effektiver gestaltet werden. So leisten wir einen entscheidenden Beitrag für die Zukunftsfähigkeit eines modernen Personennahverkehrs in Leipzig. Wir danken dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig dafür, dass sie uns bei der Investitionsoffensive tatkräftig unterstützen“, betonte Norbert Menke, Aufsichtsratsvorsitzender der Verkehrsbetriebe und Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Stadtholding.
Die Gesamtkosten setzten sich zusammen aus den Kosten für den Umbau des Betriebshofes Dölitz und aus den Kosten für den Neubau des Straßenabschnittes Bornaische Straße, der in diesem Zusammenhang notwendig war. Das Projekt bzw. die Projekte lagen nach Abschluss im Plan sowie im Budget. Die Projektkosten für den neuen Betriebshof summieren sich auf 29 Millionen Euro und wurden in weiten Teilen aus Eigen- und Drittmitteln getragen. Die Finanzierung der Eigenmittel der Verkehrsbetriebe wurde über ein Gesellschafterdarlehen der Leipziger Stadtholding abgesichert. Auch der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) unterstützt das Vorhaben zusätzlich mit 15 % Förderquote.
Für den Neubau des Straßenabschnitts Bornaische Straße inklusive der barrierearmen Haltestellen investierten die Verkehrsbetriebe 4,4 Millionen Euro. Diese Finanzierung erfolgt über das Infrastrukturinvestitionsprogramm der Verkehrsbetriebe. Neu ist im Südteil des Geländes die Wasch- und Wartungshalle.
„Mit der neuen Wasch- und Wartungshalle mit Dacharbeitsstand, Krananlagen und Hebepunkten, einer Doppelportal-Waschanlage mit ökologischer Osmose-Wasseraufbereitung schaffen wir nicht nur optimale Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort, sondern auch, durch eine höhere Qualität in den Arbeitsergebnissen, saubere und zuverlässige Fahrzeuge für unsere Kundinnen und Kunden“, erklärt Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe.
Die Front der Holzhalle wurde als Portikus an vorgezogener Stelle wieder aufgebaut. Ein Vorgang, der Martin Dulig zu dem Spaß animierte, an die Lust der Leipziger zu erinnern, ihre alten Portikusse immer wieder mal zu verschieben.
Die Betonhalle von 1912 wurde für die Busabstellung und -versorgung umgebaut. Das Gleichrichterunterwerk im Nordteil des Geländes zur Sicherung des Bahnstrom-Inselbetriebs mit 600V Gleichstrom wurde neu gebaut. Das bestehende Verwaltungsgebäude, inklusive der Fahrerräume, wurde umgebaut und saniert. Die Verkehrsanlagen einschließlich der Freiabstellanlage wurden mit Umfahrungstechnologie gegen den Uhrzeigersinn neu gebaut. Eine dreiseitige Stützwand zur Hangsicherung des höher liegenden benachbarten Terrains wurde errichtet. Entwässerungsmaßnahmen für die benachbarten Grundstücke wurden ergriffen. Die denkmalgeschützte Pflasterfläche wurde zurückgebaut und wiederverwendet.
Auf der Bornaischen Straße wurden neue Gleis- und Fahrleitungsanlagen errichtet. Der Straßenabschnitt vor dem Betriebshof wurde entsprechend den Vorgaben des Stadtplanungsamtes neu gestaltet und mit barrierefreien Haltestellen ausgestattet.
„Wir testen die nächsten vier Wochen bevor am 23. Juli der Betriebshof wieder vollständig an das Netz anschlossen wird. Ein Dank geht an dieser Stelle an alle Projektbeteiligten, Bauunternehmen und natürlich die Dölitzer für ihr Verständnis“, so Ronald Juhrs, Geschäftsführer Technik und Betrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe.
Ab 25. Juli wird auch die Linie 11E wieder bis zum Betriebshof fahren können und hier starten. Dann können 31 Straßenbahnen und 15 Busse untergebracht, geputzt, gewartet, gewaschen und gefönt werden. Und da sich alle Verantwortlichen bei der Gelegenheit gegenseitig an Förderzusagen erinnerten, kam logischerweise auch der Nahverkehrsplan der Stadt zur Sprache mitsamt dem ehrgeizigen Ziel der LVB, den Anteil des ÖPNV an den Wegen der Leipziger auf 25 Prozent zu steigern. Augenscheinlich weiß zumindest einer im Stadtkonzern, was das bedeutet: Norbert Menke, der LVV-Geschäftsführer, der an diesem Tag schon mal die Formel von „explodierenden Fahrgastzahlen“ in den Mund nahm. Denn das lütte Wachstum auf 138 Millionen im vergangenen Jahr ist gegen das, was hinter diesen 25 Prozent stecken würde, ein Witz.
Verständlich, dass sich Verkehrsminister Martin Dulig bei der Zahl der Straßenbahnen, die für Leipzig gefördert werden sollen, gleich mal versprach und statt 41 sogar 91 sagte. Er korrigierte sich zwar gleich. Aber wenn man ein bisschen drüber nachdenkt, merkt man, dass die 25 Prozent tatsächlich nur mit 91 neuen Straßenbahnen zu schaffen sind.
Man ahnt so langsam, was das Wachstum der Stadt wirklich bedeuten wird. Und der dicke Brocken kommt erst noch.
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