Auch wenn Ronald Juhrs, Geschรคftsfรผhrer der LVB, das Thema beim Vor-Ort-Termin am 17. November in Mockau nur streifte, wird die Arbeit der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) von knappen Geldressourcen dominiert. Immerhin haben sich auch die einladenden SPD-Mitglieder des Ortsverbands Nordost Gedanken gemacht รผber die Linie 9. Die fรคhrt ja auch durch Thekla und bald nicht mehr nach Markkleeberg.

Und Juhrs bestรคtigte, was auch Holger Flache Anfang Oktober bei der groรŸen Diskussion zur Linie 9 im Neuen Rathaus gesagt hatte: Wenn es nach den LVB gegangen wรคre, hรคtte niemand den Betrieb der Linie 9 zwischen Connewitz Kreuz und Markkleeberg-West eingestellt. Genau das aber passiert am 28. November.

Das Heft des Handelns hatte seit 2009 der Landkreis Leipzig in der Hand, der damals schon ankรผndigte, die Linie 9 abbestellen zu wollen, wenn die S-Bahn in Betrieb geht. Man hat noch zwei Jahre gewartet und auch noch Fahrgastzahlen erhoben, was zumindest der sachlichen Debatte mehr Futter gab. Die Zahlen sind durchaus diskussionswรผrdig, denn zuvor hatte auch die These im Raum gestanden, die Linie 9 wรผrde alle ihre Fahrgรคste an die S-Bahn verlieren. Tatsรคchlich ist es nur ein Viertel geworden. Fรผr die Mehrheit der Nutzer ist die StraรŸenbahn also durchaus das richtige und akzeptierte Verkehrsmittel.

โ€œWir fahren ja den Service nicht zurรผckโ€, betonte Juhrs. โ€œIm Gegenteil: Wir bieten am dem 28. November sogar mehr Service.โ€

Der Bus Linie 70 fรคhrt dann im 10-Minuten-Takt anstelle der Linie 9 bis Markkleeberg-West.

Auch das รผbrigens ein Thema fรผr die Bewohner des Leipziger Nordostens, denn die Linie 70 verkehrt ja auch dort โ€“ sie wird jetzt wohl zur lรคngsten Buslinie im Gebiet der LVB โ€“ mit entsprechenden Gefahren fรผr Verspรคtungen unterwegs.

Aber ein zusรคtzliches Angebot gibt es ja auch: Die Linie 9 fรคhrt von Connewitz Kreuz ja dann zur KlemmstraรŸe weiter. Das klingt erst einmal gar nicht attraktiv, weil die Bahn immer noch keinen sinnvollen Zugang zur S-Bahn-Station gebaut hat.

Aber das neue Angebot rechnet sich aus Sicht der LVB, was so nicht unbedingt zu erwarten war, denn der Zuschuss des Landkreises zum Betrieb der Linie 9 in Hรถhe von 495.000 Euro entfรคllt ja.

Und auf den ersten Blick wรผrde sich ja auch ein eingekรผrzter Betrieb bis Markkleeberg-Mitte/ParkstraรŸe anbieten. Das haben wir an dieser Stelle schon intensiv diskutiert. Und Juhrs machte am Dienstag auch deutlich, dass die LVB auch fahren wรผrden โ€“ wenn die Stadtrรคte das so wollen und vor allem das Geld bereitstellen. Das ist der eigentliche Knackpunkt. Die Fahrleitungen, so Juhrs, sind so abgefahren, dass die LVB auch keine zwei Jahre weiter auf der Strecke mit StraรŸenbahn fahren kรถnnten. Das sind die 2,5 Millionen Euro, die sofort fรคllig wรคren, wenn jemand den Weiterbetrieb der StraรŸenbahnlinie beschlรถsse.

Es gab auch das Andererseits am Diensagabend zu hรถren, vorgebracht von Jens Herrmann-Kambach, der sich auch als langjรคhriger Stadtrat der Linken mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Wenn die Linie jetzt eingestellt wird, wird sie wahrscheinlich nie wieder revitalisierbar, was nicht an ausgebauten Gleisen oder demontierten Fahrleitungen liegt, sondern daran, dass sie durch ein streng geschรผtztes Naturreservat fรผhrt. Da kann es passieren, dass es fรผr kรผnftige NeubaumaรŸnahmen schlicht keine naturschutzrechtliche Genehmigung mehr gibt. Noch hat die Linie gewissermaรŸen Bestandschutz im Naturschutzgebiet.

Aber wirklich scheitern wird das Projekt wohl am Geld. Nach Auskunft von Ronald Juhrs habe das Sรคchsische Verkehrsministerium wieder recht deutlich signalisiert, dass es vom Freistaat fรผr eine Modernisierung der Strecke keine Fรถrdergelder geben werde.

Wรผrde man die komplette Strecke bis Markkleeberg-West sanieren, wรผrde es immerhin um 20 Millionen Euro an Fรถrdergeldern gehen. Der Landkreis hat die sowieso nicht. Dort ist man froh, dass man mit den 495.000 Euro, die man bei der Linie 9 spart, die zusรคtzlichen Busverbindungen in Markkleeberg finanzieren kann. Markkleeberg hat das Geld auch nicht.

โ€œUnd man muss auch bedenken, dass es in Markkleeberg keine wirklich mehr steigenden Fahrgastzahlen geben wirdโ€, sagte Juhrs. โ€œDie Stadt hat eigentliche keine Mรถglichkeiten mehr, groรŸ zu wachsen.โ€

Selbst wenn man nur die Strecke bis Markkleeberg-Mitte erneuern wรผrde, wรผrde das nach den verschiedenen Schรคtzungen zwischen 11 und 13 Millionen Euro kosten. Geld, das in diesem Fall die Stadt Leipzig bzw. die LVB allein investieren mรผssten und das im Budget der LVB derzeit nicht existiert.

Womit man wieder beim eng gestrickten Etat der Leipziger Verkehrsbetriebe wรคre. Dazu kommen wir noch.

Aber das eigentliche Fazit fรผr die Linie 9 ist: Die Strecke ist in den vergangenen Jahren so weit heruntergefahren worden, dass allein auf dem Stรผck bis zur ParkstraรŸe in den nรคchsten fรผnf Jahren eine GroรŸinvestitionen von bis zu 13 Millionen Euro notwendig wรคre. Ein Betrag, der im Investitionsplan der LVB nicht vorgesehen ist. Da stehen ganz andere Projekte wie die Sanierung in der Bornaischen StraรŸe, das nรคchste Teilstรผck in der Georg-Schumann-StraรŸe und der Komplettumbau der รคuรŸeren Georg-Schwarz-StraรŸe 2016. Dazu das ambitionierte Beschaffungsprogramm fรผr 41 neue StraรŸenbahnen bis 2020.

Am Ende geht es immer nur ums Geld und die Frage: Wer bezahlt es? Und wer kann es bezahlen?

Aus Sicht der LVB ist das ziemlich simpel. Die ist von der Stadt und ihrer Konzernmutter LVV zur Sparsamkeit verdammt. Nur die Leipziger Stadtrรคte haben es in der Hand, eine andere Entscheidung zu fรคllen. Aber sie stehen dann auch vor der Aufgabe zu benennen, wo die zusรคtzlich benรถtigten Millionen herkommen sollen.

Ein verzwickter Zustand.

Aber warum schwimmen die LVB eigentlich nicht im Geld?

Da machen wir in Kรผrze weiter.

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Es gibt 3 Kommentare

>Wenn es nach den LVB gegangen wรคre, hรคtte niemand den Betrieb der Linie 9 zwischen Connewitz Kreuz und Markkleeberg-West eingestellt.

Sagen wir: Das ist ziemlich gelogen.

Die LVB sollten lieber erklaeren, warum sie den betreffenden Abschnitt seit mindestens zehn Jahren haben verlottern lassen โ€“ das war schon immer ein offenes Geheimnis.
Nun werden die โ€œ2,5 Millionen per sofortโ€ aus dem Hut gezaubert, um letztlich seinen Willen durchzusetzen. Schlaue Strategie.

Im uebrigen waere der Geschaeftsfuehrer gut beraten, sich nicht auch noch zum Stadtentwickler aufzuschwingen. Dass Markkleeberg โ€œkeine Moeglichkeitโ€ zum Weiterwachsen mehr habe, ist aus den Fingern gesogen. Hat man eigentlich bemerkt, dass mittlerweile niemand mehr von โ€œSchrumpfenden Staedtenโ€. Leipzig schrumpft schon lange nicht mehr, Markkleeberg wird auch noch wachsen, aber bei den LVB ist das nicht angekommen. Gute Nacht, oeffentlicher Stadtverkehr.

@JG
Wohl wahr. Ein gesunder Menschenverstand schmerzt angesichts dieser Feststellungen.

Allerdings gibt es beim ร–PNV schon eine Zwickmรผhle:

Einerseits der Speckgรผrtel Markkleeberg, der sich distanziert und Geld sparen will, dafรผr sogar eine gut genutzte Tram abbestellt; denen wรผrde ich die kalte Schulter zeigen und nichts mehr hinfahren lassen. Sollen die Zugezogenen mal sehen, wie sie nach Leipzig kommen.

Andererseits das hehre Ziel, soviel wie mรถglich
Individualverkehr รผber einen รถkologischen ร–PNV abzuwickeln, grenzรผberschreitend.
Hier zeigt sich, dass ein solches Ziel nur รผberregional gelรถst und forciert werden muss.
Und damit sind wir mal wieder beim schlafenden MDV oder unserer autoverliebten Landesregierungโ€ฆ

Es ist unverzichtbar, dass eine Stadt die vom Wachsen trรคumt, gleichzeitig fรผr den inneren Ausgleich sorgend alle erforderlichen MaรŸnahmen vorhรคlt, die der eigenen Schrumpfung dienen und diese unbeirrt forciert.

Eine Stadt, die schon immer auf Bevรถlkerungswachstum setzte, sollte natรผrlich fleiรŸig (und versteckt) Rรผckbau am Wohnungsmarkt betreiben.

Eine Stadt, die schon immer auf Bevรถlkerungswachstum setzte, muss unbedingt immer mehr und offen, den ร–PNV vernachlรคssigen und ausdรผnnen.

Ebenso wie eine Stadt die schon immer auf Tourismus setzte alles daran setzen muss, bestehende Museen sterben zu lassen, gerade dann, wenn diese bevorzugte Innenstadtlagen blockieren oder auch grandiose Stadtbรคder gehรถren grundsรคtzlich fรผr 3 Mio saniert und dann fรผr 500.000 billig verramscht.

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