"Linie 9 muss bleiben! Statt stilllegen mit der Straßenbahn zum Cospudener See" hieß die Petition, die Ökolöwe und Pro Bahn im Frühjahr gestartet hatten zum Erhalt der Linie 9 nach Markkleeberg. 11.500 Bürger haben sie unterschrieben. Am 16. September wurde das Unterschriftenpaket im Neuen Rathaus übergeben. Jetzt hat die Verwaltung erklärt, warum sie der Petition keinesfalls abhelfen wolle.

Der Text der Ablehnung zählt noch einmal alles auf, was seit 1998 passiert ist. Bis hin zum Jahr 2009, als sich die LVB entschlossen, die Linie 9 zwischen Bayrischem Bahnhof und Connewitzer Kreuz nicht mehr als Untersuchungsstrecke zu führen (was sie seit 1998 war), sondern zu erhalten. Blieb nur noch das “Reststück” vom Connewitzer Kreuz nach Markkleeberg-West.

Den Text der Begründung kennen die Diskussionsparteien im Fall Linie 9 nun schon zur Genüge. Tatsächlich verrät die Vorlage, dass aus Sicht der Leipziger Verwaltung der Südast der Linie 9 im Jahr 2009 schon gestorben war. Man hat die Entscheidung über die Strecke einfach abgegeben. “In der Begründung dieser Vorlage war auch beschrieben, dass der Weiterbetrieb der Straßenbahn nach Markkleeberg-West im Wesentlichen in der Entscheidung des Landkreises Leipzig als Besteller dieser Leistung liegt und dass die LVB, für den Fall einer Abbestellung der Straßenbahnleistung durch den Landkreis, ein Ersatzangebot mit Bussen einrichtet. Für die Straßenbahnlinie 9 war als Variante vorgesehen, diese ab Connewitzer Kreuz über die Bornaische Straße bis zur Wendeschleife am S-Bf. Connewitz zu führen”, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Und dann öffnet man den Beschluss Nr. 81 aus dem Jahr 2009 (RBV-81/09), auf den hier Bezug genommen wurde, und findet als einzigen Beleg zu dieser Aussage diesen Passus: “Für den Fall, dass der Landkreis Leipzig die Straßenbahnleistung nach Markkleeberg-West nach Inbetriebnahme des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes abbestellt, plant die LVB für den Streckenabschnitt Connewitz, Kreuz – Markkleeberg-West ein Ersatzangebot mit Bussen einzurichten, die Folgen für die Arthur-Hoffmann-Straße galt es zu untersuchen.”

Tatsächlich hat der Landkreis Leipzig im Juli dann auch genau so entschieden. Und auch die Antwort auf die Petition beruft sich auf den rein Markkleeberger Diskussionsprozess. Die Bürgerbeteiligung sah so aus: “Weiterhin wurden Bürgerinnen und Bürger im Rahmen von detaillierten Verkehrserhebungen eingebunden. Diese umfassten zum einen die in Markkleeberg durchgeführte Haushaltsbefragung mit mehr als 1.000 teilnehmenden Haushalten (Fragebogen über den Internetauftritt der Stadt Markkleeberg bzw. als Einlage in den ‘Markkleeberger Stadtnachrichten’) und zum anderen die Fahrgastbefragungen auf den Buslinien 107 (Connewitz, Kreuz – Markkleeberg, Bahnhof – Zwenkau, Hafen) und 108 (Probstheida – Wachau – Markkleeberg – Großstädteln).”

Alles richtet sich also an den Beschlüssen des Landkreises Leipzig aus. Ergebnis: “Auf Grundlage des Kreistagsbeschlusses erfolgt ab dem 28.11.2015 keinerlei Beauftragung und Bezuschussung der Linie 9 durch den Landkreis Leipzig mehr. Die als Ersatz für die Straßenbahnlinie 9 vom Landkreis Leipzig bestellte Buslinie 70 ist für die LVB dann verpflichtend sicherzustellen und stellt wegen ihrer weitreichenden Einbindung in den Leipziger Osten die beste Netzoption alternativ zur Straßenbahn dar.”

Die Stellungnahme der Petition geht dann auch auf die zuletzt diskutierte Variante ein, die Linie 9 weiter bis Markkleeberg-Mitte (Parkstraße) fahren zu lassen. Sie zeigt noch einmal die notwendigen Investitionen auf, die fällig wären – 2,35 Millionen Euro an Sofortinvestitionen zum Beispiel, 13,1 Millionen Euro bis 2020. Eine Fahrtstrecke bis zur Parkstraße würde keine zusätzlichen Einnahmen generieren, hießt es weiter, und den LVB im ersten Jahr Verluste von 3 Millionen Euro bescheren – was auch damit zusammenhängt, dass die Buslinie 70 vom Landkreis fest bestellt ist bis Markkleeberg-West.

Wer den Beschluss von 2009 liest, sieht dort, dass der Weiterbetrieb der Linie 9 bis Markkleeberg-West die kostengünstigste Variante gewesen wäre. Zitat aus der damaligen Vorlage: “In allen Varianten ergibt sich eine negative Nettoveränderung, d. h. es kommt in jedem Falle bezogen auf die Stadt Leipzig zu einer Ergebnisverschlechterung bei den LVB, wenn vom Landkreis Leipzig die Straßenbahnleistung nach Markkleeberg abbestellt wird.”

Die Vorlage zeigte im Grunde recht deutlich die Fehlkonstruktion des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV), der solche “Ergebnisverschlechterungen” nicht verhindert, wenn ein Mitglied im Verbund glaubt, auf seinem Gebiet eine Verbesserung des ÖPNV erreichen zu können, indem es die Straßenbahn abbestellt. Da läuft nichts zusammen, werden Entscheidungen delegiert und die direkt Betroffenen können nicht einmal mitreden.

Die Stellungnahme zur Petition liefert jetzt auch mal die wirklich gezählten Fahrgastzahlen von 2012, 2014 und 2015 – und sie zeigt, dass man möglicherweise die falsche Entscheidung getroffen hat. Denn 2015 stiegen die Fahrgastzahlen insbesondere im Einstiegsbereich Connewitz weiter an. Auch in Markkleeberg legten sie wieder leicht zu, nachdem die Eröffnung des S-Bahn-Netzes den erwarteten Effekt gezeigt hatte. 25 bzw. 23 Prozent der Fahrgäste waren in Markkleeberg augenscheinlich auf die S-Bahn gewechselt.

Im Leipziger Gebiet hatte die Fahrgastzahl freilich um 4 bzw. 6 Prozent zugenommen, so dass der Fahrgastverlust trotz S-Bahn nur bei 18 bzw. 16 Prozent liegt. Und das, ohne dass an dieser Strecke in den vergangenen 20 Jahren irgendeine Aufwertung passiert wäre.

Auch die Kostenschätzung für eine Straßenbahn zum Cospudener See ist in der Antwort enthalten. Leipzigs Verwaltung geht von 30 Millionen Euro Baukosten aus. Da ist der Betrieb noch gar nicht kalkuliert.

Aber in der Summe zeigt auch diese Stellungnahme, dass eine ernsthafte Diskussion über die Straßenbahnlinien in Leipzig überfällig ist.

Die Vorlage zur Überprüfung der Linie 9 von 2009.

Die Stellungnahme der Stadtverwaltung zur Petition.

Die Fahrgastzahlen von 2012, 2014 und 2015.

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Ich erinnere mich noch wie spekuliert wurde, dass da Entscheider sich durch Sparmaßnahmen eine goldene Nase verdienen wollten.
Zitat:
„In allen Varianten ergibt sich eine negative Nettoveränderung, d. h. es kommt in jedem Falle bezogen auf die Stadt Leipzig zu einer Ergebnisverschlechterung bei den LVB, wenn vom Landkreis Leipzig die Straßenbahnleistung nach Markkleeberg abbestellt wird.“

Letzteres passt ja dann wohl nicht ganz.

Im Ganzen betrachtet mal wieder eine Luftblase mehr zum Schaden vieler denn zum Nutzen einiger.

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