Eigentlich hatten es sich die deutschen Verkehrsminister 2014 etwas anders gedacht, als sie den "Kieler Schlüssel" erfunden haben: Er sollte bei deutlich höheren Bundeszuweisungen für die regionalen Zugverkehre inkraft treten und vor allem den bevölkerungsreichen Bundesländern helfen, die Kapazitäten auszubauen. Doch am 24. September verkaufte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den Ländern den "Kieler Schlüssel" zusammen mit deutlich weniger Geld. Auch ein sächsisches Problem.

Im Rahmen der Verhandlungen über ein Asylpaket hat der Bundesfinanzminister Schäuble kurz vor Toresschluss noch schnell die Neuregelung der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV in das Paket mit aufgenommen. Nach Auskunft des Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow, erfolgte dieses waghalsige Unterfangen mit der Begründung, dass „Asylsuchende auch Bahn fahren“ würden.

Das Ergebenis aber ist ein Schock für alle ostdeutschen Bundesländer, die mit dem “Kieler Schlüssel” stark benachteiligt werden. Mal abgesehen davon, dass die Neuregelung weit hinter den von den Ländern gestellten Forderungen zurück bleibt.

Am heutigen Donnerstag, 8. Oktober, haben die Verkehrsminister der Länder noch die Chance, das Debakel zu verhindern, das die östlichen Bundesländer binnen weniger Jahre mit der Finanzierung des regionalen Zugverkehrs überfordern würde.

Am Mittwoch meldete sich dazu Antje Feiks, Landesgeschäftsführerin der sächsischen Linken, zu Wort.

„Auf der morgen beginnenden Tagung der Verkehrsministerkonferenz müssen die Regionalisierungsmittel wieder auf den Tisch. Es kann nicht sein, dass der Bundesfinanzminister eine vollkommen sachfremde und missliebige Entscheidung in das Asylpaket mit einbringt und die Länder damit überrumpelt”, erklärt sie zu dieser einsamen Schäuble-Entscheidung,

Sachsen würde durch die von Wolfgang Schäuble jetzt einfach vorgelegte Lösung bis 2030 tatsächlich rund eine Milliarde Euro an Mitteln für den ÖPNV verlieren. Und zwar im Vergleich mit der aktuell gültigen Finanzierungsvariante.

Nach dem von den Länderverkehrsministern 2014 festgelegten Kieler Schlüssel, der Grundlage für die Verteilung der Regionalisierungsmittel ist, war klar, dass Sachsen mit sinkenden prozentualen Zuschüssen zu rechnen hat. Allerdings war dieser unter der Maßgabe verhandelt worden, dass mindestens 8,5 Milliarden Euro jährlich bei einer Dynamisierung von 2 Prozent vom Bund ausgereicht werden. Damit wären die Zuschüsse für das Land zumindest stabil geblieben. Durch die jetzige Regelung – nur noch 8 Milliarden Euro und 1,8 Prozent Dynamisierung – wird den Verkehrsverbünden im Freistaat auf Dauer Mittel entzogen, um Strecken im ÖPNV bestellen zu können.

“Die Folge ist absehbar”, stellt Feiks fest. “Weitere Streckenstreichungen, ein weiterer Abbau des ÖPNVs gerade im ländlichen Raum. Einen solchen Einschnitt auch noch im Asylpaket zu verstecken, ist nebenbei gesagt eine schändliche Form der Stimmungsmache gegen Geflüchtete. Es bestätigt nur all jene, die sowieso immer behaupten ‚diese Asylsuchenden nehmen uns irgendwas weg‘. Dem Finanzminister muss klar sein, auf wessen Rücken er hier ohne Not den Rotstift ansetzt. Die Staatsregierung ist aufgefordert, alles zu unternehmen, um diesen Milliardenverlust für Sachsen zu verhindern. Klar ist aber auch: Dieses Asylpaket verdient grundsätzlich keine Zustimmung!“

Nun aber ist es an Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig, in der Konferenz seiner Amtstkollegen eine Änderung der Berechnungsgrundlage zu erwirken. Denn selbst eine langjährige Stagnation der Regionalisierungsmittel kann sich Sachsen nicht leisten. Erst recht nicht, wenn wirklich die Netze und Angebote modernisiert werden sollen wie mit dem Mitteldeutschen S-Bahn-Netz. Ganz zu schweigen davon, dass die regionalen Zugverkehre ein Rückgrat des sächsischen Wachstums in den nächsten Jahren bilden werden.

Auch für Sachsens Verkehrsminister steht die  Revision der Regionalisierungsmittel auf der Tagesordnung
Auch der verantwortliche Minister hat sich jetzt positioniert: Verkehrsminister Martin Dulig will auf der heute in Worms beginnenden Verkehrsministerkonferenz gemeinsam mit den Verkehrsministern von Sachsen-Anhalt und Brandenburg das Thema Revision der Regionalisierungsmittel auf die Tagesordnung bringen, um Verbesserungen für Sachsen zu erzielen.

“Die Vereinbarung der Ministerpräsidenten zu den Regionalisierungsmitteln hat unsere Erwartungen nicht erfüllt. Insbesondere der gefundene Kompromiss der bundesweiten Mittelverteilung über den Kieler Schlüssel, wird uns mittelfristig vor Probleme stellen. Es wird damit perspektivisch – gemessen an der Inflationsrate – weniger Bundesmittel für die Ostländer geben. Wir werden daher gemeinsam versuchen, mehr Geld für den Osten rauszuholen, damit wir beim ÖPNV in Sachsen keine Abstriche machen müssen“, so Martin Dulig.

Das Ergebnis der Verhandlung der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin von Ende September wird bei den strategischen und infrastrukturellen Planungen für den ÖPNV im Freistaat eine Rolle spielen. Die Regionalisierungsmittel werden 2016 zwar auf 8 Milliarden Euro ansteigen. Sachsen wird damit in den kommenden beiden Jahren mehr Geld als ursprünglich geplant erhalten. Allerdings fällt die Dynamisierungsrate mit 1,8 Prozent pro Jahr zu gering aus und liegt damit unter den Erwartungen, was ab 2018 zu heftigen Einbußen bei den Zuweisungen führen wird.

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