Es war schon spät, kurz vor 22 Uhr, als im Leipziger Stadtrat am Mittwoch dann endlich die Entscheidung zur Linie 9 zur Diskussion und Abstimmung kam. Und sie ging so aus, wie es Viele befürchtet hatten: Die Vorlage der Verwaltung kam durch, ab 28. November fährt die Linie 9 nicht mehr nach Markkleeberg.
Selten war eine Entscheidung für die Stadträte derart undurchsichtig. Nicht nur Stadträte von Linken, SPD und Piraten kritisierten den kompletten Zahlenwirrwarr um die Straßenbahnstrecke. Auch die Grünen zeigten sich zerrissen. Der Zeitdruck war deutlich. Denn mit ihren Entscheidungen haben der Stadtrat in Markkleeberg und der Kreistag in Borna im Juli schon Nägel mit Köpfen gemacht. Dort hatte man emsig diskutiert über das künftige Verkehrskonzept in Markkleeberg. Laut genug eigentlich, dass auch die Leipziger Verantwortlichen hätten mitbekommen können, was da diskutiert wurde.
Doch die Leipziger Entscheider haben das Thema komplett verschlafen.
Das benannte Norman Volger, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, am Mittwochabend denn auch beim Namen: “Optimal wäre gewesen, wir alle, LVB, Stadtverwaltung, Stadträte, Verkehrs- und Umweltverbände und Bürger hätten sich vor eineinhalb Jahren an der Diskussion mit dem Landkreis zur Integration der Linie 9 in das Markkleeberger Stadtbusnetz beteiligt. Haben wir aber nicht. Wir Alle haben kollektiv geschlafen.”
Das klingt wie “Asche aufs Haupt”.
Aber Fakt ist: Niemand kann einer zuständigen Verwaltung die Verantwortung abnehmen, bei solchen Themen aktiv zu werden. Erst recht, wenn der Stadtrat das ganze Jahr 2014 lang über fast nichts anderes diskutiert als über “Modal Split” und den neuen STEP Verkehr. 2011 hatten die Leipziger Verkehrsbetriebe vollmundig ihr Konzept “Fokus 25” vorgelegt. Da hatte man ebenfalls mit breiter Brust verkündet, man wolle 25 Prozent aller Wege der Leipziger absichern. Da passt der Ersatz einer Straßenbahnlinie durch einen Bus nicht wirklich.
Selbst Grünen-Stadtrat Daniel von der Heide stellte in seiner Rede fest, dass die verspätet vorgelegte Vorlage der Verwaltung eigentlich nicht diskussionsfähig war: “Die Verwaltung macht es uns eigentlich einfach, die Vorlage heute abzulehnen. Neben dem Ärgernis, dass die Vorlage überhaupt erst heute und damit sehr spät zur Abstimmung kommt, meine ich damit Detailfragen, wie z. B. dass der Fahrgastrückgang der Linie 9 zwischen Connewitz Kreuz und Markkleeberg West nicht 25 % beträgt, sondern 18 % und dass hier eine Zahl aus der Statistik genommen wurde, die am besten zur Argumentation und, wenn man so will, dem Ziel der Vorlage passt. Dieses Beispiel ist leider kein Einzelbeispiel und dies erschwert eine sachgerechte Diskussion.”
Doch anders als Volger stimmte er der Verwaltungsvorlage zu, weil er nun hofft, dass in der Diskussion um den neuen Nahverkehrsplan dann vielleicht doch etwas Besseres heraus kommt. “Die Diskussionen über die richtige Weichenstellung im Nahverkehr wird uns auch die nächsten zwei Jahre noch intensiv begleiten. Durchaus auch selbstkritisch hoffe ich, dass alle Beteiligten aus der intensiven Diskussion über die Linie 9 viel gelernt haben in Bezug auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Argumente für die kommenden Diskussionen.”
Ist das nur blauäugig oder ist das Politik? Sechs Stunden zuvor hatte der Antrag der Linksfraktion auf dem Tisch gelegen, den Zuschuss an die LVB von 45 auf 48 Millionen Euro zu erhöhen, um endlich die immer stärkere Belastung der Fahrgäste durch permanente Preissteigerungen zu durchbrechen. Doch mit ihrem Standpunkt war die Verwaltung auch hier dazwischengegrätscht und hat die Erhöhung vertagt. 2016 wird es keine geben, 2017 sei noch zu diskutieren.
Eigentlich ein deutliches Zeichen, dass in Sachen ÖPNV in Leipzigs Verwaltung alles aufs Aussitzen und Vertagen hinausläuft.
Die Grünen setzen ihre Hoffnung auf den neuen Nahverkehrsplan. Und damit begründete denn auch Daniel von der Heide, warum er der Einstellung der Linie 9 nach Markkleeberg zustimmte: “Die Diskussionen über die richtige Weichenstellung im Nahverkehr wird uns auch die nächsten zwei Jahre noch intensiv begleiten. Durchaus auch selbstkritisch hoffe ich, dass alle Beteiligten aus der intensiven Diskussion über die Linie 9 viel gelernt haben in Bezug auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Argumente für die kommenden Diskussionen.”
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Eigentlich müssen wir das ablehnen, Aber wir stimmen dem mal trotzdem zu, weil… Äh… Na, eben darum!
Klasse!