Da kratzten sich am 8. Oktober bei der Informationsveranstaltung zur Zukunft der Straßenbahnlinie 9 in Markkleeberg einige Stadträte am Kopf, reichlich verdutzt darüber, wie da über die Einstellung einer Straßenbahnlinie entschieden wurde, ohne die gewählten Stadträte vorher einzubeziehen. Aber tags zuvor ging es den Stadtbezirksbeiräten in Leipzig-Süd schon genauso.
Sie trafen sich um 17 Uhr im Haus der Demokratie und hatten als wichtigsten Beratungspunkt auf der Tagesordnung: “Änderungen im ÖPNV-Netz der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH, insbesondere im Zusammenhang mit dem Verkehrskonzept Markkleeberg”. Nicht ganz zufällig, aber doch ein bisschen überraschend, denn auch im Stadtbezirksbeirat Süd war die Einstellung der Linie 9 seit 2009 kein Thema mehr gewesen. Auch dort hatte man eigentlich darauf gewartet, dass irgendwann im Lauf der Zeit mal ein Untersuchungsergebnis der LVB und eine Entscheidungsvorlage der Stadtverwaltung auf den Tisch flattert. Es ist aber nichts geschehen.
Und so war man im Juli genauso verblüfft wie die Stadtratsfraktionen, dass der Landkreis Leipzig und die Stadt Markkleeberg einfach schon Nägel mit Köpfen machten und die stadteigene LVB einfach folgte und für Ende November die Einstellung der Straßenbahnlinie auch auf Leipziger Gebiet von Connewitz Kreuz bis Forsthaus Raschwitz bekanntgab und ihren Ersatz durch die verlängerte Buslinie 70.
Da brauchte es nicht mal die ganze Ratlosigkeit, die dann am 8. Oktober in der abendlichen Info-Veranstaltung spürbar wurde, auch wenn die Verwaltungsvorlage gerade frisch formuliert worden war, weil vor allem die turbulente Abstimmung zur Vorlage der Linksfraktion in der Ratsversammlung am 16. September offenkundig gemacht hatte: Da fehlt doch was!
Natürlich fehlte was: Eine Vorlage der Stadt zur Stilllegung des Südastes der Linie 9. Es hat sie schlicht nicht gegeben. Der Antrag der Linken, die Linie 9 auf Leipziger Gebiet zu erhalten, war der erste, der das Thema im Leipziger Stadtrat überhaupt thematisierte.
Deswegen gab es dann auf einmal in erstaunlicher Eile schnell doch noch eine Vorlage der Verwaltung, die das noch einmal festschrieb, was in Markkleeberg schon beschlossen worden war.
Diese Vorlage lag im Stadtbezirksbeirat-Süd dann am 7. Oktober zum ersten Mal auf dem Tisch. Neun von elf Beiratsmitgliedern waren anwesend. Und die Entscheidung war dann kurz, knapp und eindeutig: Man beschloss einen Alternativvorschlag zum Erhalt der Linie 9. Sechs Beiratsmitglieder stimmten dafür, drei dagegen.
Der Wortlaut ist knapp und eindeutig: “Beibehaltung des Status quo der Straßenbahnlinie 9 bis zum Vorliegen des Nahverkehrsplanes“ und dazu als trockene Erklärung des Sachverhalts: “Gem. § 28 (5) der Hauptsatzung der Stadt Leipzig bittet der SBB Süd die Vorlage im Sinne des o. g. Beschlussvorschlages anzupassen.”
Der Abschnitt 5 in § 28 der Hauptsatzung lautet: “Soweit darüber hinaus der Stadtbezirksbeirat von sich aus eine Angelegenheit gemäß Abs. 4 mit einfacher Mehrheit zur wichtigen Angelegenheit erklärt, wird sie zur Anhörung auf die Tagesordnung der Ratsversammlung gesetzt.” In § 4 sind alle eher banalen Möglichkeiten der Stadträte benannt, bei denen sie von sich aus aktiv werden können. Drastische Veränderungen in der ÖPNV-Versorgung gehören nicht dazu.
Aber es steht sowieso nicht zu erwarten, dass die Abstimmung über die Verwaltungsvorlage am 28. Oktober einfach so über die Bühne geht, quasi auf den allerletzten Drücker, denn am 28. November wollen die LVB ja schon die Linie 9 zur Klemmstraße umlenken und mit dem Bus Nr. 70 nach Markkleeberg fahren. Was eigentlich schon ein gewisser Affront gegenüber dem Stadtrat ist, der sich zum Thema noch nicht einmal eine Meinung bilden konnte.
Was am 16. September freilich auch beschlossen wurde, war die Aufforderung an die Verwaltung, endlich einen neuen Nahverkehrsplan zu erarbeiten. Noch gilt der alte, in dem die Linie 9 als Untersuchungsstrecke geführt wird. Und bis der neue Nahverkehrsplan vorliegt, verlangt nun also auch der Stadtbezirksbeirat, dass die Linie 9 weiter nach Markkleeberg fährt. Wobei die Frage offen ist, ob das bis zur Endhaltestelle in Markkleeberg-West überhaupt noch geht, denn schon im Dezember haben die LVB den Rückbau der Gleiskreuzung in der Rathausstraße in Markkleeberg beauftragt.
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Es würde mich nicht wundern, wenn die LVB dann in aller Hast einen Mini-Schienenersatzverkehr zwischen Forsthaus Raschwitz/Markkleeberg Nord/Parkstraße (hier die letztmögliche Wendeschleife vor der bundesweit berühmten Bahnkreuzung) und Markkleeberg-West organisierten. Im Nahverkehrsforum wird schon in dieser Richtung spekuliert.
Wenn die LVB schlau wären (was sie aber nicht sind), könnten sie mit diesem SEV 9 sogar fulminant Werbung machen und z.B. einen bisher kaum erschlossenen Stadtteil (Eulenberg-Siedlung?) gleich mit anbinden, solange es ohne Mehrkurse geht.
Nach dem demokratischen Alptraum, den die Stadtverwaltung zu Leipzig und der OBM gerade abliefern, ist mal ein kurzer Traum erlaubt…