Über die Prager Straße und ihre grausamen Radwege oder das, was dafür herhalten soll, haben wir ja schon berichtet. Die Piste liegt auf der Route eines Lesers, der immer wieder zwischen Probstheida und Connewitz unterwegs ist. Dass er am Völkerschlachtdenkmal um seine Felgen fürchtet, ist nur zu verständlich.
“Die erste ‘Gefahrenstelle’, bzw. ein völlig unangemessener Weg ist der Radweg/Fußgängerweg ab der Kreuzung Richard-Lehmann-Straße/Prager Straße stadtauswärts an der Hecke des Völki entlang. Dort teilen sich RadlerInnen und FußgängerInnen und Baumwurzeln einen nicht mal 1,80m breiten Plattenweg. Nebenan geht die schön asphaltierte zweispurige Straße. Vor mir war eine Familie mit 3 Fahrrädern und ebenso kamen auch FußgängerInnen entgegen. Geht absolut nicht!”
Tatsächlich heißt die “Richard-Lehmann-Straße”, wenn sie auf die Prager Straße trifft, schon An der Tabaksmühle. Das ändert aber nichts am Dilemma, denn auch die Kreuzung An der Tabaksmühle/Richard-Lehmann-Straße ist nicht ohne. Für Radfahrer und Fußgänger ist das Überqueren der Kreuzung, in der in der Regel die Kraftfahrer auf der Straße An der Tabaksmühle überzeugt sind, immerfort die Vorfahrt zu haben, nicht ohne Stress zu schaffen.
Und wenn man auf der Straße An der Tabaksmühle kommend an der Kreuzung geradeaus will, tut man gut daran, die Rechtseinbieger in die Richard-Lehmann-Straße erst mal durchzulassen.
Als Radfahrer braucht man Geduld, auch wenn es geradeaus eben nicht nur zur Zwickauer Straße geht, sondern direkt auf die Arno-Nitzsche-Straße nach Connewitz. Alles hübsch mit Radwegen, die dann freilich in Connewitz immer schmaler werden und an der Bernhard-Göring-Straße zu einem Radfahrstreifen werden, der nach ein paar Metern da endet, wo ziemlich viele Radfahrstreifen in Leipzig enden: unter geparkten Autos.
Aber darum ging es dem Leser nicht. Der möchte eigentlich schon viel früher abbiegen. Nur ist das für Radfahrer irgendwie nicht vorgesehen.
“Nächster, nicht ganz so drastischer Knotenpunkt …vom Völki der Arno-Nitzsche-Straße folgend und kurz nach der ‘Total’-Tankstelle in die Meusdorfer Straße abbiegen wollen … erst mal muss trotz breiter Straße der Radweg benutzt werden und Abbiegen ist dann nicht ‘aus der Bewegung’ möglich, weil unter anderem die Bordsteinkante fast schon Kletterzeug bedarf um da runter bzw. rauf zu kommen. Auch wenn man die Arno-Nitzsche-Straße weiterfährt wird der Radweg weiter in Richtung Connewitzer Kreuz unzumutbar…”
Selbst an einem Wochenende sieht man Radfahrer an der genannten Stelle tatsächlich rätseln, wie sie nun in die Meusdorfer Straße kommen sollen. Die Straße ist auch noch verschwenkt, ganz so, als sei sie nur eine Einbahnstraße, die Fahrzeuge aus der Meusdorfer auf die Arno-Nitzsche-Straße bringen soll. Das ist aber nicht so. Hier können auch Fahrzeuge einbiegen. Die Arno-Nitzsche-Straße ist breit genug. Und die erfahrenen Radfahrer machen es genauso, stellen sich auf die linke Fahrspur und warten, bis der entgegenkommende Verkehr durch ist. Und warten lieber noch ein bisschen länger, weil vor der einbiegenden Meusdorfer auch noch die Haltestelle der Linie 10 ist, was manchmal einen Autopulk auslöst, öfter aber noch diese Schnell-noch-vorbei-Fahrer, denen das Leben von aussteigenden Straßenbahnfahrgästen sowieso egal ist.
Wer auf dem Radweg kommt, kann eigentlich nur die Zufahrt der Erdgastankstelle nutzen, um auf die Fahrbahn zu gelangen, was eigentlich zu spät ist, um noch auf die linke Fahrspur zu kommen. Es ist gehupft wie gesprungen: Auch bei dieser Straße wurde nur Auto gedacht. Und so langsam nähern wir uns dem Ende der Serie mit dem Gefühl, dass der Ausbau des Radnetzes noch viel weiter zurückhängt, als wir bislang befürchtet haben.
Und was sagt der ADFC Leipzig dazu?
Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig
Mit dem gemeinsamen Geh-/Radweg am Völkerschlachtdenkmal/Südfriedhof hat es bald ein Ende. Die Straßenverkehrsbehörde hat dem Widerspruch der Benutzungspflicht zugestimmt. Nun müssen noch die Schilder entfernt werden und das Fahren auf der Fahrbahn wird dann den Normalfall darstellen. Errichtet wurde der Weg dort als klassischer Gehweg. Dass man auf diesem überhaupt den Radverkehr zugelassen bzw. sogar die Benutzung angeordnet hat, ist schon erstaunlich. Übrigens auf Höhe des Südfriedhofes, wo man heute noch durch die gleichnamige Haltestelle bzw. die miserabel abgesenkten Ein-/Ausfahrten fahren muss, ist es auch nicht wesentlich besser. Die Fahrgäste der LVB tun einem an der Haltestelle immer besonders leid, aber noch ist man per Schild gezwungen, durch deren Wartebereich zu fahren.
Vielleicht nutzt man auch die Chance und schafft für den Radverkehr in der Prager Straße vom Johannisplatz bis zur Franzosenallee mal eine durchgehend verständliche und einheitliche Führung – ein Radfahrstreifen böte sich dazu an.
Nun haben wir schon Nummer 31 der Serie und in der Rekapitulation fällt auf, dass zwar immer mal wieder geschrieben stand, dass man sich an Kreuzung XY zum direkten oder indirekten Linksabbiegen einordnen kann.
Das Grundsätzliche scheint allerdings noch gar nicht geschrieben: Wer Abbiegen möchte, ordnet sich entsprechend ein. Es ist dabei völlig egal, ob man auf einem benutzungspflichtigen oder sonstigen Radweg fährt, wer nach links abbiegen möchte, kann sich auch entsprechend auf der Fahrbahn einordnen (Vgl. OLG Hamm 27U2/89; OLG Brandenburg 2 U32/95). Wichtig hierbei ist die Beachtung des nachfolgenden Verkehrs. Wer den Radweg/Radfahrstreifen verlässt, um sich einzuordnen, ist nach § 10 Abs. 1 StVO wartepflichtig (OLG Saarbrücken 4 U59/13).
Wo genau allerdings der richtige Punkt ist, um den benutzungspflichtigen Radweg zu verlassen, ist relativ individuell. Es ist auf jeden Fall vor der durchgezogenen Linie der markierten Aufstellbereiche – denn diese darf nicht überfahren werden. Insbesondere bei Hochbordradwegen (gehweggleich) ist es immer wieder ein Glücksspiel, einen abgesenkten Bord zu finden, der nicht zu früh und auch nicht zu spät liegt.
In der Arno-Nitzsche-Straße können zum Linksabbiegen in die Meusdorfer Straße entweder besagte Absenkung an der Erdgastankstelle oder eine der beiden Absenkungen kurz hinter der Brücke genutzt werden. Je nach Verkehrssituation und eigenem Fahrvermögen, kann die eine oder andere Variante besser geeignet sein. Hier muss man leider auch auf eigene Erfahrungen und Selbstvertrauen bauen.
Dass die Arno-Nitsche-Straße überhaupt einen benutzungspflichtigen Radweg hat, ist auch so ein Relikt. Die Gefährdung der Radfahrenden auf dem Radweg ist aufgrund des schlechten Zustandes und der teils sehr eigenen Führung mindestens so hoch wie auf der Fahrbahn und damit hätte die Benutzungspflicht längst aufgehoben werden müssen. Bei nur 8.000 kfz/24h (Connewitzer Abschnitt) ist man – nebenbei bemerkt – auch in einem Bereich, wo man nach den “Empfehlungen für Radverkehrsanlagen” (ERA 2010) keine Radverkehrsanlagen braucht.
Der Marienbrunner Abschnitt ist weitestgehend vierspurig und hat etwa 12.000 Kfz/24h. Auch hier liegt man in einem Belastungsbereich, wo man nicht unbedingt eine Radverkehrsanlage braucht. Da sie baulich vorhanden sind, sollte man sie allerdings bestehen lassen und nur die Benutzungspflicht abordnen. Und falls man auch mal für Sanierung Geld in die Hand nehmen möchte, könnte man den Hochbordradweg auch wieder Instandsetzen. Denn jeder Radweg – ob benutzungspflichtig oder nicht – muss auch gefahrlos nutzbar sein.
Bei der Gelegenheit darf – da es auch der Weg des Lesers ist – auch der Hinweis auf den eigentlich zu benutzenden Parkweg an der Tabaksmühle südwestlich des 18. Oktober nicht fehlen. So schön es auch sein mag, durch Parks zu fahren, aber was hat man sich an der Stelle gedacht? An ungefähr 100 Tagen im Jahr ist der straßenbegleitende Parkweg überhaupt nicht nutzbar und an den anderen ist die Gefährdungslage auf dem Parkweg mindestens so hoch wie auf der Fahrbahn. Wenn man die Radfahrenden schon auf so einen Weg zwingen möchte, warum macht man ihn nicht attraktiv und asphaltiert diesen in einer angemessenen Breite? Dann könnte man sich allerdings auch die Benutzungspflicht sparen, denn die Erfahrung lehrt: Ist ein Radweg gut nutzbar, wird er auch freiwillig von über 90 % der Radfahrenden befahren – die anderen 10 % würden auch so nie auf Radwegen fahren, egal ob benutzungspflichtig oder nicht.
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