Es gibt Kreisverkehre in Leipzig, die nimmt man als normaler Verkehrsteilnehmer gar nicht wahr. Oder seit geraumer Weile nicht mehr war, weil einem so ein Ding schon vor Jahren suspekt wurde, als man sich mal hin verirrte. Zum Beispiel an den Kreisverkehr an der Straße Am Sportforum im Übergang zur Leutzscher Allee.
“Aus Richtung Leutzsch kommend und nach links Richtung Leutzscher Allee muss man sich als Radfahrer vor dem Kreisverkehr vom Radweg in die Linksabbiegespur einordnen. Dies ist trotz eindeutigen Handzeichens zu 90 Prozent mit Hupen und Abdrängen verbunden. Sicher kann man als Radfahrer auch absteigen und den Fußweg um den Kreisverkehr nutzen, doch als Radfahrer und Verkehrsteilnehmer ist man auch nicht langsamer als ein Auto im Kreisel”, beschreibt ein Leser dieses seltsame Ding, das noch verwirrender ist als die fliegenden Untertassen in “E.T. – Der Außerirdische”.
Denn irgendwann vor Jahren haben es die Leipziger Verkehrsplaner hier fertig gebracht, einen Zwitter zu bauen. Wer auf der Straße Am Sportforum von Leutzsch kommend weiterfährt Richtung Jahnallee, der berührt den Kreisel nicht mal. Die Fahrspur ist gar nicht erst eingebunden worden. Aber wer geradeaus will zur Waldstraße, der muss durch den Kreisel, der irgendwie linksseitig der Straße schwebt. Aber nicht mal als echter Kreisel, denn gebaut ist er eigentlich nur einspurig für den Kfz-Verkehr. Auch von der Jahnallee her kommend kann man eine rechte Abbiegerspur nutzen, ohne durch den Kreisel zu fahren, dasselbe gilt für die Richtung Leutzscher Allee nach Leutzsch. Ein ganz seltsames Konstrukt.
Wer hier nach einer eigenen Spurführung für Radfahrer sucht, findet keine.
Was es gibt – deutlich abgesetzt vom Kfz-Kreisel – sind Ãœbergänge für Fußgänger außerhalb des Kreisels, aber innerhalb der Rechtsabbiegerspuren. Auch für Fußgänger hochgefährlich, denn die Autofahrer, die an der Leutzscher Allee nach rechts aus dem Kreisel ausscheren (und zumeist ein ordentliches Tempo drauf haben), sehen die Fußgänger erst spät. Für Radfahrer ist die Fußgänger-Kreiselei auch nicht gedacht, dazu sind die Borde zu hoch.
Hier hat also jemand versucht, den Kreisel völlig neu zu erfinden und für alle Verkehrsteilnehmer die Lage verschärft. Für Radfahrer besonders, die sich hier einem Gewirr von Unmöglichkeiten ausgesetzt sehen – und keine ist wirklich sinnvoll und sicher. Aber wie wir durch diese Leserzuschrift erfuhren: Es gibt tatsächlich radelnde Zeitgenossen, die sich noch immer in dieses Ungetüm wagen.
Was sagt der ADFC dazu?
Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig
Der Kreisverkehr ist so in seiner Art in Sachsen wohl einmalig und auch bundesweit ist er so nicht oft anzutreffen. Zum Einen, weil Kreisverkehre mit nur drei Zufahrten eher selten sind, zum Anderen, weil die Hauptverkehrsflüsse nicht im eigentlichen Kreisverkehr stattfinden, sondern in den drei rings um den Kreisel angelegten Bypässen – eigentlich ein Unding, denn der Bypass soll die Kapazität erhöhen helfen, nicht aber die Hauptlast tragen.
Vorneweg noch eine Bemerkung: Radfahrstreifen/Schutzstreifen innerhalb der Kreisfahrbahn sind aus Sicherheitsgründen nicht zulässig.
Und warum hupen nun die Autofahrerinnen und -fahrer?
Wer von Osten (Leutzscher Allee) kommt, fährt im Regelfall auf der Fahrbahn. Der gemeinsame Geh-/Radweg endet ca. 100 m vor dem Kreisverkehr und der Radverkehr sollte dann nicht auf dem Gehweg (wenn auch mit Zusatz “Rad frei”) weiterfahren, sondern auf der Fahrbahn. Diese ist hier einspurig und wer nur stur geradeaus fährt, landet im Kreisel. Wer von Süden (Am Sportforum) oder von Westen (Hans-Driesch-Straße) kommt, fährt mit dem Rad auf einem Radfahrstreifen. Wer diesen verlässt, um sich einzuordnen, muss auf den nachfolgenden Verkehr achten und ist nach § 10 Abs. 1 StVO wartepflichtig, weil man von einem anderen Straßenteil in die Fahrbahn einfährt. Auch wenn der alte Radfahrstreifen sehr schmal ist und die Markierung teils kaum noch zu erkennen ist, ist man von diesen Pflichten nicht entbunden. Allerdings ist das Nichtbeachten kein Grund, die Radfahrenden anzuhupen und sie dadurch zu erschrecken, denn das kann u.a. zu Stürzen führen.
Schauen wir uns die Bedeutung der Straßen im qualifizierten Radverkehrsnetz der Stadt Leipzig an, stellen wir fest, dass dort die zweithöchste und die niedrigste Kategorie erreicht werden. D.h. eine innergemeindliche RadHAUPTverbindung (IR III, stadtteilverbindend, Hans-Driesch-Straße – Leutzscher Allee) trifft hier auf eine innergemeindliche Radverkehrsverbindung (IR IV, Am Sportforum, Südabschnitt). Während diese Straßen heute zumindest zügig mit dem Rad zu befahren sind, mangelt es noch an ausreichender Breite der Radverkehrsanlagen. Der Kreisverkehr ist in seiner Ausführung zwar geeignet, viel Verkehr abzuwickeln, erfüllt aber nur bedingt die Anforderungen an attraktives Radfahren. Insbesondere von der Hans-Driesch-Straße in Richtung Leutzscher Allee braucht man zu manchen Zeiten starke Nerven, weil man über 2 Fahrspuren wechseln muss.
Das Notenrad verläuft von der Landauer Brücke bis zum Abzweig Kläranlage Rosental/DHfK Am Sportforum entlang. Bisher war das aus touristischer Sicht nicht attraktiv. Entweder wechselte man direkt an der Landauer Brücke mittels Querungsinsel, dann fährt man allerdings auf der falschen Seite auf dem Gehweg. Oder man fährt regelkonform auf dem Radfahrstreifen in Richtung Kreisverkehr und musste dann ohne Querungshilfe irgendwie über zwei Fahrspuren wechseln. Was mit der Neumarkierung nicht behoben ist: Man muss noch immer ein Stück entgegen der Fahrtrichtung fahren, um den Abzweig zu erreichen oder – wer es mit den Regeln ganz genau nimmt – muss bis vor zum Kreisel, dort wenden und ca. 200 m wieder zurückfahren. An manchen Tagen muss man dann allerdings sehr starke Nerven und viel Zeit mitbringen.
Aus Sicht des Kfz-Verkehrs treffen hier die Nordtangente und die Westtangente des Leipziger Ring-Tangenten-Systems aufeinander. Diese hohe Bedeutung für den Kfz-Verkehr macht die Suche nach Lösungen für diesen Bereich nicht leichter – entbindet die Stadt jedoch nicht davon, auch attraktive Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr zu schaffen. Auch für den Fußverkehr, insbesondere da sich neben den Sportstätten und dem Erholungsgebiet Leipziger Auenwald auch das Verkehrskonzept Sportforum für die Gäste des Stadions auswirkt.
Wie könnten Lösungen aussehen?
Vor wenigen Tagen wurden auf gut 100 m zwischen Kreisverkehr und Landauer Brücke Busparkplätze markiert und der Radfahrstreifen in diesem Abschnitt auf Standardmaß verbreitert. Der westliche Abschnitt Am Sportforum ist in diesem Bereich nun – wie auch die Hans-Driesch-Straße – einspurig. Die Querung in Richtung Abzweig Kläranlage/DHfK ist damit etwas verbessert worden. Leider hat man die Markierung nicht bis kurz vor den Kreisel gezogen – was nicht ist, kann aber noch werden.
Da ein indirektes Abbiegen am Kreisverkehr nicht sinnvoll möglich ist, fehlt der Hinweis “Links abbiegende Radfahrer einordnen”. Damit signalisiert man auch dem Kfz-Verkehr, dass der Radverkehr vermehrt die Spur wechselt – wenngleich mit Spurwechsel durch Radfahrende eigentlich an jeder Kreuzung zu rechnen ist.
Wer den Bypass nutzt, befindet sich auf einer untergeordneten Straße und muss beim Einfahren auf die Hauptstraße Vorfahrt gewähren. Das ist zwar auch so beschildert, es scheint aber so, als würden die Schilder nicht gesehen. Da hinter dem Kreisel wieder Radfahrstreifen markiert sind und diese auch benutzt werden müssen, muss man mit dem Rad dort auch (angstfrei) hingelangen ohne von den Autos aus der Nebenstraße (Bypass) ausgebremst oder gar vom Rad geholt zu werden. Hierzu kann man entweder das Schild “Vorfahrt gewähren” zusätzlich auf die Fahrbahn markieren und/oder den Radfahrstreifen als Furt über die Fahrbahn ziehen.
Was auch dringend notwendig ist: Der Belag der Radfahrstreifen ist in keinem guten Zustand und die Entwässerung ist offensichtlich auch Stunden nach einem Regen mit dem Niederschlag überfordert. Es bilden sich riesige Pfützen auf dem Radfahrstreifen, sodass dieser nicht nutzbar ist.
Es gibt 5 Kommentare
Gute Idee!
Leider wird das bräsige Verkehrsamt auch hier windige Argumente vortragen, um ja keine Ampel hinstellen zu müssen. Am Ende ist die Straße 10cm zu schmal oder fahren zehn Fahrzeuge zu wenig pro Stunde, um sich eine Bedarfsampel analog Kollwitzstraße (dort sinds sogar zwei: entlang Elsterbecken und beim Palmengarten) zu rechtfertigen.
Warum diese Ironie? Ich habe schon ganz dolle Ablehnungs”gründe” betreffs anderer neuralgischer Stellen (u.a. betreffs Westseite des Hbf) lesen dürfen…
Den Kreisel an sich finde ich gar nicht so schlimm, da ich meist nur die Ost-West-Relation in Richtung Westen nutze und dort auf dem Radweg bzw. Fuß-/Radweg ganz gut vorankomme. Ein echtes Ärgernis ist allerdings die sehr frequentierte Fußgänger/Radfahrer-Querung am Elsterflutbett. Für die Naherholung ist diese Querung sehr wichtig, verbindet sie doch den nördlichen Auewald mit dem südlichen. Durch den Kreisverkehr ist es nun so, dass insbesondere in der Hauptverkehrszeit ständig Autos fahren und Fußgänger/Radfahrer es sehr schwer haben, die Straße zu queren. Hier muss unbedingt eine Bedarfsampel her, ähnlich wie bei Käthe-Kollwitz-Straße und Schleußiger Weg. Für die Strecke bis zur Einfahrt Klärwerk/DHfK muss dann in Richtung Osten natürlich auch eine Lösung her, um Fahrer nach Gohlis eine einfache StVO-konforme Querung zu ermöglichen.
Vielen Dank.
Licht an oder Augen auf hilft immer.
Ist denn dieser “Kreisel” überhaupt als Kreisel ausgeschildert (Verkehrszeichen 215)? (bin selten dort in der Ecke)
Der Nicht-Kreisel in der Tauchnitzstraße ist auch so eine Erfindung verwirrter Verkehrsplaner, denn auf dem Bypass wird ebenfalls gebrettert. Der Umbau(??) hat die Gefahrensituation für den Fuß- und Kinderwagenverkehr, der die Einmündung Griegallee zu queren versucht, kaum entschärft.