Da fiel auch unseren Lesern nichts mehr ein zu diesem Hindernisparcours, der mit Bauverzug oder Planungsfehlern eigentlich nicht mehr zu entschuldigen ist: Es geht um die Ostseite des Burgplatzes: "Der Burgplatz mit der Einfahrt Markgrafenstraße (nach Osten) ist eine ebensolche Katastrophe für Radfahrer wie die Wegelösung an MB, Panoramatower oder Augustusplatz."
Das ist das Thema des vor drei Jahren mal versprochenen inneren Radrings für die Innenstadt, der Radfahrern eine sinnvolle Umleitungsroute für die innerstädtischen Fußgängerzonen bieten sollte. Ein wenig hat sich ja auf diesem Parcours getan – zum Beispiel im Westteil der Schillerstraße und an der Platzsituation vor der Petersstraße. Aber wo man eigentlich mit dem Rad oder zu Fuß barrierefrei vom Burgplatz zur Markgrafenstraße kommen könnte, wurde nicht nur als breites Hindernis der Zugang zur Tiefgarage Burgplatz hingesetzt, die Markgrafenstraße ist durch das “Loch am Burgplatz” nun schon seit gefühlten 20 Jahren versperrt.
Da hätte man eigentlich gedacht, die Stadt würde wenigstens versuchen, den Durchgang zwischen dem Tiefgaragenpavillon und dem Gebäude der Deutschen Bank freizuhalten, doch man sieht hier eher Unvernunft am Werk. Die Telekom hat hier noch eines ihrer letzten überlebenden Telefonhäuschen stehen. Aber rechts und links davon hat die Stadt breitbrüstig schöne Fahrradbügel aufgestellt, die zwar einladen, das Rad abzustellen, aber gleichzeitig den Weg zur Markgrafenstraße versperren. Und auf der anderen Seite, wo man in der Regel Fußgängern begegnet, wurden noch Bänke hingestellt – ein Hindernisparcours vom Feinsten, der dann auch noch gesteigert wird durch eine fehlende Abflachung zur Markgrafenstraße. Hier sind weder Radfahrer noch Fußgänger sicher.
Auf anderen Teilen des Burgplatzes übrigens auch nicht. Denn wer hier zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist, der merkt schnell, dass rund um den Platz doch wieder der Kfz-Verkehr Vorfahrt hat. Egal, ob man aus der Lotterstraße kommt und über den Platz zur Burgstraße will, oder ob man vom Burgplatz in die Burgstraße hinein will, wo man nicht nur Lieferfahrzeugen begegnet, sondern auch Leuten, die mit dem Auto schnell mal zur Bank wollen oder zum Schnellimbiss.
Was sagt der ADFC dazu?
Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig
Der Burgplatz. Da fällt nicht nur den Leserinnen und Lesern nicht mehr viel zu ein. Man weiß gar nicht so recht, wo man anfangen soll.
Vielleicht wandern wir erstmal 10, 15, 20 oder noch mehr Jahre in die Geschichte zurück.
Es war einmal ein Investor, wir nennen ihn Amec, der baute zwischen Petersstraße und Burgplatz ein neues Gebäude, den Petersbogen. Mit dem Bau des Petersbogens waren auch Stellplätze für den Kfz-Verkehr zu schaffen. Diese entstanden in einer Tiefgarage bzw. einem unterirdischen Parkhaus. Gleichzeitig entstand ein weiteres Parkhaus unter dem Burgplatz. Dem Petersbogen sollte noch ein weiteres Gebäude zwischen Burgplatz und Petersbogen folgen, dem heutigen Burgplatzloch. Bereits im Januar 2001 ging Amec als neuer Investor damit an die Öffentlichkeit und versprach auch die Schlossgasse 7 – 11 (das ist das Loch) bis hin zum ehemaligen C&A – auch bekannt als Merkurhaus und heute Sitz der LVB-Mobilitätszentrale – zu bebauen bzw. neu zu gestalten. Heike Scheller vom Stadtplanungsamt ließ sich in der LVZ vom 15. Januar 2001 wie folgt zitieren: “Wir gehen davon aus, dass die Endlos-Baugrube an dieser Stelle jetzt in absehbarer Zeit geschlossen wird.”
Bereits das Parkhaus unter dem Burgplatz war jedoch eine schwere Geburt und veranlasste u. a. den Geschäftsführer des Tapirs zu einer humoristischen Aktion am Tag des offenen Denkmals. Die Tiefgaragen Burgplatz, Petersbogen und Burgplatzloch haben ihren gemeinsamen Ausgang übrigens in der Lotterstraße und der ist ob seiner ungünstigen Lage und Bauweise auch schon öfter Diskussionsgegenstand gewesen.
Als man 1999 die Petersstraße neu gestaltete, mit Bäumen (wo sind die eigentlich hin?), Bänken und Bügeln, versah man das Blindenleitsystem in regelmäßigen Abständen mit großen Granitblöcken. Das war dann nicht nur für die Blinden ein Problem und die Granitblöcke wanderten an einen neuen Ort. Jetzt darf man raten wohin. Klar, auf den Burgplatz. Ob die heutigen Granitblöcke dieselben sind oder doch andere, die da im Weg liegen, ist allerdings nicht mehr eindeutig nachweisbar. Unabhängig davon liegen die Granitblöcke allerdings sehr unruhig, da sie bei jeder Gelegenheit verschoben werden. Manchmal mittels Anhängerkupplung von Autofahrenden, die das Parkhaus drunter nicht nutzen wollen. In der wärmeren Zeit sieht man auch Promotionstände – bevorzugt für Autos – und im Advent gastiert gern ein (Spiegelzelt-)Zirkus auf dem Platz.
Der innere Fahrradring, der über die Markgrafenstraße und somit über den Burgplatz verläuft, war ursprünglich vom ADFC als Fahrradstraßenring angeregt und wurde auch so Bestandteil des Handlungskonzepts zur Förderung des Radverkehrs (2002). Ziel sollte es sein, eine attraktive Umfahrung der Innenstadt zu erreichen. Damit sollte auch das Konfliktpotential in den Fußgängerzonen zwischen Radfahrenden und Zufußgehenden möglichst gering gehalten werden.
Erstes Interesse an der Umsetzung kam allerdings nicht nach dem Ratsbeschluss auf und auch nicht im Rahmen der Diskussionen um die Fortschreibung des Konzeptes “autoarme Innenstadt”, sondern erst nach der Änderung der Straßenverkehrsordnung und der entsprechenden Verwaltungsvorschrift (September 2009) durch eine Privatklage im Jahr 2010. Die Mindestgeschwindigkeit auf dem Promenadenring war nicht mehr zulässig und ein Radfahrverbot auch nicht. Also musste die Verwaltung auch zwangsweise eine Alternative in die Diskussion bringen.
Und so wurde – da man auch längst andere Pläne für weite Teile dieses Fahrradstraßenringes hatte – aus dem Fahrradstraßenring ein innerer Fahrradring, der in Teilen durch Fußgängerzonen verläuft. So inkonsistent kann Politik und Verwaltungshandeln sein, zumindest wenn es darum geht, den Radverkehr vom Promenadenring fern zu halten. Ob nun Fahrradring oder Fahrradstraßenring spielt letztlich auch keine Rolle, funktionieren werden sie beide nicht, denn beiden ist gemein, dass sie ganzjährig für den Radverkehr zügig, bequem und sicher nutzbar sein sollen. Und selbst Nutzbarkeit ist teils schon nicht gegeben – da braucht man über die Qualität dann auch nicht mehr fabulieren. Man wird perspektivisch nicht umhin kommen, den Promenadenring selbst auch für den Radverkehr attraktiv zu gestalten.
Wie könnten Lösungen aussehen?
Wer unbedingt zum oder über den Burgplatz möchte, fährt am besten über die Hugo-Licht-Straße. Das ist zwar ein kleiner Umweg, aber zeitlich nimmt sich das nichts und sicherer ist es auch.
Wenn dann irgendwann mal das Burgplatzloch geschlossen wird, dann dürfte sich die Situation deutlich entspannen. Einen neuen Investor gibt es bereits.
Es gibt 2 Kommentare
Weiß jemand, dass der Burgplatz sogar als “Spielstraße” (korrekt: Verkehrsberuhigter Bereich) mit dem Verkehrszeichen 325.1 beschildert ist? Autofahrer müssen Schrittgeschwindigkeit(!) fahren. Merkt man nix davon. Verkehrspolizei? Merkt man nix davon.
Und vor Jahren hat sich ein LVZ-Redakteur in einer Glosse aufgeregt, dass ihm ein Radfahrer vor die Haube geraten sein. Aha, der Herr LVZ-Redakteur waren wohl auch zu schnell wie die anderen und haben dann aber die Chuzpe, sich öffentlich zu beschweren.
Es gibt übrigens auch noch ein bestimmtes Stadtratsmitglied, dessen Handeln von blinder Abneigung gegen Radfahrer geprägt ist und gerne das laute Wort hält.
Eigentlich ist trotz der beschriebenen Widrigkeiten der Burgplatz für Radfahrer im Vergleich zu dem sonstigen Grauen in der Innenstadt noch ganz okay. Durch die Granitsteine hat man in der Innenfläche wenigstens auf ca. 25 Metern Ruhe vor den Autofahrern und kann ungestört erstmal zu diesen Telefonzellen radeln. Auf dem Straßenstück bis zum Merkurhaus lauern dann wieder neue verpeilte Autofahrer, insbesondere Taxifahrer, die ganz merk- und rücksichtsbefreit gemütlich die große Wende in 1 Zug machen, um sich an das Ende der Taxischlange stellen, um auf Kundschaft zu warten, zu der nicht zu gehören ich mir aufgrund des verkehrsmaximalunvorbildlichen Verhaltens der Leipziger Taxifahrer regelmäßig größte Mühe gebe.
Falls jemand meint, ich sei Autohasser, liegt er komplett falsch. Ich bin schon in anderen Großstädten jahrelang geradelt und habe Autofahrer als Partner empfunden (sie mich offensichtlich auch, bin kein Kampfradler).
Meine gegenwärtige Abneigung gegen Autoverkehr hat sich erst hier in Leipzig seit 15 Jahren entwickelt. Ich bin sehr für ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Auto- und Radfahrern, aber was hier seit knapp 20 Jahren verkehrspolitisch und beim Leipziger Fahrstil der Autofahrer abgeht, ist einfach nur noch Panne.
Den Burgplatz sehe ich als großes Problem für die Stadt-Radfahrer.
Um die Fußgängerzonen zu meiden gibt es nicht wirklich gute Wege für Zweiradfahrer; aus dem Osten kommend nutzt man meist die Route Augustusplatz, Schillerstraße, Burgplatz – dort werden dem Radfahrer fast das ganze Jahr über Steine in den Weg gelegt: seien es Werbeveranstaltungen, Spiegelzelt oder Baustellen; zumeist dienen noch Kabel oder andere Dinge auf dem ohnehin schmalen Durchgang als Hindernis!
Als Radfahrer wird man regelrecht gestraft – hier besteht seit Jahren akuter Handlungsbedarf!