Auch der Stannebeinplatz in Schönefeld ist ein schönes Beispiel für verkehrsorganisatorische Unübersichtlichkeit. Wer mit dem Rad von der Rohrteichstraße zum Stannebeinplatz kommt, erlebt mal wieder einen Radweg, der fröhlich an der Schönefelder Allee endet. Also wieder in den Kfz-Verkehr einfädeln, damit man die Freude hat, an der Kreuzung Gorkistraße / Waldbaurstraße in ein Hupen, Drängen und Ignorieren zu geraten.

Ein L-IZ-Leser aus Schönefeld erlebt die Kreuzung regelmäßig auf der Tour Hermann-Liebmann-Straße Richtung Gorkistraße. “Ich fahre von Schönefeld aus über den Stannebeinplatz/Hermann-Liebmann-Brücke mehrmals in der Woche in Richtung Stadtzentrum, und wieder zurück. Direkt am Stannebeinplatz gibt es, aus meiner Erfahrung heraus, zwei kritische Punkte für den normalen Fahrradfahrer – an denen man Angst haben muss, übersehen zu werden”, schreibt er. “Ich habe einige Zusammenstöße mit Autos nur dadurch verhindern können, dass ich das ‘Übersehen-werden’ durch den Autofahrer fest eingerechnet habe. Ich fahre meistens nur nach Blickkontakt mit dem Autofahrer, um mich zu vergewissern, dass er mich als Fahrradfahrer wahrgenommen hat.”

Die erste Gefahrenstelle gibt es gleich beim Einfahren von der Gorkistraße in den Platz. Die Straßenbahnen und Busse haben hier eine recht wichtige Umsteigeinsel. Und die Waldbaurstraße war – bis jemand die Schnapsidee hatte, hier einen Supermarkt hinzubauen mit einer Menge Parkplätzen davor- eine stille Anliegerstraße. Doch seit der Markt da ist, machen es die meisten Schönefelder wie die meisten Leipziger: Sie fahren mit ihrem Auto hin, weil ihnen zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren zu lange dauert.

Ergebnis ist eine Kreuzung, die an Unübersichtlichkeit ihresgleichen sucht. Beim Abbiegen der Autofahrer in die Rohrteichstraße geht es los.

“Man fährt mit dem Fahrrad von der Gorkistraße aus Richtung Stannebeinplatz. Die Autos stehen zwar an einem Stoppschild, konzentrieren sich aber öfters nur auf den Verkehr kommend von rechts, da die Einfahrt der kreuzenden Straße für Autos nur in eine Richtung geöffnet ist (ÖPNV und Fahrräder dürfen jedoch fahren!). Das heißt im praktischen Ablauf ist es so: der Autofahrer schaut kurz ob von links ein Bus bzw. eine Bahn kommt, fokussiert sich dann aber auf den Verkehr von der rechten Seite – da von dieser Seite mehr Verkehr zu erwarten ist. Danach folgt vor dem Einbiegen auf die Gorkistraße von manchem Autofahrer nur noch ein flüchtiger Blick nach Links, bei dem man als Fahrradfahrer in Gefahr läuft übersehen zu werden. Allein im letzten Jahr wurde mir als Fahrradfahrer dadurch viermal die Vorfahrt genommen.”

Und wenn unser Leser dann von der Hermann-Liebmann-Brücke aus Richtung Gorkistraße will, begegnet er den Einkaufsfahrern: “Man kommt mit dem Fahrrad die Hermann-Liebmann-Brücke herunter, und biegt rechts rein auf den Stannebeinplatz. Durch das Bergabrollen kommt man mit dem Fahrrad in einem ordentlichen Tempo auf die schon oben beschriebene Kreuzung – diesmal nur in Richtung Schönefeld. – Der praktische Ablauf: Man kommt mit dem Fahrrad und etwas höherer Geschwindigkeit an die Kreuzung, wird aber manchmal von geradeaus fahrenden Autos aus Richtung (Rohrteichstraße) in Richtung Waldbaurstraße übersehen. Ich erkläre mir das so, dass es vor allem dann passiert, wenn der Autofahrer DANN nach rechts schaut, wenn man sich mit dem Fahrrad gerade auf dem Fahrradweg HINTER dem LVB-Wartehäuschen befindet. Am Blick des Autofahrers, welcher mir die Vorfahrt genommen hat, konnte ich ablesen, dass er sichtlich überrascht gewesen ist, auf ein Fahrrad zu treffen.  Hier ist es mir bisher zweimal passiert…”

Und was sagt der ADFC dazu?

Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig

Der Stannebeinplatz gehört sicherlich zu den Highlights dieser Serie. Und gleich vorneweg: Eine praktikable Lösung wird es hier nicht geben, sondern nur eine vertiefte Beschreibung des Problems und Denk-/Diskussionsansätze.

Mit dem Neubau der Hermann-Liebmann-Brücke hat man sich entschieden den Rad- und Fußverkehr separat zu führen. Aufgrund der beengten Verhältnisse und der Höhe der Brücke ergibt sich am Stannebeinplatz eine äußerst ungünstige Ausgangslage. Wer nicht bremst, erreicht durch das Gefälle problemlos 30 km/h und mehr, gelangt aber in eine unübersichtliche Situation, denn man kann schlecht um die Ecke schauen.

Gleichzeitig engt sich der schon schmale Gehweg ein, es gibt Geschäfte – und nicht selten parken auch noch Autos direkt auf dem Radweg in der abschüssigen Kurve. Fährt die Straßenbahn/der Bus ein, laufen die Fahrgäste auf dem Radweg, der hinter der Haltestelle verläuft – die Sichtbeziehungen sind entsprechend durch die Haltestelleneinrichtungen eingeschränkt.

Hat man die Haltestelle passiert, kommt das nächste Problem: enger Gehweg, Überführung des Radweges in die Fahrbahn, Kreuzen des Gleisdreiecks – welches in den Sommerferien für die Straßenbahn zum Wenden intensiv genutzt wurde – und Lieferfahrzeuge, die es nicht bis auf den Parkplatz 20 m weiter schaffen.

Und wer von der Hermann-Liebmann-Brücke in Richtung Mariannenpark möchte, vergewissert sich entweder sehr, sehr aktiv, ob die rechts abbiegenden Autos auch wirklich den Vorrang gewähren oder fährt bereits vor der Brücke auf die Fahrbahn und bleibt damit im Sichtfeld des Kfz-Verkehrs. Da der Radweg eher selten gereinigt wird, erspart man sich auf diese Weise auch den Scherbenparcour.

Wenn man von der Gorkistraße kommt, ist es etwas entspannter, aber nicht wesentlich besser, zumindest wenn man nicht auf den Gehweg mit Zusatz “Rad frei” wechselt, sondern unten bleibt. Dann erspart man sich den Konflikt mit den Fahrgästen, hat aber ein neues Problem: Der Wechsel auf den Radweg in Richtung Volkmarsdorf/Neustadt ist nicht möglich, weil der abgesenkte Bord nördlich liegt und eine Mittelinsel die Fahrbeziehungen vorgibt.

Wenn man vom Mariannenpark kommt, ist es nicht so leicht in Richtung Schönefeld bzw. in Richtung Volkmarsdorf/Neustadt zu fahren. Entweder nimmt man die Fußgängerfurt und landet dann zwangsweise auf dem Gehweg oder man stellt sich auf die Fahrbahn und muss sich mit den anderen Verkehrsteilnehmenden arrangieren. Letzteres ist nicht ganz so einfach, denn es gibt einen dynamischen Rechtsabbiegepfeil und man muss deshalb eine vollständige Fahrspur überqueren.

Wer von der Rohrteichstraße kommt, fährt auf einem Radfahrstreifen.

Dieser wird jedoch nicht über den Stannebeinplatz fortgeführt. Da auf Plätzen in Leipzig grundsätzlich mit dem Rad gefahren werden darf, könnte man auf diesen wechseln, wenn man sich die gemeinsame Fahrt mit dem Kfz-Verkehr nicht zutraut. Allerdings ist das an der Stelle nicht ratsam, denn nach wenigen Metern kommt eine Querstraße, die ein neues Konfliktpotential in sich trägt und Fußverkehr findet auf dem schmalen befestigten Weg auch statt.

Man merkt, die Gemengelage ist nicht ohne, aber an umsetzbaren Lösungen mangelt es bisher. Klar könnte man das alles auch komplett umbauen und die Probleme beheben, aber dann wäre der Platz wesentlich weniger grün und die Verweilfläche deutlich kleiner – andererseits wird die Wiese in der Mitte des Platzes nur von Hunden betreten und das wiederum hat seine Gründe in der Nutzung, die auch mit der Gestaltung zusammenhängt.

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