Manche Straßen meidet man schon instinktiv, weil sie irgendwie schon seltsam aussehen. Da braucht es dann schon den Hinweis eines Lesers, der regelmäßig durch Eutritzsch muss, dass an der Theresienstraße irgendetwas nicht stimmen kann. An der Kreuzung Theresienstraße/Delitzscher Straße geht es los.

“An dieser Stelle gibt es in Richtung Westen auf der Blochmannstraße keinen richtigen Platz für Autofahrer in beide Richtungen, Radfahrer und auch noch den ruhenden Verkehr. Doch selbst, wenn man von der Delitzscher Straße kommend in Richtung Westen abbiegen will, wird es nervig, weil man dann zwei Ampeln beachten muss. In Richtung Osten macht es auch nur selten Spaß. Wenn man dann die Theresienstraße einmal erreicht hat, ist dann der Radweg unter der Eisenbahnunterführung unterbrochen. Als Lösung würde ich mir eine Radverkehrsführung über den kleinen Park und die Erlenstraße mit einer entsprechenden Querung über die Stadtbahntrasse wünschen.”

Dumm nur, dass die Straßenbahn in diesem Teil der Delitzscher Straße auf separierten Gleisen fährt. Man kommt hier mit dem Fahrrad einfach nicht rüber.

Offiziell ist die Route wohl wirklich über die Blochmannstraße gedacht. Aber dann beschaut man sich die Situation für Radfahrer, die über die Kreuzung wollen, und sieht das Erzählte bestätigt. Wer geradeaus von der Theresienstraße in die Blochmannstraße will, muss sich in den Kfz-Verkehr einfädeln, Platz, neben den Kfz zu stehen oder zu fahren, gibt es hier aber nicht.

Dafür leuchtet neben der Fahrspur extra ein Stück Radstreifen für Radler, die nach links in die Delitzscher einfahren wollen, um zum Chausseehaus zu kommen. Ein ganz erstaunliches Prachtstück, das mitten auf der Fahrbahn beginnt und dann in Handtuchbreite am Fußgängerüberweg ankommt. Wer hier als Radfahrer zwischen wartenden Kraftfahrzeugen landet, darf nicht wackeln und Platzangst sowieso nicht haben.

Aber wenn man auf diese Asphaltkunst erst einmal aufmerksam geworden ist, sucht man natürlich auch den vom Leser erwähnten Radweg unter der nahen Eisenbahnunterführung. Tatsächlich beginnt er erst unter der Unterführung – übrigens auf beiden Seiten der Straße. Mittlerweile aber ist er auch recht abgefahren, als hätten die Verkehrsplaner selbst den Glauben an einen separaten Radstreifen in der Theresienstraße verloren. Oder sind über die Auflösung verzweifelt, wie man nun für Radfahrer an der Kreuzung eine sinnvolle Auflösung schaffen kann.

Die markierten (und zu schmalen) Radfahrstreifen beginnen und enden ganz unverhofft unter der Eisenbahnüberführung. Foto: Ralf Julke
Die markierten (und zu schmalen) Radfahrstreifen beginnen und enden ganz unverhofft unter der Eisenbahnüberführung. Foto: Ralf Julke

Übrigens nicht nur an der Kreuzung mit der Delitzscher Straße. Dasselbe Phänomen erlebt man vor der Kreuzung der Theresienstraße mit der Wittenberger Straße: der Radweg hört einfach auf, zieht sich traumatisiert an den Straßenrand zurück. Aber eine irgendwie sinnvoll geartete Fortsetzung gibt es nicht. Der Radfahrer muss sich in die Schlange der Kfz einreihen, die an der Kreuzung geradeaus fahren wollen. Selbst wenn er rechts abbiegen will, kann er das nicht tun: Vorn verstellen die Kfz die Fahrspur, rechts hindert der Bordstein das Ausweichen auf den Fußweg.

Die rechtsabbiegende Radspur beginnt erst vorn an der Ampel, wo sich die Autos stauen.

Und wenn man selbst geradeaus will, macht man noch eine weitere neue Erfahrung mit den Leipziger Asphaltmalern: War der traurige Radweg in der Theresienstraße schon recht schmal, so halbiert er sich auf der anderen Seite und man fährt bis zur Hamburger Straße quasi auf einem roten Handtuch, das im Diätwettbewerb jeder Frauenzeitschrift locker den Schlankheitspreis gewinnen würde.

Was sagt der ADFC dazu?

Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig

Im qualifizierten Netz für den Radverkehr sind die Blochmannstraße und die Theresienstraße mit dem Status “Stadtteilerschließung” versehen – sie haben also für den Radverkehr eine Bedeutung, wenn auch keine sehr große.

Die Blochmannstraße kann man heute schon gut befahren, daher hat sie der Leser wahrscheinlich nicht erwähnt. Kleinigkeiten werden hier perspektivisch sicherlich auch noch angegangen werden müssen.

Die Markierungen in der Theresienstraße hingegen stellen Radfahrende vor große Herausforderungen. Einerseits verlangt der Gesetzgeber einen Sicherheitsabstand zu parkenden Autos bzw. zum Bord (mindestens 0,8 m – 1,2 m) andererseits sind die Radfahrstreifen so schmal, dass selbst ein durchschnittliches Fahrrad (Breite 0,8 m) kaum auf den Radfahrstreifen passt. Wer hier etwas wackelt, fährt bereits auf dem Breitstrich – der eigentlich nicht befahren werden darf – vorausgesetzt der Mindestabstand zum Bord/parkenden Auto wurde ignoriert. Faktisch muss man festhalten, dass regelkonformes Radfahren auf den Radfahrstreifen der Theresienstraße nicht möglich ist. Entweder orientiert man sich am Breitstrich und versucht, auf diesem zu fahren oder man nutzt diesen als Begrenzung nach rechts und fährt leicht links daneben.

Es ist in diesem Kontext sicherlich nicht das Schlimmste, dass die Markierung in Teilen nicht mehr erkennbar ist. Auf diese Weise bietet sich die Chance, die Markierung bei der Erneuerung vorschriftsmäßig auszuführen, dann kann man darauf auch regelkonform Rad fahren. Der Gehweg ist und bleibt hingegen für den Radverkehr tabu. Dieser ist für Fußverkehr bestimmt und nicht für Fahrverkehr.

Und der Weg durch den Park von der Theresienstraße zur Erlenstraße/Blochmannstraße scheitert nicht nur am Übergang über die Gleise. Es gibt auch keinen direkten Weg durch den Park in Richtung Erlenstraße. Dort, wo der Übergang im Park wäre, stehen heute große Bäume und hat sich auch eine kleine Hecke entwickelt. Der Weg durch den Park mündet kurz vor der Brücke auf den Gehweg/Radweg, was zur Erreichung der Erlenstraße deutlich zu umwegig wäre. Angesichts dessen, dass dafür ein größerer Umbau der Wege im Park und der Fahrbahnen auf der Delitzscher Straße notwendig wäre (die Flächen für den Z-Übergang sind ohne Umbau nicht vorhanden) stehen die Chancen auf eine Realisierung in den nächsten 20 Jahren sehr schlecht.

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Auch crazy ist die Ampelregelung von Delitzscher Str / Ecke Theresienstr Richtung stadtauswärts. Es gibt dort eine Fahrradampel, die rot ist während der Autoverkehr in gleicher Richtung grün hat. Das soll wahrscheinlich die Radfahrer vor rechts abbiegenden Autos schützen. In der Praxis führt es zu längeren Ampelphasen, verunsicherten Autofahrern (sie haben Angst, dass die Radfahrer trotzdem fahren) und Gehwegbenutzung durch rechts abbiegende Fahrradfahrer mit stellenweise waghalsiger Wiedereinfädelung in den laufenden Verkehr nach der Kreuzung. Ich musste dort jahrelang jeden Tag lang fahren. Die anderen Punkte kann ich ebenfalls bestätigen. Die Radspur in der Mitte der Straße führt auch dazu, dass man von Autos geschnitten wird, die einen kurz vor der Kreuzung überholen wollen um dann auf die Rechtsabiegerspur zu gelangen.

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