Fahrradfahrer, die die Karl-Liebknecht-Straße auf einer West-Ost-Verbindung überqueren wollen, haben es richtig schwer. Klar, einen Fahrradweg haben sie, aber der gehört ihnen nicht allein. Na ja, eigentlich schon, aber weil trotz Halteverbots wild auf dem Fahrradweg jenseits der KarLi geparkt wird, ziehen Radler hier den Kürzeren.
Es ist eigentlich egal, ob man bei dem Problem auf die Richard-Lehmann- oder die Kurt-Eisner-Straße schaut, die Situation ist gleich. Atmen Radfahrer bis zur Kreuzung mit der Karl-Liebknecht-Straße eine gewisse Freiheit, bekommen sie nach der Überquerung Schweißperlen auf der Stirn. Nein, diese Kreuzungen zu passieren ist und macht kein Spaß, denn über kurz (meistens) oder lang (vor allem Kurt-Eisner-Straße) steht ein Auto halb auf dem Fußweg und halb auf dem Fahrweg, obwohl dort eigentlich Halteverbot herrscht.
Besonders diffizil ist die Verkehrssituation auf der Richard-Lehmann, wo Fahrradfahrer direkt nach der Überquerung durch häufig und nicht selten in Mehrzahl haltende Autos gezwungen werden, sich irgendwie in den fahrenden, doppelspurigen Verkehr einzuordnen. Das stößt bei den Autofahrern auf wenig Gegenliebe, ja, nicht selten wird auch gehupt und gedrängelt. Die Spuren sind auch für Autofahrer nicht endlos groß. Und wenn dann auch noch die „Fahrertüren der Falschparker aufgehen“, wie unser Leser Dietmar Sch. berichtet, wird es besonders haarig.
Eigentlich gehören parkende Autos hier auf den Mittelstreifen. Aus Autofahrer-Sicht sei allerdings gesagt, dass ein Ein- und Ausparken an dieser Stelle, kurz nach der Beschleunigung aller Fahrzeuge auch viel Mut bedarf. Passt der hinter mir auf? Kann ich überhaupt richtig ausholen, um in eine der engen Lücken – wenn es überhaupt eine gibt – reinzuschnipsen? Die nächsten Parkplätze sind erst in der Bernhard-Göring-Straße – wenn man Glück hat. Die Gemengelage benachteiligt beide Verkehrsteilnehmer, den Zonk und die Angst haben aber nur die Radfahrer.
Auf der Kurt-Eisner-Straße verzögert sich das Problem um ein paar Meter, aber auch hier wird die Lust am Fahrradfahren durch automobile Bordsteinschwalben getrübt, deren Fahrer im Copyshop oder im Fitnessstudio weilen.
Was sagt der ADFC dazu?
Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig
Die Richard-Lehmann-Straße ist erst mit dem Umzug der Post zu einem Problemfall geworden. Zuvor war es zwar auch manchmal so, dass auf dem Radfahrstreifen ein Auto hielt, aber das war die Ausnahme. Heute kann man während der Öffnungszeit der Post zu keinem Zeitpunkt auf dem Radfahrstreifen fahren. Für das Problem Kurt-Eisner-Straße ist bereits eine neue Markierung angeordnet. Diese soll mit dem Ende der Bauarbeiten in der KarLi auch umgesetzt werden. Wenn – ja wenn – die Bernhard-Göring-Straße nicht für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet bleibt. Die Kausalität hängt mit der Leistungsfähigkeit der Straße für den Kfz-Verkehr zusammen. Bleibt die Göringstraße geöffnet, bleibt auch die stationäre Ampel und damit kann die neue Markierung nicht aufgebracht werden. Es sei denn, Stadt und LVB trauen sich, den längst überfälligen Beschluss zu fassen, die Arthur-Hoffmann-Straße für den Kfz-Verkehr in beide Richtungen zu öffnen.
Dann kann auch die Göringstraße in die Tempo-30-Zone integriert werden und die Ampel an der Kurt-Eisner-Straße wird nicht benötigt. Die neue Markierung kann aufgebracht werden. Die Entscheidung über die Aufhebung der Einbahnstraßenregelungen Hoffmann- und Göringstraße will man aber erst nach dem Umbau des Straßenzuges Grünewald-/Windmühlenstraße/Bayrischer Platz fällen. Hier hat man sich aber erst mal darauf geeinigt, dass frühestens 2018 oder später gebaut wird. Wahrscheinlich aber erst nach 2020. Diese vielen Abhängigkeiten zeigen, dass schon eine kleine Veränderung einen Rattenschwanz an Aufgaben und Planungen nach sich ziehen. Kein Wunder, dass sich in der Verwaltung kaum jemand traut, mal eine Entscheidung für eine Veränderung zu fällen, denn man muss auch mit dem bisschen Personal und Geld handeln, das man hat, zusätzliches gibt es nicht.
Wie könnten Lösungen aussehen?
Für die Richard-Lehmann-Straße gibt es ein Sicherheitsaudit. Dieses hatte die AG Rad vor gut fünf Jahren eingefordert, nur umgesetzt ist es bis heute nicht. Das beauftragte Planungsbüro hatte den Umbau der südlichen Kreuzung zwischen HTWK (Geutebrückbau) und Post vorgeschlagen. Das Verkehrs- und Tiefbauamt hatte dazu aber andere Vorstellungen und so wurde der Radfahrstreifen vor der Post vom Schild “Radweg” (VZ 237) und damit auch von der Benutzungspflicht befreit sowie das Fahrradpiktogramm entfernt. Faktisch heißt das, dass es dort keinen Radfahrstreifen mehr gibt, denn die elementarsten Kennzeichen eines Radfahrstreifens sind nicht mehr da. Es ist nun nur noch ein Seitenstreifen. Es gibt sogar Rechtsgelehrte die sagen, dieser Streifen darf (theoretisch) nun nicht mehr mit dem Rad befahren, aber auch nicht beparkt werden.
Da die Situation noch immer nicht zufriedenstellend ist, aber ein Umbau offensichtlich nicht gewollt ist, könnte man als Mittelweg mit Markierungen arbeiten. Die Markierung muss die Führung des Radverkehrs genauso berücksichtigen wie das Parken vor der Post, denn jede Lösung, die das Parken nicht berücksichtigt, wird in der Praxis nicht zu regelkonformen Verhalten führen.
Heute gibt es zwei Fahrspuren vor der HTWK sowie einen Radfahrstreifen. Die Fahrspuren unterteilen sich in eine Fahrspur links/geradeaus und in eine rechts/geradeaus. Durch den separaten Gleiskörper in der Karl-Liebknecht-Straße ist es nicht so einfach, auch Fahrbeziehungen zu unterbinden, da diese dann zwangsläufig zu noch größeren Umwegen führen.
Vor der Post kommen demnach auch zwei Fahrspuren sowie der Radfahrstreifen an. Wird das Parken dort ohne bauliche Maßnahmen legalisiert, fällt eine Fahrspur weg. Denn einerseits ist der Radfahrstreifen mit nur 1,85 m schmaler als ein Parkstreifen (und einen Sicherheitstrennstreifen von mindestens 0,5 m braucht es auch), andererseits ist der Gehweg nicht für das Gewicht eines Fahrzeuges gebaut. Man kann heute bereits sehr gut sehen, wie der Gehweg vor der Post durch die Autos ruiniert wurde und wird.
Wenn man nun einen Parkstreifen mit Sicherheitstrennstreifen anlegt, wird dieser an den Fahrbahnrand verlegt – wie bereits in der KarLi, daneben schließen sich der Radfahrstreifen und die Fahrspur an. Traut man sich zu diesem Schritt, sind auch schon die Vorbereitungen für einen barrierearmen Ausbau der Haltestelle getroffen – das steht nämlich auch noch an. Der zuführende Verkehr müsste jedoch so gelenkt werden, dass bereits vor der Post nur noch eine Fahrspur gebraucht wird. Entweder führt man generell nur noch eine zu oder man schafft wie am Beginn der KarLi auf Höhe Kurt-Eisner-Straße einen kurzen Bereich mit zwei Fahrspuren. Aufgrund der Kürze der Strecke ist das allerdings sehr, sehr unwahrscheinlich. Gehen wir also davon aus, dass nur eine Fahrspur zugeführt werden soll, so müssen wir die drei Fahrbeziehungen auf heute zwei Fahrstreifen vor der Kreuzung anders verteilen.
In Richtung Südplatz müssen die Abbiegenden auf den Gegenverkehr achten und stehen deshalb relativ lange auf der Kreuzung und behindern diejenigen, die geradeaus wollen. In Richtung Connewitzer Kreuz fahren nicht so viele, aber diejenigen, die abbiegen, müssen dem Radverkehr und Fußverkehr Vorrang gewähren. Wahrscheinlich würde es am sinnvollsten sein, wenn man den linksabbiegenden Fahrzeugen eine eigene Fahrspur gibt. Diese könnte man sogar getrennt signalisieren und damit eine etwas längere Freigabe geben als heute und gleichzeitig die Kreuzung sicherer machen.
Aber: Egal wie man es löst, es werden letztlich wohl etwas weniger Fahrzeuge die Kreuzung passieren können als heute. Man kann aus der Not aber auch eine Tugend machen und die Freigabe des stadteinwärtigen Kfz-Verkehrs in der Karl-Liebknecht-Straße um wenige Sekunden verringern und dem Querverkehr dafür ein paar Sekunden mehr Zeit geben.
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