Nicht nur in Leipzig ändert sich das Verkehrsverhalten der Bürger. In ganz Sachsen ist unübersehbar, dass die Verkehrszukunft wohl andes aussehen wird. Zwar geht der Autobesitz noch nicht wirklich zurück - was bei der sächsischen ÖPNV-Politik wohl auch nicht zu erwarten ist. Dafür legen sich die Sachsen immer mehr Fahrräder zu, freut sich der ADFC. Vor allem in den Großstädten - Spitzenreiter in Sachen Fahrradbesitz ist Leipzig.

Hier kommen auf 1.000 Einwohner mittlerweile 915 Drahtesel, stellt der ADFC Sachsen fest, nachdem er Zahlen des Statistischen Landesamtes und des Kraftfahrt-Bundesamtes ausgewertet hat. In Dresden liegt der Wert bei 884 Rädern, auf 1.000 Chemnitzer kommen 751 Fahrräder. Innerhalb der letzten fünfzehn Jahre hat der Fahrradbesitz in Dresden und Chemnitz um 75 Prozent zugenommen, in Leipzig sogar um über 85 Prozent.

Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen, führt das auf einen Bewusstseinswandel der Sachsen zurück: “Die Menschen interessieren sich stärker für ihre Gesundheit und wollen dafür auch etwas tun. Immer mehr Menschen bauen aktive Bewegung an der frischen Luft in ihren Alltag ein, etwa auf dem Weg zur Arbeit. Das geht mit dem Fahrrad wunderbar.”

Auch landesweit hat die Zahl der Fahrräder in den letzten Jahren deutlich zugenommen, auf mittlerweile 773 Fahrräder auf 1.000 Haushalte (2013).

Krause fordert angesichts der wachsenden Beliebtheit des Fahrrads ein Umdenken auch bei Verkehrspolitikern in den Kommunen und im Land: “Die Sachsen wollen mehr Radfahren. Der Fahrradboom ist nicht nur ein Phänomen der Großstädte, vielmehr schlummern gerade in den mittelgroßen Städten große Potentiale für den Radverkehr.” Hier werde aber bisher zu wenig gemacht und Sachsen drohe, den Fahrradtrend weitgehend zu verschlafen.

Während immer mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind, scheint – zumindest aus Sicht des ADFC – beim Autoverkehr eine Trendwende einzusetzen. Von der Wende bis zum Jahr 2011 (in Chemnitz bis 2012) wuchs die Zahl der Autos pro 1.000 Einwohner Jahr für Jahr rapide an. Im Gegensatz zum Einwohnerwachstum von Leipzig, Chemnitz und Dresden nimmt der Bestand an Autos seitdem aber deutlich schwächer zu. Die Folge: Die Zahl der Pkw pro 1.000 Einwohner geht in den sächsischen Großstädten zurück. In Chemnitz haben von 1.000 Einwohnern noch 493 ein Auto, in Dresden 401 und in Leipzig gar nur noch 379. Den Höchstand hatte Leipzig 2011 erreicht, als auf 1.000 Einwohner immerhin 392 Autos kamen.

Wichtige Zwischenbemerkung: Der ADFC hat hier für das Jahr 2014 die Zahlen aus den Melderegistern der drei Großstädte verwendet, weil es das Landesamt für Statistik bis heute nicht fertiggebracht hat, eine amtliche Einwohnerzahl für den 31. Dezember 2014 zu ermitteln. Die amtlichen Einwohnerzahlen (die auch der ADFC-Statistik bis 2013 zugrunde liegen) sind deutlich niedriger als die Melderegisterzahlen.

Für Dresden käme man damit 2014 ungefähr auf einen Autobesitz von 404,7 Fahrzeugen auf 1.000 Einwohner, was dann trotzdem weniger wären als noch 2013 (406,5).

Und in Leipzig gäbe es statt der euphorischen 379 Autos auf 1.000 Einwohner noch 384,4. Aber auch das wären weniger als die 390,4 nach den amtlichen Zahlen von 2013. Die Verringerung des Autobesitzes fällt also nicht ganz so stark aus wie vom ADFC berechnet. Aber der Trend ist sichtbar, gerade in Dresden und Leipzig.

Sachsenweit stagniert der Autobesitz derzeit bei 516 Autos auf 1.000 Einwohner. In ländlichen Regionen lässt sich der Alltag ohne Auto praktisch nicht bewerkstelligen.

Die Trendwende geht also deutlicher von den Großstädten aus: Immer mehr Menschen leben ohne ein eigenes Auto und legen ihre Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder in der Freizeit mit dem Rad zurück.

Für den Wandel im Verkehrsverhalten gibt es viele Gründe, erklärt der ADFC. Neben einem gewachsenen Gesundheitsbewusstsein ist das die verblassende Statusbedeutung des Autos und natürlich auch die hohen Kosten, die mit dem Besitz eines Autos einhergehen.

“Die Einstellung zum Auto wird rationaler, und bei einer etwas emotionsloseren Betrachtung des Themas kommt das Fahrrad öfter in die engere Wahl als die sehr ungünstige Mobilität mit dem Auto”, kommentiert Konrad Krause. “Freilich ist hier auch ein zunehmendes Auseinanderfallen von Städten und eher ländlicheren Regionen zu sehen. Der Freistaat ist deshalb umso mehr gefordert, die Mobilitätsbedingungen und die Verkehrssicherheit für Radfahrer zu verbessern, damit mehr Leute auch hier den Umstieg aufs Rad angehen können.”

Und da geht es natürlich ans Eingemachte und an den Einsatz von Geldern. Und besonders fahrradfreundlich war die Verkehrspolitik des Freistaats Sachsen in den letzten Jahren nicht. Der ADFC hält jährlich Investitionen in Höhe von mindestens 5 Euro pro Einwohner für erforderlich, also 20 Millionen Euro pro Jahr für den Radverkehr in Sachsen. Im aktuellen Landeshaushalt stehen für das Jahr 2015 aber nur 13 Millionen Euro zur Verfügung. Damit lässt sich gerade das überörtliche Radwegenetz nicht unbedingt wirkungsvoll ausbauen.

Statistik über Fahrradbesitz in Sachsen.

Statistik zu Autobesitz in Sachsen.

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