So richtig teilt Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) die Sorgen der Grünen nicht, der Öffentliche Personennahverkehr in Sachsen könnte nicht ausreichend finanziert sein. Fünf dicke Fragen hatte Eva Jähnigen, Verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, dem Minister gestellt. Beantwortet hat er eigentlich nur eine.
Auch wenn er – oder doch wahrscheinlich eher einer seiner Sachbearbeiter – sich richtig Mühe gegeben hat, das unter Amtsvorgänger Sven Morlok (FDP) eingeführte Budgetierungsmodell für die sächsischen Zweckverbände zu erläutern. Diese Zweckverbände – fünf Stück gibt es davon – haben die Aufgabe, den schienengebundenen Nahverkehr in ihrem Gebiet zu organisieren. Sie beauftragen Dienstleister wie die Deutsche Bahn oder auch private Anbieter mit der Absicherung von Strecken und Transportkapazitäten. Sie investieren aber auch im Umfeld der Bahnhöfe – wie aktuell der Zweckverband Nahverkehr Leipzig (ZVNL) am Bahnhof Eilenburg. Denn das Ziel ist natürlich nicht nur, regional attraktive Zugverbindungen zu unterhalten, sondern auch das Einsteigen attraktiv zu machen.
Normalerweise sind die Regionalisierungsmittel dafür vorgesehen. Das ist das Geld, das der Bund an die Länder weiterreicht, um den Regionalverkehr in ihrem Hoheitsgebiet zu finanzieren. Das legen die Bundesländer unterschiedlich aus. Einige, wie Bayern, reichen das Geld quasi komplett durch an die Aufgabenträger, andere – wie Sachsen – zwacken davon ein paar Millionen ab, um andere Aufgaben zu finanzieren – zum Beispiel den Schülerverkehr. Dafür zweigt der Freistaat über 50 Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln ab.
Tatsächlich kommen nur 80 Prozent der Gelder bei den Zweckverbänden an, die in den Jahen 2012/2013, als diese Zuweisungskürzungen beonders heftig ausfielen, auch mehrere Zugverbindungen streichen mussten. In Leipzig traf es damals die S1 nach Grünau. Seit vergangenem Jahr steigen die durchgereichten Summen wieder.
Aber schon Anfang März kritisierte Jähnigen, dass der neue Verkehrsminister augenscheinlich genauso weitermachte wie der alte.
Auch deshalb fragte sie den Minister, ob er nun einmal den tatsächlichen Finanzbedarf der fünf Zweckverbände ermittelt habe. Er könne ja doch nicht einfach die Gelder nur nach einem vorgegebenen Budget verteilen, ohne zu wissen, wie hoch die Mehr- oder Minderbedarfe vor Ort eigentlich sind.
Da kommen dann die langen Erklärungen ins Spiel, die sie als Antwort bekommen hat. Die Antwort lässt zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht staunen: “Unabhängig davon wurde gemäß der o.g. Systematik auf die Einbeziehung konkreter Kosten in das Budgetierungsmodell verzichtet, da die Entwicklung eines Verteilungsschlüssels auf Basis der Kosten realistisch nur mit Hilfe eines sogenannten Soll-Kosten-Ansatzes hätte durchgeführt werden können. Darauf wurde aufgrund der enormen Datenerfordernisse und des Mangels an entsprechenden Informationen bewusst verzichtet.”
Da fragt man sich schon: Wie arbeiten die Zweckverbände eigentlich, wenn nicht mit diesen “enormen Datenmengen” und funktionierenden Soll-Kosten-Ansätzen? Geben sie einfach das Geld aus und hoffen, dass am Ende alles stimmt?
Zumindest eine Frage hat der Verkehrsminister dann doch genauer beantwortet: Was bekommen die Zweckverbände nun tatsächlich in diesem und im nächsen Jahr überwiesen?
Vielleicht ein Trost für Eva Jähnigen: Es ist ein bisschen mehr, als sie noch Anfang März vermuten durfte.
Nicht nur 411,6 Millionen Euro von den vom Bund bereitgestellten 522,6 Millionen Euro werden an die Zweckverbände weitergereicht, sondern 427,3 Millionen Euro, teilt der Minister mit. Einschließlich der Betriebsbeihilfen für die Schmalspurbahnen, die aus Grünen-Sicht auch nicht hierher gehören. Aber diese 8,74 Millionen Euro jedes Jahr für die Schmalspurbahnen hat Duligs Amtsvorgänger Sven Morlok schon im April 2014 festgezurrt – und zwar bis 2020. Die muss man dann also eigentlich wieder abziehen von den 427,3 Millionen, bleiben noch 418,6 Millionen.
Konkret für den ZVNL, der für Leipzig und Umgebung zuständig ist, erhöht sich die Zuweisung von 112,3 Millionen Euro, die der Zweckverband 2014 bekam, auf 121,1 Millionen Euro (plus 7,9 Prozent). Wobei zu bemerken ist: Es hätte auch anders kommen können. Nicht nur die Grünen hatten befürchtet, dass der Bund die Regionalisierungsmittel nach den heftigen Einschnitten im sächsischen Schienennetz 2012/2013 sogar kürzen könnte. Dann hätte Sachsen tatsächlich dumm da gestanden. Doch der Druck insbesondere der westlichen Bundesländer, die sogar deutliche Kapazitätserweiterungen im Regionalnetz planen, die Mittel zu erhöhen, hat dafür gesorgt, dass auch Sachsen davon profitiert, dass der Bund jetzt jährlich die Zuweisungen erhöht. Und diese jährlichen 2 Prozent mehr will Dulig wenigstens durchreichen.
2016 will der sächsische Verkehrsminister (noch nach dem alten Budgetierungs-Schlüssel) 434,4 Millionen Euro an die Zweckverbände weitergeben. Der ZVNL bekäme dann 126 Millionen Euro.
So, wie es Eva Jähnigen einschätzt, ist auch das viel zu wenig, um die anstehenden Aufgaben im Regionalverkehr zu lösen. Anfang März hatte sie gefordert, die Zuweisungen an die Zweckverbände auf 470 Millionen Euro zu erhöhen.
Auch deshalb hatte sie den Minister so konkret nach Mehr- und Mindereinnahmen gefragt. Denn wenn man genau weiß, wo den Zweckverbänden die finanziellen Puffer fehlen oder etwa von erhöhten Trassenpreisen und Stationsentgelten aufgefressen werden, kann man nachsteuern. Muss man sogar, wenn man das Land zukunftsfest machen will. Denn die Ausdünnung der Bevölkerung in den ländlichen Räumen hat auch damit zu tun, dass man in viele sächsische Regionen nicht mehr mit dem Zug kommt, weil die Strecke eingespart und eingestellt wurde.
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