Wahrscheinlich konnten selbst Leipzigs Stadträte so bürokratisch nicht denken, wie es nun in einer Beschlussvorlage der Leipziger Stadtverwaltung zu lesen ist. Ab Frühjahr 2015 soll es ja bekanntlich Mobilitätsstationen in Leipzig geben, auch wenn das Wort "Station" ein bisschen vielversprechend ist. Die sollen im öffentlichen Raum stehen, für alle erreichbar. Aber für Nutzungen im öffentlichen Raum werden Sondernutzungsgebühren fällig. Und zwar nicht wenig.
Dass der Sinn einer Sondernutzungsgebühr eigentlich auf befristeter Nutzung und auch gewissen geschäftlichen Einnahmen beruht, wird in der schönen Tabelle sichtbar, welche die Verwaltung ihrer Beschlussvorlage beigefügt hat, mit der sie die Erlassung der Sondernutzungsgebühr beschließen lassen möchte. Wenn die geplante blaue Stele zum Beispiel in der Markgrafenstraße aufgestellt wird, würde das im Monat 12 Euro Sondernutzungsgebühr kosten, im Jahr also 144 Euro. Weil zur Mobilitätsstation auch eine Elektroladesäule gehört, würden noch einmal 15 Euro fällig – also im Jahr 180 Euro, zusammen schon einmal 324 Euro jährlich.
Achja, ein Parkplatz für ein Car-Sharing-Auto wird auch noch gebraucht. Der kostet dann für ein volles Jahr gleich mal 2.452,12 Euro. Eigentlich alles normale Leipziger Sondernutzungsgebühren, die aber allesamt nur auf eine kurzzeitige Nutzung der Flächen berechnet sind, nicht auf eine Dauerinstallation. Allein die eine “Mobilitätsstation” an der Markgrafenstraße würde also jährlich 2.776,12 Euro kosten.
Dasselbe würde auf alle anderen 18 Mobilitätsstationen ebenso zutreffen, die ab Mai eingerichtet werden sollen. Einzige Ausnahmen: Augustusplatz, Lindenauer Markt und Könneritzstraße /Ecke Oeserstaße – dort würden nur die Kosten für Stele und Ladesäule fällig, ein Car-Sharing-Stellplatz ist dort nicht geplant. Anders als an den beiden anderen geplanten Standorten an der Oeserstaße, die erst nach Beendigung des Straßenumbaus an der Holbeinstraße und an der Industriestraße eingerichtet werden sollen. Fünf weitere Mobilitätsstationen sind ebenso noch in der Planung.
Drei wollen die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) als Träger des Projekts auf eigenem Gelände einrichten – etwa am Straßenbahnhof Angerbrücke. Dort werden keine Sondernutzungsgebühen fällig. Aber alle anderen würden allein schon im Rumpfjahr 2015 mit 22.929 Euro Sondernutzungsgebühr zu Buche schlagen, im ersten vollen Jahr 2016 wären es dann schon einmal 50.842 Euro. Verständlich, dass die LVB ihren Antrag bei der Stadt, ihr die Sondernutzungsgebühren für die Mobilitätsstationen zu erlassen, mit dem öffentlichen Zweck des Ganzen begründen. In den ersten zehn Jahren würden über 484.000 Euro fällig, die andererseits über den Betrieb der Stationen nicht erwirtschaftet werden können.
Nur ein kleiner Teil der Summe kann über Car-Sharing-Erlöse eingespielt werden. Strom aus der Ladesäule kostet bislang auch nichts.
Dafür muss erst einmal in den Aufbau der Mobilitätsstationen investiert werden. Und sie müssen instand gehalten werden und – was in Leipzig wohl zu erwarten ist – auch immer wieder gereinigt werden, etwa von wilden Graffitis und Klebezetteln.
“Die LVB hat dargelegt, dass sich die voraussichtlichen Herstellungskosten auf insgesamt 515.650,00 EUR belaufen”, heißt es nun in der Vorlage der Verwaltung. “Davon werden 360.955 EUR durch Fördermittel gedeckt. Damit verbleibt ein Eigenanteil von 154.695 EUR. Abgeschrieben auf eine Laufzeit von 10 Jahren betragen die Errichtungskosten 15.469,50 EUR pro Jahr. Betriebskosten fallen jährlich in Höhe von 154.736 EUR an.”
Die Sondernutzungsgebühr käme also noch obendrauf. Da aber hinter den Mobilitätsstationen ein Beschluss des Stadtrates steckt und ein öffentlicher Zweck, wäre es auch aus Sicht der Verwaltung nur sinnvoll, den LVB die Sondernutzungsgebühr für die Stationen komplett zu erlassen.
Und so lautet der Beschlussvorschlag:
1. Der Oberbügermeister wird ermächtigt, eine Vereinbarung für die Errichtung und den Betrieb von Mobilitässtationen auf öffentlich gewidmeten Verkehrsflächen auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) GmbH gemäß dem beiliegenden Vertragsentwurf abzuschließen.
2. Die Sondernutzungsgebühren über den Erlaubniszeitraum von 10 Jahren in Höhe von insgesamt 484.203,36 EUR werden gemäß beiliegenden Entwurf des Erlassbescheides erlassen.
Die geplanten Standorte der Mobilitätsstationen und anfallenden Sondernutzungsgebühren als pdf zum Download (Quelle: Stadt Leipzig)
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