Unter diesem Motto werden am Freitag, 19. September, in über 160 Städten weltweit Pkw-Stellplätze für einige Zeit zu autofreien Bereichen. PARKs, temporär umgestaltete Parklücken, laden zum Verweilen ein. In diesen Lücken entsteht Raum für Kommunikation und Muße. Die Idee des PARK(ing) Day kommt aus San Francisco. Die Initiatoren appellieren an Stadtplaner und Verkehrspolitiker, kurze Wege zwischen Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeit zu ermöglichen.
Gleichzeitig sollen im öffentlichen Straßenraum gute Bedingungen für Fußgänger jeden Alters sowie eine hohe Aufenthaltsqualität gewährleistet werden. So sollen die Straßen und Plätze, die seit den 50er Jahren nach dem Leitbild der autogerechten Stadt umgebaut wurden, perspektivisch wieder zu lebendigen Orten werden.
Doch worum geht es den Parkgestaltern eigentlich? Allein in Leipzig sind circa 207.000 Pkw zugelassen. Würde man einen Parkplatz bauen, auf den all diese Fahrzeuge auf einmal passen würden, so müsste der über 2,6 km² groß sein. Das entspricht einer Fläche, die mehr als dreimal so groß ist wie die Leipziger Innenstadt. Der tatsächliche Platzbedarf ist dabei noch weitaus größer. Das Auto benötigt einen Parkplatz am Wohnort und natürlich auch einen am Ziel – auf der Arbeit, am Supermarkt, am Baggersee. Hinzu kommen noch die Straßen dazwischen. Auch hier braucht das Auto deutlich mehr Platz als alle anderen Verkehrsträger.
Bis in die 1990er Jahre hinein sah das Leitbild einer autogerechten Stadt die Aufgabe der Stadtplaner darin, dem steigenden Flächenbedarf des Autoverkehrs nachzukommen. Die Funktionen Wohnen, Arbeiten und Einkaufen wurden räumlich getrennt. Die Wege dazwischen hatten vordringlich der Distanzüberwindung zu dienen und wurden entsprechend um- und ausgebaut. Das hat viele Stadträume zu unwirtlichen Orten gemacht, von denen sich die Menschen in mehreren Suburbanisierungswellen abwenden und ihr Glück im Eigenheim auf der grünen Wiese suchen. Die Menschen sind nun gezwungen, weite Wege zurückzulegen und geraten so in Abhängigkeit zum eigenen Auto. Das hat wiederum ein Verkehrswachstum zur Folge, mit all den bekannten negativen Begleiterscheinungen. So wurde durch das Bereitstellen von immer mehr Flächen für den Autoverkehr ein Teufelskreis in Gang gesetzt, der kaum noch beherrschbar erschien.
Spätestens seit der Jahrtausendwende hat daher die Fixierung der Stadtplanung auf das Auto ausgedient. An dessen Stelle tritt nun das Leitbild der kompakten, europäischen Stadt. Sie soll durch eine effektive Nutzungsmischung kurze Wege ermöglichen. Fuß-, Rad-, und öffentlicher Nahverkehr sollen gefördert, der Autoverkehr reduziert werden. Dadurch wird die Stadt wieder ein begehrenswerter Lebensraum mit attraktiven öffentlichen Räumen und guten Umweltbedingungen. Die Menschen zieht es zurück in die Stadt.
Das neue Stichwort heißt Stadtreparatur. Die Verfehlungen aus der Zeit der autogerechten Stadtplanung müssen nach und nach beseitigt und neue Fehlplanungen vermieden werden. Trotz noch immer großer Hindernisse (z. B. Stellplatzpflicht in Sachsen) ist Leipzig auf diesem Weg schon ein gutes Stück gegangen. Das ist einer der wesentlichen Gründe für die positive Wahrnehmung Leipzigs und den stetigen Zuzug in die Stadt. Mit dem PARK(ing) Day möchten die Aktiven Mut machen, unsere öffentlichen Räume attraktiv zu gestalten und ideale Bedingungen für Fußgänger zu schaffen.
Auch der Leipziger Ökolöwe startet eine Aktion zum PARK(ing) Day 2014:
Lauter Verkehr, Parkplätze, Ampeln, allerlei Stadtmobiliar und unübersichtliche Laufwege prägen das Bild am Südplatz heute. Der Ökolöwe hat zusammen mit dem Offene ArchitekTür e.V. und Studierenden der HTWK an Konzepten für eine mögliche dauerhafte Umgestaltung gearbeitet. “Wir wollen einen Platz, auf dem man sich gerne treffen und aufhalten möchte. Zum PARK(ing) Day am Freitag, den 19.9., geben wir ab 14 Uhr einen kleinen Vorgeschmack mit einer temporären Umgestaltung. Jeder ist herzlich willkommen, wir präsentieren die Entwürfe der Studierenden und freuen uns auf die Ideen der Passanten für einen neuen Südplatz!”
An folgenden weiteren Orten werden in Leipzig PARKlücken gestaltet:
PARK des Ökolöwen: Südplatz – Karl-Liebknecht-Straße 50-56
PARK des ArchitekTÜR: Karl-Liebknecht-Straße 36
PARK der STADTPFLANZER: Hildegardstraße 49-51
PARK vom StuRA, FSR Geographie & Initiative Querbeet: Neustädter Straße 18-24
PARK – Kunterbuntes Straßenfrühstück: Georg-Schwarz-Straße 19
PARK des VCD und ADFC: Neumarkt in der Innenstadt
PARK von Retrovelo: Karl-Heine-Straße 90
PARK von ANNALINDE: Karl-Heine-Straße 53
PARK vom Japanischen Haus e.V.: Neumarkt in der Innenstadt
PARK von “Promenadenring autofrei!”: Martin-Luther-Ring / Ratsfreischulstraße
PARK von BUND Leipzig: Wolfgang-Heinze-Straße 12
PARK von Service Civil International: Eisenbahnstraße 58
PARK von “Wo bleibt mein Fahrrad?”: Karl-Heine-Straße 44
PARK von Hausgemeinschaft: Könneritzstraße 14
StuRa der Uni Leipzig lädt ein zum Minigolf in der Parklücke
In diesem Jahr folgten das Referat für Nachhaltige Mobilität des Student_innenRates (StuRa) der Universität Leipzig, der Fachschaftsrat Geographie und Geowissenschaften und die Initiative “Querbeet Leipzig” dem Aufruf des Ökolöwen und gestalten eine eigene Parklücke auf der Neustädter Straße zwischen der Eisenbahnstraße und der Ludwigstraße.
Im Vorjahr wurden neun Parklücken am Neumarkt in der Innenstadt mit 63 m² Rollrasen, einer Bühne mit Livemusik, sowie einer Minigolfanlage ausgestattet. Diesmal soll der Schritt in ein Leipziger Wohngebiet gewagt werden, um so einen öffentlichen Raum zu schaffen, welcher zur Kommunikation und Sozialisation zwischen allen Stadtbewohner_innen offensteht.
Friedemann Goerl, Referent für Nachhaltige Mobilität des StuRa, erklärt das Ziel der diesjährigen Aktion folgendermaßen: “Die Qualität unserer Städte als urbane Kristallisationspunkte unserer Gesellschaft spiegelt sich naturgemäß im öffentlichen Raum wider. Dieser ist also von eminenter sozialer Bedeutung. Leider verkümmert öffentlicher Raum zunehmend in seiner Aufenthaltsqualität oder wird durch privatwirtschaftliche Nutzung der Teilhabe aller Menschen entzogen. Sozialer Interaktionsraum wird zum Beispiel durch die Tatsache gefährdet, dass immer noch 70 % des öffentlichen Raumes dem Autoverkehr eingeräumt werden. Die soziale Kommunikation wird hiermit letztlich auf Hupen und Blinken beschränkt.”
Was genau mit der Park_lücke bezweckt werden soll, stellt Kai Zaschel vom Fachschaftsrat Geographie und Geowissenschaften klar: “Wir werden morgen vier Parklücken nutzen, um einen Garten auf die Straße zu bringen. An Stelle von vier Autos wird es morgen Musik und Tanz, eine Chillout-Area und Erholung im Grünen geben. Wir möchten ein Zeichen für mehr Freiräume setzen.”
Leipzigs Grüne gehen einen Tag später auf Achse: Für Mobilität in Bewegung
Am Samstag, 20. September, wird der Grünen-Kreisverband mit einer Promenade von Gehzeugen in der Leipziger Innenstadt von 14 bis 16 Uhr unterwegs sein. “Gehzeuge sind einfache Auto-Modelle, die den Flächenbedarf von Pkw deutlich machen. Während ein Mensch allein in einem Auto ein gewohntes Bild ist, irritiert es, wenn ein Fußgänger ähnlich viel Platz für sich beansprucht. Vor den Gehzeugen laufen zwei Musiker, um so das Bild vom Rattenfänger von Hameln aufzunehmen. Wir wollen – wie die Ratten im Märchen – symbolisch die Autos mit Musik aus der Innenstadt ziehen.
Da zum einen Freiraum und ungestörte Ruhe für viele Menschen auch in der Großstadt immer wertvoller werden und wir in Leipzig so wunderschöne Innenstadtarchitektur und Geschichte und Kunst erleben können, sind Autos in der Innenstadt einfach zu viel. Insbesondere Parksuchverkehr ist unnötig aufgrund der reichlich gebauten, zentral gelegenen und in den letzten Jahren ja auch noch erweiterten Parkhauskapazitäten in den Tiefgaragen. Auch der ÖPNV sowie Fahrräder bilden eine sinnvolle Alternative für alle Innenstadtbesucher.”
Immerhin gibt es bereits seit 1992 das Konzept, die Innenstadt von privaten Pkw weitgehend frei zu halten. Dennoch sind an vielen Stellen der Innenstadt die Straßen von fahrenden und parkenden Autos geprägt und belegt.
Die Aktion innerhalb der Europäischen Woche der Mobilität ist angesichts des fortschreitenden Klimawandels, der schlechten Luftqualität in den Großstädten, der Verlärmung durch Schienen-, Flug- und Straßenverkehr, des enormen Aufwandes für unsere private und berufliche Flexibilität keine Spaßveranstaltung – die Aktionswoche lenkt unsere kritische Aufmerksamkeit auf unseren Lebensstil. Die Europäische Woche der Mobilität will auch vermitteln, es kann auf Dauer nicht alles bleiben wie es ist.
Die Gehzeug-Promenade startet am Samstag, 20. September, um 14 Uhr an der Moritzbastei.
Der PARK(ing) Day am Freitag, 19. September, findet ab 14 Uhr stadtweit statt.
www.parking-day-leipzig.de
www.oekoloewe.de/mobilität.html
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