Da staunt selbst Lars Kreymann, der im neuen Quartalsbericht den Beitrag "Bestand an Kraftfahrzeugen in Leipzig 2013" geschrieben hat: "Der Blick auf die Kfz-Zahlen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl zeigt aber, dass der Kfz-Bestand je 1.000 Einwohner in den letzten drei Jahren relativ konstant geblieben ist." Er blieb 2013 auf dem Stand von 436 Kraftfahrzeugen auf 1.000 Einwohner. In den Vorjahren war das anders.

Da legte diese Zahl mal um 5, mal um 10 Fahrzeuge zu. Das hatte vor allem mit den Privat-Pkw zu tun, deren Zahl schneller stieg als die Gesamtbevölkerungszahl. Aber auch hier gab es 2013 erstmals einen Stopp bei 385 Pkw je 1.000 Einwohner.

Was natürlich nicht bedeutet, dass der Kraftfahrzeugbestand nicht weiter wuchs. Denn wenn die Bevölkerung wächst, wächst ganz logisch auch der Fahrzeugbestand. Nicht nur der bei Privat-Autos. Auch der bei Nutzfahrzeugen, denn mit der Bevölkerung ziehen natürlich auch viele Wirtschaftsleistungen um. So gesehen zeigt auch der Bestand von 235.002 in Leipzig registrierten Kraftfahrzeugen, 4.311 mehr als im Vorjahr, wie sehr Leipzig wächst. Der Bestand an Nutzfahrzeugen wuchs um 152 auf 16.118 und der von privaten Pkw um 3.185 auf 189.967. Von letzteren stehen zehntausende ja bekanntlich auf Leipzigs Straßen herum und verschärfen in vielen Ortsteilen das Parkplatzproblem. Wobei die Leipziger Stadtgesellschaft ja nun weiß: Auch Pkw-Besitzer sind lernfähig und hören irgendwann auf, mit dem Kopf unbedingt durch die Wand zu wollen. Das Lernbeispiel heißt Schleußig, wo jahrelang eine Verkehrsordnung nach StVO nicht herstellbar schien, weil die Autobesitzer schon auf 180 waren, wenn auch nur das Wort Kontrolle fiel.

Bis es der neuen Planungsbürgermeisterin Dorothee Dubrau 2013 einfach zu bunt wurde und sie einfach umsetzte, was vorher fünf Jahre lang immer zerredet worden war. Das Ergebnis war schon am Jahresende im Zentralen Fahrzeugregister nachzulesen. Die Bevölkerung wuchs zwar weiter von 12.463 auf 12.546. Aber die Zahl der registrierten Kfz war am Jahresende 2013 noch genau so groß wie ein Jahr zuvor. Die Schleußiger haben also nicht noch mehr Fahrzeuge in den begrenzten Raum gestopft. Weil die Bevölkerung wuchs, sank der Kfz-Besitz pro 1.000 Einwohner sogar von 319 auf 316. Ähnliche Effekte waren 2013 auch in der Westvorstadt und in Gohlis-Süd zu beobachten. Während in anderen Ortsteilen noch eifrig zugelegt wird an Automobilen – in Lindenau etwa, in der Nordvorstadt oder in Heiterblick.

Natürlich hängen solche Entwicklungen auch mit konkreten Veränderungen vor Ort zusammen. Oft sind es neue Baufelder, die zum Abschluss kommen und die für betuchtere Bewohner attraktiv sind. Auch das kann Lars Kreymann wieder bestätigen: Das private Kraftfahrzeug ist eine Einkommensfrage.

“Geringere finanzielle Möglichkeiten erzwingen möglicherweise auch den Verzicht auf ein eigenes Auto”, schreibt er mit Bezug auf den Leipziger Osten, wo der Besitz an Kraftfahrzeugen schon seit Jahren unterdurchschnittlich war – und blieb, und zwar deutlich unter 250 Kfz je 1.000 Einwohner.

Den Stadtdurchschnitt von 352 Kfz treiben ebenso historisch vor allem die stadtrandnahen Ortsteile nach oben, wo es stellenweise – wie in Seehausen – auf 1.121 Kfz je 1.000 Einwohner nach oben gehen kann. Eine Zahl, die dort auch durch 422 registrierte Firmenfahrzeuge beeinflusst wird. Aber Spitzenlagen beim ganz alltäglichen privaten Kraftfahrzeugbesitz können durchaus über 600 Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner liegen – wie in Burghausen, Lindenthal, Baalsdorf, Liebertwolkwitz usw. Und Kreymann nennt wohl nicht die falsche Ursache, wenn er schlechtere ÖPNV-Anbindung als Ursache benennt.Was natürlich auch bedeutet, dass eine Stadt wie Leipzig die Entwicklung des privaten Kfz-Besitzes sehr wohl beeinflussen könnte, wenn sie ihr ÖPNV-Netz verdichten würde. Das Radwegenetz sowieso. Aber die Fahrräder werden im Fahrzeugregister ja nicht erfasst.

Dafür werden die “Kräder” dort gelistet, eines der scheußlichsten Worte aus dem deutschen Aküfi. Eigentlich heißt es ja Krafträder und umfasst – woran man ja zuerst denkt – nicht nur Motorräder. Und da wird es spannend. Denn wenn man einmal annimmt, dass es nicht unbedingt die Zahl der Motorräder ist, die da wächst, was ist es dann, was seit 2007 die Zahl der “Kräder” um über 30 Prozent hat wachsen lassen? Die Antwort könnte heißen: Es sind die Mofas und Mopeds, die im Leipziger Straßenraum vermehrt auftauchen. Sie machen beweglich und sie brauchen nur wenig Parkplatz. Sie könnten – wenn sie hinter der von 11.153 auf 11.476 gewachsen Zahl der Kräder stecken – einen neuen Trend im Leipziger Verkehrsgeschehen sichtbar machen: weg vom platzfressenden Automobil hin zum auch spritsparenderen Mofa.

Nicht überraschend sind die Hochburgen der Kraftradbesitzer eher in nicht ganz zentralen, aber zumeist citynahen Ortsteilen zu finden: in der Südvorstadt, Connewitz, Gohlis-Süd und Gohlis-Mitte.

Das könnte sich ja alles ganz gut verzahnen mit einer integrierten Entwicklung von Radwegenetzen und ÖPNV. Tut es aber noch nicht. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) schauen jetzt erst einmal recht genau auf das, was die Eröffnung des City-Tunnels und des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes mit ihren Fahrgastzahlen anrichten. Im ersten Quartal 2014 jedenfalls sind die Transportzahlen in Bus und Straßenbahn erst einmal um 1,7 Millionen gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken (knapp 4,7 Prozent). Aber hängt das wirklich mit der Inbetriebnahme des City-Tunnels im Dezember 2013 zusammen?

Wohl nur zum Teil. Denn in der Regel bedeuten milde Winter für die LVB immer auch einen “Fahrgastverlust”, weil die Passagiere bei mildem Wetter eher aufs Rad umsteigen. Zum anderen schlägt die Abgabe eines Teils der Leobus-Strecken an die Muldental mbH (PVM) zum Fahrplanwechsel im Dezember mit zu Buche, was dann allein bei Bustransporten 700.000 Fahrgäste weniger bedeutet. Andererseits hatte auch die Stilllegung der S-Bahn S 1 nach Grünau in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen bei den LVB beigetragen. In gewisser Weise wurde das durch die Inbetriebnahme des S-Bahn-Netzes wieder korrigiert. Wirkliche Erkenntnisse zum Effekt der S-Bahn auf das Fahrgastaufkommen der LVB bekommen diese erst, wenn sie die Fahrgastzahlen auf den einzelnen Linien auswerten. Aber das kann dauern, wie man weiß.

Der Statistische Quartalsbericht I / 2014 ist im Internet auf http://statistik.leipzig.de unter “Veröffentlichungen” einzusehen.

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