Seit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs im Jahr 2013 wird nun auch Leipzig von mehr als 20 Fernbuslinien angesteuert. Die bisherige Abfahrtsstelle in der Goethestraße bietet für die Fahrgäste wenig Komfort und stößt an ihre Kapazitätsgrenze. Die Freifläche an der Ostseite des Bahnhofs steht zukünftig, aufgrund geplanter Bauvorhaben, nicht mehr zur Verfügung. Ein Standort am Stadtrand wird von den Fahrgästen und Busunternehmen abgelehnt.
Viele deutsche und europäische Kommunen bemühen sich aktuell um die zentrumsnahe Integration von Fernbusbahnhöfen. Das ist oftmals nur mit sehr hohem Aufwand zu machen. Verfügbare Bauflächen in Innenstädten sind rar. Der komplette Neubau eines Fernbusbahnhofs ist kostenintensiv. Städte wie Marseille und das schweizerischen Chur sind daher den Weg einer intensiven baulichen Verzahnung von Fernbus- und Schienenverkehr gegangen, um bestehende Infrastruktur nutzen zu können.
“Wir wollten wissen, ob das auch in Leipzig machbar wäre und haben daher eine Voruntersuchung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Fernbusse können in Leipzig direkt im Hauptbahnhof halten. Die kurzen Umsteigewege zu S-Bahn, Regionalbahn und den Bahn-Fernverkehr wären bundesweit einmalig”, erklärt Tino Supplies, verkehrspolitischer Sprecher des Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.
Der große Leipziger Hauptbahnhof erweist sich dabei als Glücksfall. In Leipzig besteht nach dem Rückbau der Gleise 1 bis 5 die einmalige Chance, den neuen zentralen Busbahnhof (ZOB) vergleichsweise kostengünstig, direkt in die Bahnhofshalle (Westseite) zu integrieren.
Über eine Zufahrt an der westlichen Ladestraße können die Busse in die Bahnhofshalle einfahren, die Fahrgäste aufnehmen und wieder hinaus fahren. Die Zu- und Abfahrt der Fern- und Regionalbusse würde in nördliche Richtung, über die ohnehin geplante Anbindung an die Berliner Straße erfolgen.
Der neue ZOB im Hauptbahnhof kann auch von Touristenbussen angesteuert werden. Der Ein- und Ausstieg erfolgt dann ebenfalls in der Bahnhofshalle. Für das Abstellen der Touristenbusse kann ein Busparkplatz in unmittelbarem Anschluss außerhalb der Bahnhofshalle geschaffen werden. Für Busreisende aus der gesamten Region bestünden bei dieser Lösung ideale Umsteigebeziehungen von allen Zügen des schienengebundenen Fern- und Regionalverkehrs, von der S-Bahn und der Straßenbahn. Auch ein direkter Zugang zur Innenstadt wäre gegeben. “Bus und Bahn stärken sich so gegenseitig”, zeigt sich Supplies überzeugt.
Die bestehenden Infrastruktureinrichtungen im Hauptbahnhof (Toiletten, Duschen, Wartehalle, Fahrkartenschalter, Schließfächer, Shops) können genutzt werden. An allen anderen Standorten müssten diese neu gebaut und kostenaufwendig betrieben werden.
Die Refinanzierung der Investitionen für einen neuen ZOB im Hauptbahnhof kann seitens der Busunternehmen über eine Nutzungsgebühr dargestellt werden – wie in anderen Städten bereits üblich. Aufgrund des vergleichsweise geringen Investitionsbedarfs können die Gebühren moderater als an einem gänzlich neu zu erschließenden Standort ausfallen.
Dem Befahren der Bahnhofshalle stehen weder das Gewicht noch die Emissionen der Reisebusse entgegen. “Die Halle wurde für Dampfloks gebaut. Auch heute verkehren noch Dieselloks auf den Gleisen und PKW auf dem Parkdeck in der Ostseite”, so Supplies.
Zusammen mit dem Fernbusbahnhof soll laut dem Konzept des Ökolöwen eine Fahrradstation direkt am Querbahnsteig etabliert werden. In einem ersten Schritt können 460 überdachte Stellplätze geschaffen werden. Die Fahrradstation kann in einem zweiten Schritt noch deutlich erweitert werden.
Tino Supllies: “Wir appellieren an die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und den Verkehrsunternehmen, diese einmalige Chance beherzt zu ergreifen!”
Die Projektskizze findet man hier.
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