Nahverkehr in der Region Leipzig: Busse sollen künftig via Bordrechner kommunizieren

Was macht man, wenn man nicht wirklich genug Geld hat, um genug Busse und Züge in einer Region wie Leipzig fahren zu lassen, damit die Vernetzung besser wird, öfter mal was fährt und das Umsteigen vom Individualfahrzeug auf den ÖPNV leichter fällt? - Klar: Man kümmert sich stärker um die Anschlüsse, damit wenigstens das Umsteigen besser klappt. Ein Projekt, in das der MDV jetzt 3,95 Millionen Euro investiert.

Es ist nicht der erste Schritt, um den Öffentlichen Nahverkehr im Gebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) mit moderner Elektronik flüssiger und transparenter zu machen. Einige kennt der Leipziger ja schon – von den elektronischen Fahrgastanzeigern (die manchmal auch nicht so funktionieren, wie sie sollen) bis zum elektronischen Fahrscheinkauf via easyGo.

Aber der ÖPNV im Raum um Halle und Leipzig soll noch besser vernetzt werden.

Mit flächendeckenden Fahrgastinformationen in Echtzeit, der Sicherung von Anschlüssen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern sowie dem Ausbau des elektronischen Fahrscheinverkaufs wollen der MDV und die in ihm integrierten Verkehrsunternehmen (zu denen die LVB gehören) den Nahverkehr deutlich attraktiver machen. Möglich wird dies durch Fördermittel aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL).

Erster Schritt: Dank intelligenter technischer Systeme – so genannter Regionaler Rechnergestützter Betriebsleitsysteme (Regio-RBL) – werden künftig die Standortdaten von Fahrzeugen erfasst und eine Prognose für deren weiteren Fahrtverlauf erstellt. So soll es besser möglich sein, Anschlussbeziehungen zwischen mehreren Verkehrsunternehmen und Verkehrsmitteln auch im Verspätungsfall innerhalb gewisser Toleranzen zu sichern. Dafür erhalten die Busse der regionalen Verkehrsunternehmen unter anderem eine neue Generation von Bordrechnern.

Bereits im Rahmen des früheren Forschungsvorhabens MOSAIQUE entstand ein erstes Regio-RBL in Teilen des MDV-Gebietes.

Erstes Pilot-Gebiet: Nordsachsen

Mit dem jetzigen Telematik-Vorhaben werden nun alle Fahrzeuge der im Landkreis Nordsachsen verkehrenden Regionalbusunternehmen integriert. Für das eigentliche Betriebsleitsystem vergab der MDV dazu einen Auftrag an die Firma bbb-Betriebsmanagement für Busse und Bahnen GmbH aus Braunschweig. Eine weitere Beauftragung erhielt die Trapeze Switzerland GmbH, die die Linienbusse mit Bordrechnern ausrüstet und diese in das Betriebsleitsystem einbindet.

Die neuen Bordrechner übernehmen vielfältige Aufgaben. Einige davon erleben die Busfahrgäste künftig als ganz unmittelbare Vorteile: Neben dem herkömmlichen Fahrkartenverkauf durch den Busfahrer kann die neue Rechnergeneration zudem Barcodes von easy.GO- und Onlinetickets lesen. Auch der Einsatz von Chipkarten als Fahrausweis ist dann kein Problem mehr, denn diese können gelesen und sogar beschrieben werden. Damit erhalten nun auch die Ticketabonnenten und Schüler in der Region im Laufe des Jahres die UmweltCard Gold bzw. die UmweltCard Junior als Fahrkarte, teilt der MDV mit.

Für sie gehört das bisher notwendige und lästige Markenkleben damit der Vergangenheit an. Auch Änderungen des Abonnements sind künftig beim Busfahrer möglich, wenn dies vorab beim Verkehrsunternehmen angemeldet und durch dieses bestätigt wurde. Um alle technisch-organisatorischen Prozesse korrekt und sicher abzuwickeln, erhalten die Verkehrsunternehmen ein technisches Hintergrundsystem. Mit dessen Aufbau wurde die Firma Systemtechnik aus Sömmerda beauftragt.Die Busse fangen an zu kommunizieren

Für die Fahrgäste nur indirekt erlebbar ist eine weitere Aufgabe der neuen Bordrechner: Sie übertragen die aktuellen Standortdaten der Busse und Informationen über deren Pünktlichkeit an das Rechnergestützte Betriebsleitsystem. Die Verkehrsleitstellen können so im Verspätungs- oder Störungsfall zielgerichtet eingreifen und gegebenenfalls umdisponieren.

Auch die an den Haltestellen wartenden Fahrgäste profitieren künftig von den neuen Möglichkeiten: Die aktuellen, sprich: tatsächlichen Abfahrtszeiten der Busse werden perspektivisch auf dynamischen Fahrgastinformationstafeln an ausgewählten Haltestellen und Knotenpunkten angezeigt.

Die ersten der neuen Anzeigen werden im Verlauf des Projektes am Bahnhof Torgau sowie in Delitzsch am unteren Bahnhof errichtet. Beide Standorte sind wichtige Verknüpfungspunkte zwischen Zug und Bus mit hohem Fahrgastaufkommen. Hier bekommen die Fahrgäste dann nicht nur die tatsächlichen Abfahrtszeiten der nächsten Busse, sondern auch der dort haltenden Züge angezeigt. Den Auftrag zur Errichtung der Dynamischen Fahrgastinformations-Anzeigen vergab der MDV bereits im November des vergangenen Jahres an die Firma deister informationstechnik GmbH aus Gera. Das Thüringer Unternehmen hatte bereits im Zuge des Forschungsprojekts MOSAIQUE vier Anzeigen an anderen Stellen des MDV-Gebietes in Betrieb genommen.

Zweiter Schritt: Fahrplanauskünfte in Echtzeit fürs ganze MDV-Gebiet

Um die Leitsysteme des Nahverkehrs in allen Teilen des Verbundgebietes schließlich auch effektiv zu vernetzen und die Fahrgäste überall punktgenau zu informieren, wird eine zentrale Datenplattform geschaffen, auf die alle Verkehrsunternehmen im MDV zugreifen. Die Implementierung der so genannten Datendrehscheibe übernimmt die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA). Diese Plattform stellt sicher, dass tatsächliche Abfahrtszeiten perspektivisch in allen elektronischen Auskunftsmedien, wie beispielsweise im Fahrtenplaner auf www.mdv.de und im mobilen Dienst easy.GO zur Verfügung stehen. Nach Abschluss des jetzt laufenden Telematikvorhabens werden in einem ersten Schritt Fahrplanauskünfte in Echtzeit für den gesamten sächsischen Teil des MDV möglich sein.

Das Großvorhaben besitzt ein Gesamtvolumen von knapp 3,95 Millionen Euro. Davon werden 2,77 Millionen Euro aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE), verwaltet über das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) und 580.000 Euro vom Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) finanziert. Etwa 600.000 Euro tragen die beteiligten Partner (Verkehrsunternehmen, die Städte Delitzsch und Torgau sowie der MDV) selbst bei.

www.mdv.de