Tram, Tatra oder Bimmel - das alles hat so einen romantischen Klang, klingt nach Beschaulichkeit und guten alten Zeiten. All das soll bald der Vergangenheit angehören. Straßenbahn ist heutzutage Hightech. Und zwar in jeder Hinsicht. Dahinter stecken jede Menge Logistik, ein gewaltiger technischer Aufwand, bestens ausgebildete Spezialisten und Mitarbeiter und die dazu gehörige aufwändige Organisation. Bestes Beispiel: Das 54-Millionen-Euro-Großprojekt Technisches Zentrum in Heiterblick.
Hier entsteht auf rund 17 Hektar Grundfläche ein Instandhaltungs- und Reparaturpark, der modernsten Ansprüchen genügt und laut Vorstand Ulf Middelberg die nächsten hundert Jahre mindestens überstehen soll.
Ob es so sein wird, werden wir nicht erfahren. Fest steht jedoch, dass die rund 100 Meter lange und rund 50 Meter breite Halle technisch und architektonisch auf dem Stand der Dinge ist und in jedem kleinsten funktionalen Detail durchdacht und ergonomisch abgestimmt ist. So können die zukünftigen Mitarbeiter dort auch XXL-Züge mit bis zu 45 Meter Länge warten, reparieren und instandhalten. Und zwar von allen Ebenen aus, erklärt Benedikt Schulz vom verantwortlichen Leipziger Architekturbüro Schulz & Schulz: “Die Halle ist so konzipiert, dass die Züge sowohl von unten, oben, von der Mitte und beiden Seiten aus erreichbar sind. Dazu kommen Kellerräume, in denen schwere Maschinenteile gelagert werden können. Und das alles spielt sich mit ausreichend Raum ab, um sich vernünftig bewegen zu können, was unter den jetzigen Umständen in der alten Halle nicht möglich ist.”
Dort bewegt sich alles auf engstem Raum und am Rande der Zulässigkeit. Da kommt die neue Halle im März gerade recht, zumal einige arbeitsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen hinsichtlich des alten Standortes bald auslaufen. Zudem befindet sich in der großen Halle auch ein integrierter Lackierblock, in dem Fahrzeuge bis 45 Meter Länge lackiert werden können. Dazu kommt ein sogenannter Richtstand, auf dem die Rahmen von Unfall beschädigten Fahrzeugen wieder gerichtet werden können. Dazu kommt, dass der Rangieraufwand auf der neuen Anlage auf fast 50 Prozent, also auf 4,5 Kilometer, reduziert werden kann. Rein von den Betriebskosten erhofft man sich von der effizienteren Architektur einen hohen sechsstelligen Betrag pro Jahr. Die Halle unterscheidet sich auch optisch von ihrem 125 Jahre alten Vorgänger. Die nach Osten und Westen ausgerichteten Fronten sind voll verglast.
Auf geradem Gleis Richtung Zukunft: Die LVB und das Großprojekt Heiterblick (Teil 1)
Zukunftsbaustein Heiterblick – so nennen die LVB …
Benedikt Schulz: “So haben wir ständig Taglicht ohne direkte Sonneneinstrahlung. Das erspart zum einen Energiekosten zum anderen ist die Arbeit bei diesem Licht angenehmer.” Was auffallend stimmt, denn auch an einem grauen, verhangenen Tag herrscht ausreichend Licht, um zu arbeiten. Auffällig sind auch die mächtigen verleimten Querbalken aus Holz, wo sonst in ähnlichen Hallen Stahlträger das Bild prägen. Das war eine Kostenfrage, meint der Architekt: “Eigentlich wollten wir hier auch Stahlträger einziehen lassen. Doch just zu diesem Zeitpunkt explodierten die Stahlpreise, so dass wir uns für Holz entschieden. Das ist ein Beispiel dafür, dass die lange, sorgfältige und nicht überhastete Planung und Vorgehensweise von Vorteil war und wir so die Kosten letztendlich im vorgesteckten Rahmen halten konnten. Beheizt wird die Halle von unten mittels Erdwärme. Bohrungen bis zu 150 Metern Tiefe sind dafür vorgenommen worden. Das Dach wird begrünt werden. Für das anfallende Regenwasser wird ein 370 Meter langer Stauraumkanal angelegt. Ist das ganze Areal fertiggestellt, so bilden die neue Werkstatthalle, die Abstellhalle sowie die alte, unter Denkmalschutz stehende Halle ein ‘U'”.
Ein neues Arbeitsumfeld, so der technische Geschäftsführer Ronald Juhrs, an das sich auch die Mitarbeiter werden gewöhnen müssen: “Aber erstens freuen auch sie sich auf die neuen Betriebs- und Werkstätten und zweitens sorgen wir dafür, dass hier eine ordentliche Einarbeitung beziehungsweise Organisation vollzogen wird. Was auch für den reibungslosen Übergang gilt, denn wir können uns keine Unterbrechung der Instandhaltung leisten. Ich bin sicher, wir werden das alles im Zeitplan liegend hinbekommen.” Den Beweis wird man zur Eröffnung im März antreten müssen.
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