Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) hat mal wieder ein tolles Weihnachtsgeschenk für seine Fahrgäste unter den Baum gelegt. Allerdings eines, das eher Zornes- statt Freudentränen in die Augen treibt. Denn Leipzigs Busse und Bahnen sollen wieder einmal teurer werden. Rund drei bis vier Prozent soll der MDV dem Verwaltungsausschuss der Stadt auf den Tisch gelegt haben.
Laut einer Information der LVZ soll am Donnerstag im MDV-Aufsichtsrat darüber abgestimmt werden. Inkrafttreten sollen die neuen Preise dann zum 1. August 2014. Der Verdacht: Durch diesen ungewöhnlich frühzeitigen Beschluss soll das Thema MDV-Tarife aus den Kommunal- und Landtagswahlkämpfen 2014 herausgehalten werden. Dem Verwaltungsausschuss wurde avisiert, dass der Preis des Kurzstreckentickets für vier Haltestellen von 1,60 auf 1,80 Euro steigen könnte (plus 12,5 Prozent). Auch eine Anhebung der Tageskarte ist im Beschlussentwurf enthalten – für eine Zone von 6 Euro auf 6,50 Euro (plus 8,3 Prozent). Der Preis des Einzelfahrscheins für zwei Zonen soll von 2,90 auf 3 Euro angehoben werden (plus 3,4 Prozent).
Deutlich verteuert, aber auch in der Leistung verbessert werden, könnten am Donnerstag die Preise für die Schülercard und die Schülermobilcard nach oben wandern. Die Schülermobilcard soll statt 208 Euro künftig 228 Euro kosten (plus 9,6 Prozent). Darin enthalten wäre dann die Nutzung des neuen Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes. Für die Monats- und Abo-Karten wird eine durchschnittliche Preisanhebung um vier Prozent vorgeschlagen. Der Einzelfahrschein soll mit 2,40 Euro stabil bleiben.
Die geplanten Erhöhungen sorgen in politischen Kreisen für Unruhe und Ärger. So wird die Anhebung seitens der CDU scharf kritisiert. Andreas Nowak, Verkehrspolitiker der CDU: “Dass MDV und LVB alljährlich nichts Neues einfällt, als an der Preisschraube zu drehen, ist ein Armutszeugnis. In dem einen Jahr wird das Normalticket verteuert. In diesem Jahr sind die Kurzstrecken dran. Und außerdem werden durch die Verteuerung der Monats-Abo-Karten die treuesten Kunden mit einer Preiserhöhung bestraft”, so Nowak, der 2014 für die CDU den Landtagswahlkreis Leipzig-Südwest/Grünau/Burghausen-Rückmarsdorf gewinnen will.
Nowak weiter: “Dagegen ist nicht erkennbar, dass MDV und LVB das Angebot verbessern. Weder wird das Streckennetz im nächsten Jahr ergänzt, noch gibt es mehr Service, zum Beispiel kostenloses WLAN in Bus und Bahn. Auch die Uralt-Tatras sind noch lange in Betrieb”. Der CDU-Vorsitzende Robert Clemen kritisiert dagegen vor allem Art und Zeitpunkt der Bekanntgabe. “MDV und LVB versuchen offenbar, im Trubel der Vorweihnachtszeit die Preiserhöhungen geräuschlos durchsinken zu lassen. Dass die alljährlichen Preistreibereien aus den Wahlkämpfen herausgehalten werden sollen, ist besonders bemerkenswert. Offenbar haben die Verantwortlichen bei den Verkehrsbetrieben kein Vertrauen in ihre Preiserhöhung. Wenn es gute Gründe dafür gäbe, müsste man das nicht so früh und nicht in einer so ereignisreichen Zeit beschließen lassen”, sagte Robert Clemen. “Die Verantwortlichen in der Stadt Leipzig sollten sich ganz genau ansehen, mit welcher Begründung die Preise wieder einmal erhöht werden sollen. Nach den jetzt vorliegenden Informationen sollte diese Erhöhung nicht beschlossen werden”, so CDU-Chef Clemen.
Konrad Riedel, Stadtrat und Vorsitzender der Senioren Union Leipzig, sieht vor allem die ältere Generation von den Preiserhöhungen betroffen: “Die in der Presse angekündigte Fahrpreiserhöhung der LVB, die insbesondere im Bereich der Kurzstrecke, vier Haltestellen, mit 0,20 Euro und damit 12,5 Prozent exorbitant hoch ist, trifft vor allem Senioren. Sie sind im überwiegenden Maße Nutzer dieses Tarifs. Denn aufgrund der von der Stadt gewollten, auf Einkaufscenter orientierten Versorgungsstruktur, ist der Weg zum nächsten Center meist mit der Fahrt von bis zu vier Haltestellen gerade so zu schaffen. So wird eine gleichberechtigte Teilhabe aller ÖPNV-Nutzer – wie sie vom MDV als Ziel postuliert wird – weiter eingeschränkt. Natürlich gibt es betriebswirtschaftliche Gründe, die diese Schritte rechnerisch als nötig erscheinen lassen, und dies ist mir als Aufsichtsrat der LVB auch klar, bin ich doch dem Wohl des Betriebes verpflichtet”, so Riedel.
Andererseits sei es aber nicht für alle Zeiten als unabwendbar hinzunehmen, dass dies immer stereotyp am 1. August einfach auf den Fahrgast, den letzten in der ÖPNV-Kette, abgewälzt wird. Riedel weiter: “Wenn wir in Deutschland aus Umweltschutzgründen dem ÖPNV den Vorrang vor dem Individualverkehr geben wollen, muss dieser auch von Bund und Land entsprechend unterstützt werden. Ob dies aus der Umweltsteuer oder durch Steuervergünstigung bei der Energie- und Kraftstoffversorgung geht, muss die große Politik entscheiden. Jedenfalls geht es nicht mehr an, jährliche Fahrpreiserhöhungen als einzige Möglichkeit zu sehen. Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat hat schon die Erhöhung im August 2013 kritisiert und abgelehnt; an dieser Haltung hat sich nichts geändert. Als Vorsitzender der Leipziger Senioren-Union unterstütze ich dies auch im Interesse aller Senioren. Etwas mehr Nachdenken statt einfallsloser bloßer Kostenweitergabe ist ein Muss!”
Dr. Michael Friedrich, Fraktionsvorsitzender “Die Linke” vom Kreistag Nordsachsen, will das Thema in den Kreistag heben. “Bereits diesen Donnerstag wird der MDV- Aufsichtsrat neben einigen neuen interessanten Angeboten speziell für Schüler und Auszubildende die nun schon gewohnte jährliche “Tarifanpassung” in der Größenordnung von drei bis vier Prozent mit Inkrafttretung zum 1. August 2014 beschließen. So berechtigt diese Verteuerung der Busse und Bahnen aus der Sicht der beteiligten Verkehrsunternehmen aufgrund des anhaltenden Anstiegs der Preise für Diesel und Elektroenergie sowie der Tarifbindung der Beschäftigten auch sein mag, stellen sich aus Sicht des Kreistages Nordsachsen doch einige Fragen: Für die Nutzer ist es nicht länger akzeptabel, dass die ÖPNV-Preise mit einem Tempo deutlich über der Inflationsrate davongaloppieren, während die Einkommen der meisten Menschen stagnieren oder nur minimal wachsen. Die von der MDV-Geschäftsführung selbst angestoßene Strategiediskussion mit dem Ziel, die Attraktivität des ÖPNV im MDV-Gebiet deutlich zu erhöhen und weit mehr Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen, ist über eine vielversprechende Auftaktveranstaltung im März dieses Jahres noch nicht hinausgekommen.
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Jetzt, wo es erst interessant zu werden verspricht und in Kürze erste Ergebnisse dieser Diskussion zu erwarten sind, die durchaus Nutzer gewinnende, Einnahmen steigernde und Kosten dämpfende Wirkungen entfalten könnten, wird mit dieser neuerlichen ideenlosen Tariferhöhung die Strategiediskussion entwertet. Das ist schade. Die Vermutung liegt nahe, dass der Beschluss zur Tariferhöhung aus den Kommunal- und den Landtagswahlen 2014 herausgehalten werden soll. Wird etwa deshalb der Kreistag – anders als bei früheren “Tarifanpassungen” – gleich gar nicht mehr beteiligt? Das halte ich für absolut kritikwürdig. Die Linke wird dafür sorgen, dass die Gremien des Kreistags in dieser wichtigen Frage nicht umgangen werden. Erinnert sei an unseren im Juni 2013 zur Abstimmung gestellten Antrag, die Finanzierung des ÖPNV grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und nach Alternativen zu den ideenlosen jährlichen Tarifanhebungen zu suchen. Bis zum Abschluss der Strategiediskussion im MDV wollten wir ein befristetes Tarifmoratorium anregen, um die Ergebnisse dieser Diskussion in ein neues, attraktiveres Gebührenmodell einfließen zu lassen. Dieser Antrag war seinerzeit an einer deutlichen Mehrheit von CDU, SPD und Freien Wähler gescheitert. Für die Linke ist ein schlichtes “Weiter so!” über jährliche Fahrpreiserhöhungen bei der Finanzierung des ÖPNV nicht hinnehmbar. Unsere Fraktion wird weiterhin versuchen, in die Spirale der jährlichen Preiserhöhungen beim MDV einzugreifen und Bus und Bahn insgesamt attraktiver zu gestalten.”
Für eine Stellungnahme der L-IZ war die Pressestelle des MDV in Person des Pressesprechers Matthias Neumann telefonisch nicht zu erreichen. Demzufolge wurden per E-Mail folgende Fragen gestellt:
Von welcher Seite ist die Information der Montagssitzung für die Fahrpreiserhöhung nach außen “gedrungen”?
Warum werden die Preise turnusmäßig nach oben korrigiert?
Wie kann dieser Aufwärtstrend, der für viele Kunden des MDV doch eine starke Belastung darstellt, gestoppt oder sogar nach unten korrigiert werden?
Welches sind die konkreten Gründe für die Anhebung der Tarife?
Sobald entsprechende Antworten seitens des MDV vorliegen, werden diese selbstverständlich veröffentlicht.
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