Sie sind sich nicht immer einig, bei einigen Themen für eine bessere Stadtgesellschaft aber doch: SPD- und Grünenfraktion haben einen gemeinsamen Antrag eingebracht, der am 21. November zur Ratsversammlung erstmals auf die Tagesordnung kommt: Sie wollen Tempo 30 vor allen Leipziger Schulen, Kindertagesstätten und Horten. Auslöser ist eine Petition aus Gundorf.
Eingereicht wurde sie am 31. Mai von Katja Rahnefeld im Namen von 225 Unterzeichnern. Mit der Petition wird ein Tempolimit 30 km/h vor dem Gelände der Grundschule Gundorf in der Leipziger Straße 210 und dem Hort, der Kita und dem zugehörigen Parkplatz der “Gundorfer Sonnenkinder” in der Leipziger Straße 200 gefordert. Die Petition soll am 21. November im Stadtrat behandelt werden. Und es sieht ganz so aus, als ob sie von der Stadtverwaltung positiv gewertet wird.
“Das ist dann in der Regel auch der Weg, den dann der Stadtrat bei der Abstimmung geht”, sagt SPD-Stadtrat Christian Schulze, dem das Thema bei der Sommertour der SPD-Altwest begegnete. Dabei kam er mit Katja Rahnefeld ins Gespräch, die im beruflichen Leben in der Pressestelle der Grünen-Fraktion arbeitet, also quasi Tür an Tür mit der SPD-Fraktion.
“Das ist ein kurzer Weg, warum soll man den nicht nutzen”, fragt Grünen-Stadträtin Heike König, “gerade bei so einem Thema, das alle bewegt.” Denn das Problem der gefährlichen Autoraserei vor Schulen, Kindertagesstätten und Horten gibt es nicht nur in Böhlitz-Ehrenberg und Gundorf. Auch vor den anderen 142 Leipziger Schulen und 112 Kindertagesstätten kommt es immer wieder zu Unfällen und Beinahe-Unfällen.
Aber die Petition sei nur der erste Schritt, betonen Schulze und König. Ziel müsse es sein, für alle Schulen, Kitas und Horte, wo eine Geschwindigkeitsbegrenzung möglich ist, eine solche auch umzusetzen. Deswegen ist der gemeinsame Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen ein Arbeitsauftrag an die Stadtverwaltung: Bis Ende 2014 soll sie, wo es rechtlich möglich ist, die “Tempo-30”-Regelung vor den Schulen, Kitas und Horten einführen. Mit Betonung: “Dazu werden Einzelfallprüfungen durchgeführt.”
“Wir wissen ja nicht, wo es schon Tempo-30-Schilder gibt”, sagt König. Auch würden nicht überall die selben Anordnungen Sinn machen. Manche Einrichtungen liegen sowieso schon in geschützten Bereichen. Oft gibt es auch schon extra Ampelanlagen, was aber aus Sicht von Christian Schulz das Problem nicht löst. Als Beispiel nennt er die Ampelanlage vor der Erich-Zeigner-Schule, bei deren Montage die vorher existierende Tempo-30-Regelung abgebaut werden musste. Schulze: “Und das, obwohl sich die Autofahrer gerade an Tempo 30 gewöhnt hatten.”
Grund war wohl eine Weisung der nächsthöheren Landesbehörde, die eine gemeinsame Installation von Ampel und “Tempo 30” als überflüssig ansah. Dass aber auch Ampeln ihre Gefahren in sich bergen, zeige die Ampel über die Odermannstraße, mit der die Nachbarschaftsschule mit dem Lindenauer Markt verbunden ist. Die Autofahrer sahen die Ampel immer wieder zu spät und es kam zu Beinaheunfällen. “Da war das Verkehrs- und Tiefbauamt dann aber ganz schnell, um die Ampeln mit Leichtdioden auszurüsten und die Streifen des Überwegs noch stärker hervorzuheben.”Fazit: Es wird an jeder Kindereinrichtung auch einen besonderen Abwägungsprozess geben müssen. Einfach überall Tempo 30 zu verordnen, wird der Sache nicht gerecht. Vorbild für den gemeinsamen Vorstoß von SPD und Grünen ist ein Beschluss des Nürnberger Stadtrats, wo es eine breite Mehrheit über alle Fraktionen zu einem solchen Tempo-30-Beschluss vor allen Nürnberger Schulen und Kindereinrichtungen gab.
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Leipzig wesentlich anders sein sollte”, sagt Heike König. “Schon aus direkter oder in direkter Betroffenheit heraus.”
Der Nürnberger Beschluss wurde dann zwar 2012 noch einmal ein Fall fürs Gericht. Aber das Landgericht in Ansbach entschied im Dezember die Rechtmäßigkeit des Nürnberger Beschlusses. Es geht eben nicht nur um eine Drosselung des Verkehrs, sondern um ein höheres, wie es nach § 45 der STVO geregelt ist. Die Gundorfer Petition bezog sich gar auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. September 2011.
Aber im Grunde geht es ganz simpel um unsere Zukunft. Und das sind nun einmal die Kinder. Und es geht – wie Schulze und König betonen – auch um ein Kernanliegen der Stadt: ihre Familienfreundlichkeit. Was eben zuallererst Kinderfreundlichkeit heißt. In 1. Lesung wird der Antrag wohl im Dezember behandelt. “Mit einem Beschluss rechnen wir spätestens im Februar”, sagt Christian Schule. “Dann hat die Verwaltung zehn Monate Zeit, das Ganze umzusetzen.”
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“Wobei unser Wunschziel für die Umsetzung natürlich der Schuljahresbeginn 2014/2015 wäre”, fügt König hinzu. Und sieht eigentlich auch bei der Stadtverwaltung die Bereitschaft mitzuziehen. Schulze: “Da sich die Verwaltung schon mit der Petition intensiv beschäftigt hat, ist das Thema für sie ja kein Neuland. Ich denke, dass man auch schon die notwendigen Ressourcen kennt, die man zur Umsetzung nutzen kann.”
Und wenn die Verwaltung keinen Weg sieht, eine konkrete Einrichtung mit “Tempo 30” oder adäquaten Maßnahmen zu schützen, dann möchten SPD und Grüne jeweils konkret wissen, warum es nicht ging.
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