Zwei Jahre währte der Dornröschenschlaf der S 1 nach Grünau, doch nun gerät dieser wichtige Abschnitt der alten S-Bahn Leipzig plötzlich wieder in heftige Bewegung. Positiv gewendet, heißt die Nachricht: Es soll in acht Monaten richtig losgehen mit dem Mitteldeutschen S-Bahn-System (MDSB), und dafür wird der Grünauer Streckenast gebraucht (auch wenn nicht allen Planern die privilegierte Spitzennummer im Linienkatalog der MDSB ausgerechnet für die Verbindung in die Plattenbau-Großsiedlung geschmeckt hat).
Die S 1 hat Tradition. Diese bewahrte jedoch die ordentlich genutzte Schnellbahn nicht davor, zum passenden Opfer erkoren zu werden, als der Freistaat Sachsen Anfang 2011 seine Mittel für den Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) abrupt kürzte. Die Alternative hieß, überall ein bisschen zu sparen oder an einer Stelle brutal. Damit geriet im Rahmen der klassischen Großstadt-Landkreis-Querelen die S 1 auf die Streichliste mit zweieinhalbjährigem Einmottungseffekt, und sämtliche Bürgerproteste krachten an den Prellbock. Ende April 2011 fuhren schließlich die vorerst letzten S-Bahnen (lokbespannte Doppelstockzüge) bis zur Miltitzer Allee.Ob die gesamte Aktion wirklich die erwarteten Einsparungen gebracht hat, mögen irgendwann die Controller entscheiden, auch wenn die Ergebnisse von derlei Analyse von vornherein nicht für die Öffentlichkeit, die ja via Steuern die Zuschüsse für den Nahverkehr aufbringt, bestimmt sind. Auf jeden Fall musste die Bahntrasse, die ja bestellt war, ab Mai 2011 weiterhin bezahlt werden, nachdem die S-Bahn-Signale längst auf Halt standen. Auch wird dem aufmerksamen Beobachter nicht entgangen sein, wie lange die Lampen auf den menschenleeren Bahnsteigen noch eingeschaltet blieben, um Vandalen abzuschrecken.
Doch nun – zwei Jahre nach der Anästhesie für die alte S 1 – sprudeln satte Erweckungsmillionen. Vier Millionen Euro investiert die Deutsche Bahn in die Sanierung der vier Kilometer vom Bahnhof Plagwitz bis zur Miltitzer Allee. Für soviel Schotter bekommt man unter anderem 10.000 Tonnen Schotter, die dafür sorgen sollen, dass die Gleise stabil gebettet sind.
Weitere 1,7 Millionen Euro steckt die Bahn im Sommer in die drei Stationen längs der Grünauer Mittelachse. Hier soll sich dann ab Dezember 2013 gut S-Bahn fahren lassen. Übrigens mit dem angenehmen Effekt, dass der Grünauer Streckenast ein S-Bahn-Privileg genießt. Dort wird es wirklich nur S-Bahnen geben. Züge anderer Kategorien werden sich auf diesen Streckenabschnitt planmäßig nicht verirren. Die “Grünauer” S-Bahn ist dann (zusammen mit dem Tunnelabschnitt in der Innenstadt) einer der nur wenigen Abschnitte im Netz der MDSB mit privilegierter S-Bahn-Nutzung. Der allergrößte Teil des Netzes wird im Mischbetrieb mit allen daraus resultierenden Fahrplankonflikten befahren. Vor zwanzig Jahren hatten sich viele Neuankömmlinge über die damalige Leipziger S-Bahn gebeugt und den Mischbetrieb naserümpfend mit Kritik überschüttet …
Wirklich neu auf der S 1 werden die Triebzüge sein. Die “Epoche” der lokbespannten Züge ging auf der S 1 alter Prägung im April 2011 unwiderruflich zu Ende.
Keine Kommentare bisher