Es war ein Beschluss auf Hoffnung. Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) hat auf seiner 56. Verbandsversammlung am Montag, 4. März, den Jahresfahrplan 2013/2014 beschlossen. Darin enthalten sind alle Linien des zukünftigen Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes (MDSB). Aber tatsächlich klafft für den Betrieb des Netzes noch eine gewaltige Finanzierungslücke.

“Der ZVNL hat mit der Bestätigung des Jahresfahrplans 2013/2014 seinen Teil dazu beigetragen, dass ab Dezember 2013 das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz an den Start gehen kann. Jetzt muss der Freistaat Sachsen auch die Finanzierung im kommenden sowie den folgenden Jahren sicherstellen”, erklärte Zweckverbandsgeschäftsführer Oliver Mietzsch anlässlich der Veröffentlichung der Bestelllisten.

Der ZVNL hat schon im letzten Jahr auf die Gefahr eines Haushaltsdefizits im Jahr 2014 als Spätfolge der Kürzungen des Freistaats bei der Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs im Doppelhaushalt 2011/2012 hingewiesen. Es ist das tatsächlich erste Jahr, in dem das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz in Betrieb sein soll. Für dieses Netz ist der City-Tunnel gebaut worden. Und es geht eigentlich mit einer dichteren Taktfolge und deutlich mehr S-Bahn-Linien einher.

Seit der ZVNL im Herbst 2012 warnte, dass die Finanzierung für 2014 nicht ausreicht, finden regelmäßig Gespräche mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) statt, um Möglichkeiten zur Entlastung des ZVNL-Haushalts auszuloten. Ende 2012 hat das sächsische Kabinett die neue ÖPNV-Finanzierungsverordnung für die Jahre 2015 bis 2020 beschlossen. Diese sieht allerdings nur prozentuale Zuweisungen an die Zweckverbände zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs vor.Völlig offen ist, wie hoch die Regionalisierungsmittel dann noch sein werden, die der Bund an den Freistaat ausreicht. Die heftigen Einschnitte ins Nahverkehrsbudget können auch heftige Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln bedeuten. Und es sind die Regionalisierungsmittel, aus denen der Nahverkehr finanziert wird.

Das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz umfasst in der Regelbetriebsstufe fünf S-Bahnlinien. Die S1 verkehrt von Miltitzer Allee nach Wurzen, einzelne Fahrten werden bis Oschatz geführt, die S 2 von Bitterfeld über Delitzsch nach Gaschwitz, die S 3 von Halle über Schkeuditz nach Stötteritz, die S 4 von Hoyerswerda über Falkenberg, Torgau, Eilenburg und Borna nach Geithain sowie die S5X (vergleichbar mit einem heutigen Regional-Express) von Halle über Flughafen Leipzig/Halle und Altenburg nach Zwickau – ergänzt um die S 5 von Flughafen Leipzig/Halle über Altenburg nach Zwickau. Alle Linien fahren durch den City Tunnel Leipzig und halten unterwegs in Leipzig Hbf (tief), Markt, Wilhelm-Leuschner Platz und Bayerischer Bahnhof.

Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) ist der gesetzliche Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in der Stadt Leipzig, im Landkreis Nordsachsen sowie im Landkreis Leipzig. Er bedient ein Gebiet von etwa 4.000 Quadratkilometern mit rund 1 Million Einwohnern, 500 km Streckennetz und 110 Haltepunkten. Täglich sind im ZVNL etwa 50.000 Fahrgäste im SPNV unterwegs, diese erbringen eine jährliche Verkehrsleistung von rund 9,5 Millionen Zugkilometern. Das Budget des ZVNL beträgt derzeit etwas mehr als 100 Millionen Euro im Jahr. Was auch in den vergangenen zwei Jahren schon zu wenig war, um alle Strecken und Takte zu erhalten. Für die Leipziger war die Einstellung der S1 nach Grünau das augenfälligste Beispiel für die Folgen.

Jetzt verkündete zwar das Stadtplanungsdezernat schon frohgemut, dass am 15. Dezember 2013 auch die S1 wieder in Betrieb gehen soll. Aber um das Mitteldeutsche S-Bahnnetz betreiben zu können, muss der ZVNL eigentlich mit 124 Millionen Euro kalkulieren können. Das war auch die Basis der ersten Ausschreibung, die die Deutsche Bahn für sich entscheiden konnte. Aber im Doppelhaushalt 2013/2014 hat das Sächsische Verkehrsministerium für den ZVNL nur 111,6 Millionen Euro eingeplant, im Folgejahr, wenn das Netz eigentlich voll in Betrieb sein soll, nur 112,3 Millionen Euro. Wenn die Lücke nicht geschlossen wird, wird es haarig. Und im teuren Tunnel phasenweise sehr still.

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