Nun sei die Katze aus dem Sack, meint Eva Jähnigen, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion. Sie hat Verkehrsminister Sven Morlok noch einmal zu den Vertragsbedingungen beim City-Tunnel Leipzig befragt. Denn immer wieder beschwören ja diverse Politiker die schönen Fernverkehrsanbindungen, die mit dem Tunnel möglich seien. Es wird nur keine geben.

Denn die Verträge, die der Freistaat Sachsen zum City-Tunnel abgeschlossen hat, sehen keinerlei Verpflichtung zur Bestellung von Fernverkehr durch die Deutsche Bahn AG vor.

“Das Fehlen jeglicher Verpflichtung zur Fernverkehrsbestellung angesichts dramatisch gestiegener Gesamtkosten des Projektes für den sächsischen Steuerzahler – ein starkes Stück. Da bleibt Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) nur noch das devote Betteln bei Bahnchef Rüdiger Grube, um eine Abendverbindung nach Zwickau, die sich die Bahn eventuell vorstellen kann. Und selbst diese ist nicht gesichert, sondern liegt allein im gutsherrlichen Ermessen der DB AG”, meint Jähnigen, nachdem Sven Morlok ihr zwei kleine Anfragen beantwortet hat.

“Das ist ein Schlag ins Gesicht für die sächsischen Bürger, die im Gegensatz zur DB AG für den City-Tunnel tief in die Tasche greifen müssen. Von den prognostizierten 388 Millionen Euro an Mehrkosten muss die DB AG nur 1,6 Millionen Euro übernehmen, der Freistaat Sachsen bleibt mit 316 Millionen Euro jedoch auf 80 Prozent der explodierenden Mehrkosten sitzen. Die öffentliche Hand trägt das Finanzierungsrisiko und die Nachteile nahezu allein, und dazu noch ohne Möglichkeit, zum Beispiel eine bessere Fernverkehrsanbindung Sachsens durchzusetzen”, so Jähnigen.Tatsächlich sahen die noch unter der Ägide von Kurt Biedenkopf und seiner Minister Kajo Schommer (Verkehr) und Georg Milbradt (Finanzen) abgeschlossenen Verträge zum City-Tunnel den Tunnel von vornherein als Herzstück des neuen mitteldeutschen S-Bahn-Netzes vor. Der Versuch, den Bürgern und Steuerzahlern neue und schnellere Fernverkehrsanbindungen durch den Tunnel zu versprechen, kann eigentlich nur als Vernebelungstaktik interpretiert werden. Oder als Marketing-Spruch, um die steigenden Mehrkosten besser zu verkaufen.

Ein Großteil der Mehrkosten entstand, weil man auch für dieses Tunnelbauwerk deutlich zu knapp kalkuliert hatte. Und die Vermutung dürfte wohl berechtigt sein, dass Sachsen mit seiner Zusage, etwaige Mehrkosten auf die eigene Kappe zu nehmen, die Zustimmung zur finanziellen Beteiligung des Bundes erkauft hat. Dass es mindestens 388 Millionen Euro werden würden, war vielleicht nicht abzuschätzen – aber ein vorausschauender Finanzminister hätte für Mehrkosten in solcher Größenordnung auf jeden Fall vorgesorgt und nicht gewartet, bis die ersten finanziellen Alarmmeldungen kamen.Die freilich auch mit der enormen Zeitverzögerung beim Tunnelbau zu tun haben. Denn eigentlich sollte er schon 2009 in Betrieb gehen. Jetzt scheint man den Fahrplanwechsel im Dezember 2013 schaffen zu können. Die bauausführende DEGES selbst hatte ursprünglich nur mit möglichen Mehrkosten von 73 Millionen Euro gerechnet. Doch seit 2007 war die Summe der zu erwartenden Mehrkosten immer weiter angestiegen. Jetzt rechnet das sächsische Verkehrsministerium mit einer Gesamtsumme von 960 Millionen Euro (statt der 2006 noch prognostizierten 585 Millionen).

Aktuell führen jetzt die “netzergänzenden Maßnahmen” (NEM) der Bahn zu Zeitverzögerungen. Und zu “erheblichen Mehrkosten für den Freistaat”, meint Jähnigen. Denn über die von der Bahn in Ansatz gebrachten Mehrkosten für die netzergänzenden Maßnahmen in Höhe von 37 Millionen Euro würde noch verhandelt, erklärt Sven Morlok.

Jähnigen: “Dank der durch die CDU-Regierung Biedenkopf abgeschlossenen unvorteilhaften Verträge muss Sachsen nun auch hier in Bittstellerhaltung verharren und kann nur auf laufende Verhandlungen mit der DB AG verweisen.”

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Es gäbe zwar keine technischen Beschränkungen für die Durchfahrt von Fernverkehrszügen durch den Tunnel, so Morlok. Nur halten dürfen sie dort nicht. Denn für die meisten regulären Fernverkehrszüge sind die 140 Meter langen Bahnsteige in den Tunnelstationen zu kurz. Eintakten in den Tagesbetrieb kann man sie auch nicht, denn die sechs geplanten S-Bahn-Linien werden den Tunnel in 5-Minuten-Abständen passieren. Mit der Fixierung auf das Mega-Projekt City-Tunnel hat Sachsens Regierung freilich in den letzten zehn Jahren den Blick auf die tatsächlich notwendigen Fernverkehrsanbindungen fast aus den Augen verloren. Geredet über einige Prestige-Wunschstrecken hat man zwar viel. Aber nicht einmal die Abkopplung der Großstadt Chemnitz hat die Regierung tatsächlich zum Handeln und zu nachhaltigen Arbeitskonzepten bewegt.

“Für eine Fernverkehrsanbindung Westsachsens über Leipzig ist weiterhin politischer Druck notwendig. Diesen vermisse ich bei Minister Morlok und Ministerpräsident Stanislaw Tillich”, meint Eva Jähnigen. “Hier müssten beide bei Bahnchef Grube ununterbrochen auf der Matte stehen.”

Kleine Anfrage Planung und Bau der Netzergänzenden Maßnahmen des City-Tunnel Leipzig und Auswirkungen auf die im Freistaat zu finanzierenden Kosten (Drs. 5/8318): www.gruene-fraktion-sachsen.de/1a31b83f.l

Kleine Anfrage Nutzung des City-Tunnel Leipzig für den Personenfernverkehr (Drs. 5/8319): www.gruene-fraktion-sachsen.de/632e40f1.l

Bericht des Sächsischen Landesrechnungshofes zum City-Tunnel Leipzig: www.mobiles-sachsen.de/e6295606.l

Grünen-Analyse der Berichtes: www.mobiles-sachsen.de/f726bccb.l

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