Eine Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Eva Jähnigen bei Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) bestätigte in dieser Woche, dass die Verträge zum City-Tunnel keine Pflicht zur Bestellung von Verkehrsleistungen des Schienenpersonenfernverkehrs vorsehen. Eva Jähnigen sah Sachsen nun beim Fernverkehr als Bittsteller gegenüber der Deutschen Bahn. Der Sprecher für Infrastruktur der Fraktion Die Linke, Enrico Stange, hält Fernverkehr im Tunnel trotzdem für möglich.
“Der City-Tunnel ist auch für die Durchleitung von Fernverkehr im Stundentakt geeignet und ausgelegt. Weder die Planer noch die Bauausführung haben hier etwas verbockt”, meint er. Muss sich aber auch gleich wieder einschränken: “Die erforderlichen Grundsatzentscheidungen auf Bundesebene sind anders gefallen und somit gegen den Tunnel. Die ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke von Berlin nach München (VDE 8) wurde über Halle-Erfurt geplant und gebaut. Und auch die Bundesregierung hatte über den zuständigen Minister stets betont, dass eine Bundesbeteiligung und mögliche Fördermittel ausschließlich für einen City-Tunnel ohne Konkurrenz zur Strecke Berlin-Halle/Leipzig-Erfurt-Nürnberg ausgereicht würden.”Der Dienstleistungsvertrag zum Mitteldeutschen S-Bahn-Netz biete ebenso die Möglichkeit, stündlich einmal Fernverkehr je Richtung durch den Tunnel zu führen. “Der Rahmen stimmt also”, meint Stange. “Allerdings fehlen offensichtlich die nötigen Fahrgäste, um genau diesen Fernverkehr innerhalb Sachsens zu fahren. Das Angebot von Bahnchef Grube spricht seine deutliche Sprache. In Tagesrandlagen könne ein Intercity bis nach Zwickau fahren, wenn dafür die S-Bahn entfällt und die Kunden im IC mitfahren können. Das ist der Offenbarungseid, dass aufgrund fehlender Fahrgäste ein Fernverkehr nur zu Lasten des S-Bahn-Nahverkehrs möglich ist.”
Und auch er muss feststellen, dass überregionale Vertaktungen, die eine solche Fernverbindung durch den Tunnel erst sinnvoll machen, gar nicht existieren. “Wenn Fernverkehr jemals tragfähig durch den Tunnel fahren soll, ohne sich am MDSB-Netz zu bereichern, dann muss auch der Deutschen Bahn im Sinne eigenwirtschaftlichen Betriebes beispielsweise eine Verbindung Berlin-Leipzig-Borna-Chemnitz-Nürnberg-Regensburg-München schmackhaft gemacht werden”, malt Stange eine mögliche Vision aus. “Sie böte gegebenenfalls die nötige Fahrgastzahl und stellte zugleich keine Konkurrenz zum ICE über Halle-Erfurt dar. Dafür jedoch muss der Blick über den sächsischen Tellerrand hinausgehen. Und erst dann macht politischer Druck auf Bahnchef Grube wirklich Sinn.”
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Aber genau das ist dann wohl die Krux: Die sächsischen Politiker versuchen, der Bahn ein bisschen mehr Engagement schmackhaft zu machen. Nur die politischen Vorgaben, die einen immer noch bundeseigenen Konzern wie die Bahn dazu bringen, nachhaltige Fernverbindungen auch in Ostdeutschland zu installieren, fehlen. Und werden so lange fehlen, wie die gewählten Politiker nachhaltige Schienenvernetzungen in Deutschland nicht als Standort-Bedingung begreifen und der Bahn die Ziele vorgeben.
So lange das nicht so ist, wird die Bahn AG weiter versuchen, den Sprung an die Börse zu schaffen und nur jene Strecken mit Milliarden Euro aufrüsten, die hohe Renditen versprechen. Alles andere rutscht irgendwie immer weiter nach unten – bis Länder und Zweckverbände in die Bresche springen müssen, um überhaupt noch einen vernünftigen Schienenverkehr am Rollen zu haben.
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