Die Bundesagentur für Sprunginnovationen, kurz SPRIND, feierte am 10. Oktober im historischen
Industrieambiente der Pittlerwerke in Leipzig, ihr fünfjähriges Bestehen. Als die SPRIND zur Feier rief, kamen etwa 500 Menschen aus Wissenschaft, Forschung, Gründerinnen und Gründer, aus der Politik und der Wirtschaft. Es gab ja auch viel zu feiern.

Per Videobotschaft brachte es Bundeskanzler Olaf Scholz schon zu Beginn auf den Punkt: „Staatlich geförderte Innovationen, wie soll das gehen? Lieber Herr Laguna de la Vera, so wie Sie das machen, genau so geht das!“

Aufgabe und Passion der SPRIND ist es, Innovatorinnen und Innovatoren für die Lösung der großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden und sie bei der Entwicklung ihrer Innovationen bis hin zur Markteinführung zu unterstützen. Dazu sucht die SPRIND nach Menschen mit neuen, manchmal zuerst verrückt erscheinenden Ideen. Menschen, die fähig und willens sind, ihre Visionen umzusetzen.

Wie uns Rafael Laguna de la Vera in einem früheren Interview erklärte, reichen Teams oder einzelne Menschen ihre Projekte ein, diese werden von einer Jury bewertet und, wenn sie erfolgversprechend sind, unterstützt die SPRIND diese. Die SPRIND veranstaltet auch Challenges zu vorgegebenen Themenkomplexen.

Rafael Laguna de la Vera. Foto: Thomas Köhler
Rafael Laguna de la Vera. Foto: Thomas Köhler

Rafael Laguna de la Vera ist Gründungsdirektor der SPRIND, wir haben ihn gefragt, was diese fünf Jahre ihm persönlich bedeuten: „Vieles kann man sagen, aber ich bin mächtig stolz auf das, was wir aufgebaut haben. Ich bin total glücklich, dass wir uns damals für Leipzig entschieden haben und dann auch solche coolen Locations, wie zu unserer 5-Jahres-Feier auf der wir gerade stehen, haben. Aber wir haben auch 2100 Projekte gesichtet, 8 Wettbewerbe gestartet, 163 Teams finanziert. Also ich sage mal so, wir sind auf Betriebstemperatur.“

Die SPRIND hat großen Projekten den Weg geebnet, beispielhaft steht dafür das Höhenwindrad nach der Idee von Horst Bendix. Auch der damals fast 90-jährige Innovator aus Leipzig fand bei SPRIND seine Heimat. Leider ist er 2023 verstorben und kann die Fertigstellung seines Projektes 2025 nicht mehr selbst erleben.

Höhenwind ernten. Foto: Thomas Köhler
Höhenwind ernten. Foto: Thomas Köhler

Auf die Frage nach laufenden Projekten sagte Rafael Laguna: „Da fangen wir mal mit dem Höhenwindrad an. Das war ja eine Anregung von Horst Bendix, die wir übernommen haben. Der Professor Großmann aus Dresden hat es übernommen und wir bauen es. Wir mussten leider sechs Monate auf die Baugenehmigung warten. Aber in der Lausitz steht dann nächstes Jahr ein Windrad mit 300 Meter Nabenhöhe.

Das kann man anfassen, das ist beeindruckend und es wird uns helfen, die Energiewende zu betreiben. Auf der anderen Seite machen wir Dinge wie Kernfusionen. Die sind natürlich noch weiter draußen, da kannst du noch nicht mal sagen, ob das dann wirklich funktioniert. Aber das ist unsere Aufgabe, dass wir große Risiken, die große Wirkung haben, über dieses Tal des Todes tragen.

Und bei 163 Projekten, wir sagen immer: Wir sind in der Schokoladenfabrik, weil wir so viele tolle Sachen sehen und dann können wir auch helfen, dass das hoffentlich klappt.“

Carsten Wehmeyer. Foto: Thomas Köhler
Carsten Wehmeyer. Foto: Thomas Köhler

Um im internationalen Wettbewerb der Industrieländer zu bestehen, brauchen wir dringend Innovationen und SPRIND ist dafür ein wichtiger Partner. Dieser Meinung sind auch Vertreter der Industrie, wie Dr. Carsten Wehmeyer, Referent Digitalisierung und Innovation beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), den wir um ein Statement baten.

„Die SPRIND ist für uns eine ganz wichtige Agentur, weil sie die Sprunginnovationen in Deutschland identifizieren und heben und hebeln soll, skalieren soll.

Wir brauchen Innovationen für unser Wirtschaftswachstum, für unseren Wohlstand und wir brauchen insbesondere eben auch die disruptiven Innovationen, die großen Durchbrüche, weil sie uns helfen ganz neue Geschäftsfelder aufzubauen, zu skalieren und dadurch natürlich Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland schaffen zu können.

Das hat ganz allgemein für das Innovationsgeschehen große Bedeutung, aber natürlich auch für die Industrie und die Wirtschaft insgesamt, weil wir damit einfach zu neuen Branchen und neuen Unternehmen kommen und neue Technologien sowohl erfinden als auch groß machen können. Und das ist begeisternd und dafür brauchen wir das.“

Den Verlauf der Veranstaltung detailliert zu schildern, würde den Artikel sprengen. Zu Beginn schilderte Rafael Laguna, gemeinsam mit Berit Dannenberg, den Anfang der Geschichte der SPRIND. Im nachfolgenden Talk mit Dietmar Harhoff wurde das vertieft und viele, manchmal lustige, Anekdoten über Herausforderungen kamen dem Publikum zu Gehör.

Jacob Beautemps, sich in seinem erfolgreichen YouTube-Kanal Breaking Lab schon mehrfach Projekte der SPRIND vorstellte, führte uns in einer Tour de Force durch die Welt von SPRIND. Die Grundfrage war „Kann Deutschland Innovation?“, die Antwort ein klares „Ja“.

Er stellte spannende Projekte und interessante Persönlichkeiten vor. Hoffen wir, dass Jacob oder die SPRIND das Video online stellt. Zwischenzeitlich gab es Zeit, um Bekannte zu treffen, neue Menschen kennenzulernen, Kontakte herzustellen und die Netzwerke auszubauen. Für Essen und Trinken war selbstverständlich auch gesorgt.

Gerhard Cromme. Foto: Thomas Köhler
Gerhard Cromme. Foto: Thomas Köhler

Dabei trafen wir auch Gerhard Cromme, den man als ehemaligen Aufsichtsrat bedeutender deutscher Unternehmen wie Siemens mit seinen 81 Lebensjahren als Urgestein der Deutschen Wirtschaft bezeichnen darf. Wir fragten ihn, was für ihn Innovationen und die SPRIND bedeuten.

„Wir leben in Deutschland heute noch von den Erfindungen vor 150 und 100 Jahren. Ob das das Auto ist, ob das die Elektrizität ist, ob das der ganze Maschinenbau ist, was auch immer, wir leben von den großen Erfindungen, die mit den Namen wie Siemens und Krupp und wie sie alle heißen verbunden sind. Wir stellen jetzt aber fest, dass wir ans Ende dieser Innovationen gekommen sind.

Und deshalb ist es unwahrscheinlich wichtig, dass wir heute die Erfindungen und die Innovationen finden und fördern, mit denen wir auch in 50 Jahren Deutschland Europa nähern können. Und das ist ein Prozess, der ist ungemein schwierig und die SPRIND hat sehr viel Geld aus Berlin gekriegt, um diese Erfindungen zu unterstützen, wenn kein anderer bereit ist, da Geld hereinzugeben.

Und ich kann nur sagen, ich bin da gerne mit dabei, ich helfe da, wo ich kann, indem ich Kontakte herstelle, indem ich die jungen Gründer ermuntere, nicht schon beim ersten Fehlschlag die Flinte ins Korn zu werfen, sondern weiterzumachen, denn wirklich gute Ideen können doch drei, vier, fünfmal abgelehnt werden. Wenn sie wirklich gut sind, hat der Gründer auch die Argumente, um letztlich Kunden und Finanziers zu überzeugen.“

Es ging noch weiter: Die Sieger unserer Broad-Specturm-Anitvirals- und Carbon-to-Value Challenges wurden gekürt, der Schriftsteller Matthew de Abaitua sprach über Zukunftsszenarien.

Am Ende gab es noch einen Besuch von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, die gratulierte und sagte: „Mit der SPRIND gibt es endlich eine Heimat für echte Neudenkerinnen und Neudenker am Innovationsstandort Deutschland. Deutschland braucht innovative Ideen aus der Wissenschaft und Wirtschaft, die unser Leben besser machen. Hier hat die SPRIND in ihrer jungen Geschichte bereits viel erreicht.

Sie fördert risikoreiche Ideen mit neuartigen Lösungsansätzen, die bestehende Produkte, Technologien oder Geschäftsmodelle ersetzen und neue Märkte erschaffen können. Dabei konzentriert sich die SPRIND auf die wirklich gesellschaftsrelevanten Themen – Themen wie Gesundheit, Mikroelektronik oder auch Klima- und Umweltschutz. Mit dem SPRIND-Freiheitsgesetz kann sie ihrer Aufgabe seit diesem Jahr noch besser gerecht werden. Sie kann nun selbst zu einer echten Sprunginnovation werden.“

Am Ende war open-end-Party angesagt, da waren wir nicht mehr dabei.

Fazit: Wir werden weiter über die SPRIND und ihre Projekte berichten. Die SPRIND ist ein wichtiger Akteur für Forschung und Entwicklung von innovativen Technologien, für die Deutsche Wirtschaft und für die Stadt Leipzig. Alles Gute für die nächsten 5 Jahre.

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Es gibt 2 Kommentare

Lassen wir uns also überaschen,wie das Höhenwindrad funktioniert, wenn es nun in der Lausitz steht. Das hätte dann dort mehr Symbolwirkung gegenüber dem Beharren eine sächs. MP der immer und immer wieder die angebliche Erfordernis der Braunkohleförderung in der Lausitz propagiert anstatt eine innovative Energiewende in Sachsen in die Wege zu leiten.
Die Stadt Leipzig sollte lt. parlamentarischem Auftrag schon mal vor Jahren einen Standort für ein Höhenwindrad ausweisen. Kommt vielleicht noch mit dem neuen Energiekonzept der Stadt, oder die Stadtverwaltung bleibt lieber beim Kleinkram und verwurstelt die Energiewende ebenso wie den Mobilitätsumbau.

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