Deutschland wird nicht allen Grünen Wasserstoff produzieren können, der künftig in der energieintensiven Industrie gebraucht wird. Ein Großteil davon wird importiert werden müssen. Für einen solchen Import aus Dänemark hat die VNG-Tochter ONTRAS jetzt eine Absichtserklärung unterzeichnet, mit der dann Grüner Wasserstoff aus einem dänischen Offhore-Windpark nach Mitteldeutschland kommen soll.
Die ONTRAS Gastransport GmbH (ONTRAS) und H2 Energy Europe, ein Entwickler nachhaltiger Wasserstoff-Systeme im industriellen Maßstab, haben eine Absichtserklärung (engl. Memorandum of Understanding, MoU) unterzeichnet. H2 Energy Europe plant eine 1-GW-Elektrolyseanlage mit Offshore-Windpark im dänischen Esbjerg, von der grüner Wasserstoff auch ins deutsche Wasserstoff-Kernnetz fließen soll.
Die beiden Unternehmen loten nun die technischen und kommerziellen Rahmenbedingungen für den Weitertransport im ONTRAS-Pipelineprojekt Green Octopus Mitteldeutschland (GO!) aus.
Die Rolle des Grünen Wasserstoffs
ONTRAS wird darüber erneuerbaren Wasserstoff in die deutschen Industrieregionen Salzgitter, Berlin, Eisenhüttenstadt, Magdeburg und Leipzig-Halle transportieren. Wasserstoff soll eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung solcher Industrien zukommen, die ihre CO₂-Emissionen anderweitig nur schwer mindern können. Dazu zählen etwa die chemische Industrie und die Stahlproduktion.
Im Rahmen der Absichtserklärung werden ONTRAS und H2 Energy Europe die technischen und kommerziellen Transportanforderungen sowie potenzielle Austrittspunkte sondieren. Ziel ist dabei, die sichere und zuverlässige, langfristige Versorgung mit Wasserstoff zu gewährleisten. Sobald diese Systemanforderungen definiert sind, werden die beiden Unternehmen entsprechende Kapazitätsverträge für mehrere Jahre abschließen.
Ein Leitungsnetz für den Grünen Wasserstoff
„Diese Vereinbarung ist Ausdruck unseres Engagements, auf europäischer Ebene an der Schaffung einer funktionierenden Wasserstoff-Infrastruktur mitzuwirken. Indem wir die Industrieregionen Salzgitter, Berlin, Eisenhüttenstadt, Magdeburg und Leipzig-Halle an unsere geplante Infrastruktur anschließen und mit Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen wie diesem ehrgeizigen Projekt in Dänemark versorgen, leisten wir unseren Beitrag zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaziele“, sagt Ralph Bahke, ONTRAS-Geschäftsführer Steuerung und Entwicklung.
Cyril Cabanes, CEO von H2 Energy Europe, betonte im Rahmen der Unterzeichnung der Absichtserklärung „Unsere Zusammenarbeit mit ONTRAS soll uns in die Lage versetzen, die Wasserstoff-Infrastruktur auszubauen, die für die Deckung der wachsenden Nachfrage der Industrie nach nachhaltigen Energielösungen unerlässlich ist.
Indem wir unser geplantes Projekt zur Produktion von grünem Wasserstoff mit einer Leistung von 1 GW in Dänemark mit dem robusten Gastransportnetz von ONTRAS in Deutschland verbinden, wollen wir zur Entwicklung einer integrierten, zuverlässigen Wasserstoffwirtschaft beitragen, die sich über ganz Europa erstreckt.“
Diese strategische Initiative steht im Einklang mit den Zielen Deutschlands, eine belastbare Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen, die inländische und internationale Produktionsquellen integriert. Laut der im Juli veröffentlichten Wasserstoffimportstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz rechnet die Bundesregierung bis 2030 mit einem deutlichen Anstieg des Wasserstoffbedarfs, der auf 95 bis 130 TWh pro Jahr geschätzt wird, wobei 50 bis 70 % des Bedarfs durch Importe gedeckt werden sollen.
Die Vereinbarung zwischen ONTRAS und H2 Energy Europe unterstützt diese Ziele, indem sie Wasserstoffimporte über kosteneffiziente Pipelines von Dänemark nach Deutschland ermöglicht.
Die Infrastruktur wächst
In Deutschland schreitet der Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur zum Wasserstoff-Transport voran: Gemeinsam mit den anderen deutschen Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) hat ONTRAS den Antrag für das bundesweite Wasserstoff-Kernnetz am 22. Juli 2024 bei der Bundesnetzagentur eingereicht, das die notwendige Infrastruktur für den effizienten Transport von Wasserstoff in und durch Deutschland bereitstellen soll.
Aktuell widmet ONTRAS bereits im Rahmen des Gemeinschaftsprojektes Energiepark Bad Lauchstädt die erste Pipeline deutschlandweit für den Transport von Wasserstoff um.
ONTRAS ist Teil der European Hydrogen Backbone (EHB)-Initiative, einer Gruppe von 33 europäischen Gasnetzbetreibern, die gemeinsam auf eine klimaneutrale EU hinarbeiten. Die EHB-Initiative zielt darauf ab, den Weg der Europäischen Union zur Dekarbonisierung zu beschleunigen, indem sie ihre Infrastruktur zur Entwicklung eines wettbewerbsfähigen, EU-weiten Marktes für erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff einsetzt.
Darüber hinaus ist ONTRAS zusammen mit fünf weiteren europäischen FNB Teil des Nordic-Baltic Hydrogen Corridor (NBHC), der ab den 2030er-Jahren erneuerbaren Wasserstoff von Produktionsstätten in Finnland durch das Baltikum, Polen und Deutschland zu den jeweiligen Industriekunden transportieren soll.
Die H2 Energy Europe
Im Jahr 2020 gab Trafigura, ein weltweit führendes Unternehmen in der Rohstoffindustrie, seine Investition in H2 Energy bekannt und gründete das Joint Venture H2 Energy Europe, um großflächige grüne Wasserstoffökosysteme in ganz Europa zu entwickeln. Im Oktober 2023 wurde Trafigura zum Mehrheitseigentümer von H2 Energy Europe.
Zu den geplanten Großprojekten gehört eine 1-GW-Initiative für grünen Wasserstoff in Esbjerg, Dänemark, die Offshore-Windenergie umwandelt, sowie ein 20-MW-Projekt für grünen Wasserstoff in Milford Haven, Südwales. H2 Energy Europe treibt auch den Aufbau eines Netzwerks von Wasserstofftankstellen entlang wichtiger Transportwege in Deutschland voran, um im Rahmen seiner Strategie ein umfassendes europäisches Ökosystem für grünen Wasserstoff zu schaffen
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Wir können hoffentlich in absehbarer Zeit nicht nur aus Dänemark grünen Wasserstoff beziehen. Deutsche Forschungsinstitute haben jetzt einen separaten Elektrolyseur für Windkraftanlagen entwickelt. Diesen wollen sie demnächst bei offshore Windrädern anwenden. Wenn das so funktioniert, dann könnte bei Seewindrädern gleich am Windrad Wasserstoff erzeugt werden, der zu Land gebracht werden müsste und in die Pipeline von Rostock nach Mitteldeutschland eingespeist würde.