Auch Wirtschaftspolitik lebt von klaren Worten und Ansagen. Das gibt nicht nur der Bevölkerung Orientierung, sondern auch den Konzernen, mit denen es der Freistaat Sachsen zu tun hat. Aber egal ob Flughafenpolitik oder Braunkohle – Sachsens Wirtschaftsministerium verschanzt sich hinter blumigen Aussagen, als wäre es nur die Außenstelle der Konzerne, die in Sachsen ihre Profite erwirtschaften. Und so gibt es immer noch keine klaren Zahlen zur Vorsorge der Kohlekonzerne.

Nachgefragt hat wieder die Lausitzer Linken-Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Strukturwandel, Antonia Mertsching. Denn sie will wissen, wie es in ihrer Heimatregion weitergeht, wenn der Kohleabbau in der Lausitz endet. Ob dann das Geld dafür da ist, die ausgekohlte Landschaft wieder zu reparieren.

Denn für die Kohleverstromung werden noch immer riesige Landstriche in Mondlandschaften verwandelt. Nach dem Willen der sächsischen Staatsregierung bis 2038, vielleicht aber nur bis 2030, wenn sich die aktuelle Bundesregierung damit durchsetzen kann. Aber egal, wie lange die Bagger noch schürfen – die Landschaften müssen in naher Zukunft vollständig wiederhergestellt werden.

Schweigen zur Vorsorgerücklage

Um die Milliardenkosten zu bezahlen, müssen die Kohlekonzerne aber Geld zurücklegen, damit die Renaturierung bezahlt werden kann und die Allgemeinheit nicht auf dem Schaden sitzenbleibt. Dazu haben Sachsen und Brandenburg 2019 Vorsorgevereinbarungen mit der LEAG abgeschlossen und Zweckgesellschaften gegründet, in die der Konzern Geld einzahlen muss.

Für Sachsen wurde das LEAG-Tochterunternehmen „Lausitz Energie Vorsorge- und Entwicklungsgesellschaft Sachsen mbH (LEVES)“ ins Leben gerufen. Doch während Brandenburg klare Zahlen benennt, wie viel Geld die LEAG für den brandenburgischen Teil des Lausitzer Kohleabbaus zurücklegen muss, bekam Antonia Mertsching auf ihr neueste Anfrage wieder nur ausweichende Antworten von Wirtschaftsminister Martin Dulig.

Zugespitzt formuliert, haftet das LEAG-Unternehmen bisher nur für 1,025 Millionen Euro und damit für einen Bruchteil der Kosten (Drucksache 7/15190).

„Die Staatsregierung hält diese Konstruktion und die lächerlich geringe Haftungssumme ‚bisher‘ für eine hinreichende Absicherung. Wir sehen das anders: Es geht hier um ein Milliardenrisiko für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler!“, kommentiert Mertsching die regelrechte Auskunftsverweigerung, in der sich das Wirtschaftsministerium hinter solchen Wortblasen versteckt: „Das Bergbauunternehmen hat seit Abschluss der Vorsorgevereinbarung bisher alle vertraglich vereinbarten Punkte vollumfänglich erfüllt, insbesondere seine Zahlungsverpflichtungen zum Aufbau des Sondervermögens.“

Denn die 1,025 Millionen Euro sind nur die gesellschaftsrechtliche Gesamthaftungshöhe für die LEVES, nicht das schon angesparte Sondervermögen, über dessen Höhe das Wirtschaftsministerium aber partout keine Auskunft geben möchte.

„Seit Jahren gibt es Befürchtungen, dass im Insolvenzfall die Allgemeinheit blechen muss, weil die Eigner der Kohlekonzerne sich ihrer Verantwortung entziehen. Die Staatsregierung kennt auch keine Rechtsgrundlagen, die verhindern könnten, dass der Freistaat dann als ‚Nachhafter‘ einspringen muss. Die Staatsregierung handelt hier fahrlässig auf Kosten aller Steuerzahler und der Menschen in der Lausitz!“, findet Mertsching.

Es geht um Milliarden-Beträge

Mertsching verweist auf das brandenburgische Wirtschaftsministerium, das recht transparent über die Vorsorgeleistungen informiert habe. So gebe es auch Auskunft darüber, dass die LEAG für die brandenburgischen Tagebaue 2,6 Milliarden Euro einplanen muss. Doch Sachsens Staatsregierung erteilt dem eigenen Parlament nur wenige Auskünfte (Drucksachen 7/15184, 7/15185). Es handle sich um Betriebsgeheimnisse der LEAG, behauptet sie einfach.

„In Brandenburg scheint das nicht der Fall zu sein. Wie ist das möglich? Welches Spiel spielt die Staatsregierung?“, fragt Mertsching.

Was nicht ganz zutrifft, denn die Zielhöhe der Rücklagen ist auch für den sächsischen Teil der Lausitz bekannt. Zuletzt gab die LEAG selbst darüber 2021 Auskunft und bezifferte die an die LEVES zu zahlende Größenordnung auf 1,75 Milliarden Euro. Damals war auch ein erster Sockelbetrag von 110,7 Millionen Euro eingezahlt worden. Aber wie sich die Rücklagen auffüllen und wie sicher sie tatsächlich bis zum Schließen der Tagebaue die Größenordnung von 1,75 Milliarden Euro erreichen, das will das sächsische Wirtschaftsministerium nicht verraten.

Und deshalb fordert Mertsching endlich Transparenz über die Rückstellungen, das Ansparkonzept und den Zeitrahmen für die Wiederherstellung der Tagebaulandschaft. „Nötig sind insolvenzfeste Sicherheitsleistungen in ausreichender Höhe (Drucksache 7/15499). Am 5. März wird unser Antrag dazu angehört!“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar