Die deutsche Landwirtschaft muss sich ändern. Längst sind ihre Hauptprobleme massive Bodenverluste, schwindende Bodenfruchtbarkeit und zerstörte Biodiversität. Die großen Bauernproteste sind auch ein Versuch, diese notwendigen Veränderungen mit aller Macht zu ignorieren. Ein breites Bündnis von Agrarexpert/-innen und Berater/-innen hat am Mittwoch, dem 10. Januar, das Positionspapier „Agroforst Jetzt!“ vorgestellt, in dem die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Implementierung von Agroforstsystemen in Deutschland betont wird.

Agroforstsysteme (kurz auch „Agroforst“ bezeichnet) sind eine multifunktionale Landnutzungsform, bei der Gehölze in Kombination mit landwirtschaftlichen Kulturen und/oder mit der Haltung von Nutztieren angebaut werden.

Das Papier (das man hier herunterladen kann) unterstreicht das riesige Potenzial von Agroforst für den Klimaschutz, die dringend notwendige Steigerung der Biodiversität und die Verbesserung landwirtschaftlicher Bedingungen. Es liefert praxisorientierte Hinweise für Regierungen und Verwaltungsorgane zur Stärkung von Agroforst und skizziert erfolgsentscheidende Gestaltungsprinzipien.

Es braucht Unterstützung für eine resiliente Landwirtschaft

In der aktuell angespannten Haushaltsdebatte, die momentan zu Ungunsten von Landwirt/-innen ausfällt, wollen die beteiligten Expert/-innen aufzeigen, wo und wie eine transformative Unterstützungsleistung aufgebaut werden kann, um eine resiliente Nahrungsmittelversorgung, pragmatische Klimatransformation und wirtschaftliche Stärkung landwirtschaftliche Betriebe gleichzeitig zu ermöglichen.

So könnte Agroforst in der Landwirtschaft wohl aussehen. Grafik: Project Togetherg GmbH/Sam Knight
So könnte Agroforst in der Landwirtschaft aussehen. Grafik: Project Togetherg GmbH/Sam Knight

Das Dokument wurde gemeinsam von Autor/-innen verschiedener Organisationen erarbeitet und stellt einen entscheidenden Schritt zur Skalierung von Agroforst in Deutschland dar. Das Bündnis sieht dieses Papier als Startpunkt und sucht nun aktiv nach weiteren Unterstützer/-innen. Das Ziel: 2024 soll ein Jahr der Agroforstwirtschaft werden, damit ein positiver Startimpuls und Entwicklungsschub auch für die darauffolgenden Jahre gesetzt wird.

Die Unterzeichnenden appellieren an Entscheidungsträger/-innen, Agroforst als Schlüsselelement in der Agrar- und Umweltpolitik zu etablieren und damit den Weg für eine ressourcenschonendere und resilientere Zukunft zu ebnen.

Die Politik muss Klimaschonung endlich ernst nehmen

„Die Regierenden werden nicht müde zu bekunden, dass sie eine produktive und zugleich klimaschonende, klimaangepasste und biodiverse Landwirtschaft anstreben.

Wenn dies nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben sollen, müssen die Bauern jetzt bei der Anlage und Bewirtschaftung von Agroforstsystemen unterstützt werden“, erklärt Christian Böhm, Vorstandsvorsitzender Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V.

„Kürzungen im Agrarhaushalt, die erste Ansätze für eine finanzielle Förderung der Anlage von Agroforstsystemen zunichtemachen, sind hierbei absolut kontraproduktiv. Sie bremsen nicht nur die Umsetzung von Agroforstsystemen, sondern begünstigen langfristig auch eine instabile Nahrungsmittelversorgung und volkswirtschaftliche Mehrbelastung.“

Herr Christian Böhm. Foto: Ralf Schuster
Christian Böhm. Foto: Ralf Schuster

Dabei haben Bundestag und Bundesrat längst Beschlüsse dazu angenommen. Doch statt sie umzusetzen, wird immer noch an der alten, falsch subventionierten Landwirtschaft herumgedoktert.

Im Sinne der Förderung des Gemeinwohls, der Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise und der Stärkung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft sei es allerhöchste Zeit, dass Politik und Verwaltung die Beschlüsse von Bundestag (Drucksache 19/24389) und Bundesrat (Drucksache 420/21) nun endlich konsequent in die Tat umsetzen, um die Agroforstwirtschaft zu stärken, sagt Daniel Fischer, Sprecher des bundesweiten Arbeitskreises Agroforstwirtschaft bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

„Insbesondere das grün geführte Bundesagrar- und Bundesumweltministerium sollten diesem Handlungsauftrag gerecht werden, ihre Handlungsmöglichkeiten gemeinsam nutzen, Synergien stärken und ihren politischen Gestaltungswillen zur Förderung einer vielfältig geprägten Agroforstwirtschaft spürbaren Ausdruck verleihen.“

Und auch Jana Werner, Referentin für Agrarpolitik vom Biokreis e.V. und Teil der AG Politik beim Bio-Dachverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW e.V.), betont: „Die Bundesregierung hat in ihrem Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU bereits 200.000 Hektar Agroforstflächen als Ziel für 2026 fixiert, von denen erst magere 51 Hektar in 2023 erreicht wurden. Damit die Landwirtschaft ihre Klimaziele nicht reißt, muss diese Zielgröße umgesetzt werden.

Lebensmittelproduktion wird nie klimaneutral werden können. Mehr Bäume auf den Feldern haben jedoch das Zeug zum Game Changer für eine klima- und umweltfreundliche Agrarwende sowie Ertragsstabilität und Ernährungssicherheit.“

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Ein interessanter Beitrag und voll auf unseren Bemühungen zu Waldgärten. Agroforst ist ein Zweig zur Zielrichtung. Leider hat die Verwaltung der Stadt Leipzig diese Bedeutung noch nicht erkannt. Gern stehen wir mit den Akteuren zum Gedankenaustausch zur Verfügung und würden weiterführende Gedanken mit einbringen. Zum Beispiel diese: Einsatz von Agrosolar Systeme u.a. am „Energiestandort Lausen“ https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/vo020?VOLFDNR=2014647&refresh=false

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