„Uniper wird den notwendigen Umbau der Energiewirtschaft durch flexible, ausbalancierte und maßgeschneiderte Formen der Energieerzeugung unterstützen“, meldete das 2022 vom Bund mit Milliarden gerettete Energieunternehmen Uniper am 1. August. Nach Reduzierung russischer Gaslieferungen war das Unternehmen ins Schlingern geraten. Doch ein Jahr später und ohne russisches Gas meldet Uniper wieder schwarze Zahlen – und bereitet sich auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe vor.

„Dazu transformiert das Unternehmen die eigenen Kraftwerke und Anlagen und investiert in flexible und gesicherte Anlagen zur Stromerzeugung“, teilte Uniper am Dienstag mit. „Dies umfasst auch Investitionen in Solar- und Windkraftanlagen, wo ein deutliches Wachstum angestrebt wird. 2030 will Uniper mehr als 80 Prozent seiner installierten Kraftwerksleistung zur CO₂-freien Stromproduktion nutzen. Spätestens 2029 endet bei Uniper die Stromproduktion aus Kohle. Bis 2040 beabsichtigt Uniper CO₂-neutral (Scope 1–3) zu sein, zehn Jahre früher als zuletzt geplant. Bis 2035 plant Uniper konzernweit CO₂-Neutralität für die Scope 1 & 2 Emissionen.“

Das Jahr 2029 steht für den geplanten Verkauf des Steinkohlekraftwerks Datteln 4, der Teil der Verpflichtungen ist, welche die EU Uniper auferlegte, damit die massive Unterstützung durch den deutschen Staat überhaupt erlaubt wurde. Der erst 2007 in Bau gegangene Kraftwerksblock Datteln 4 stand von Anfang an unter massiver Kritik, weil er so offensichtlich gegen alle Ziele der Bundesrepublik verstieß, den CO₂-Ausstoß zu senken. 2020 ging er unter anhaltenden Protesten in Betrieb.

Auch RWE und EnBW

Wobei noch längst nicht klar ist, ob Uniper für das Steinkohlekraftwerk – für das die Steinkohle auch noch importiert werden muss – noch einen Abnehmer findet. Denn auch für andere deutsche Kohlekraftwerke steht ein Ende des Betriebs auf der Tagesordnung.

Der BUND Sachsen befürchtet freilich, dass das schließlich ziemlich chaotisch und mit heftigen Kosten für die Steuerzahler passiert.

Denn Sachsens Regierung beschwört ja nach wie vor den im Kohlekompromiss vereinbarten Endtermin für die Abschaltung der Kohlekraftwerke 2035 (im Leipziger Süden) und 2038 (in der Lausitz). Zwischenzeitlich freilich thematisierte der tschechische Konzern EPH, dass er seine Kohlesparte – mit LEAG und Mibrag – abspalten will, um den Mutterkonzern treibhausgasfrei zu machen.

Der Energieriese RWE hatte schon im Oktober 2022 gemeldet, dass er bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen will. Der Energiekonzern EnBW verkündete im März, dass er bis 2028 aus der Kohle aussteigen will.

Sind also Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg dann die Schlusslichter beim deutschen Kohleausstieg?

Alle drei genannten Konzerne begründeten ihre Entscheidungen mit marktwirtschaftlichen Entwicklungen zum Ende der 2020er Jahre: Steigende CO₂-Preise führten zu abnehmender Profitabilität der Kohle bei gleichzeitig zunehmenden Gewinnmargen im Bereich der erneuerbaren Energien. Ungeachtet dessen halten Brandenburgs und Sachsens Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Michael Kretschmer am Kohleausstieg 2038 in der Lausitz fest.

Der BUND Sachsen befürchtet deshalb eine Insolvenz des Kohlekonzerns LEAG mit weitreichenden Folgen für Lausitz und Staatskasse.

Denn auch die LEAG kommt an den steigenden Kosten für Kohleverstromung nicht vorbei.

Die Braunkohle wird vor 2030 unwirtschaftlich

„Letztendlich wird der steigende CO₂-Preis die Kohlekraftwerke bis 2030 aus dem Markt verdrängen. Je länger die Verantwortlichen ihre Augen vor der ökonomischen Realität verschließen, desto wahrscheinlicher wird eine Insolvenz der LEAG“, sagt Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen.

Ein Gutachten des renommierten Forschungsinstituts Aurora Energy Research bestätigt die prognostizierte Entwicklung: „Unter den ökonomischen Rahmenbedingungen […] erwarten wir keine Verstromung der Braunkohle nach 2030, da diese unprofitabel wäre.“

Eine aktuelle Studie des BUND Sachsen von Energy Brainpool zeigt zudem, dass der Kohleausstieg bis 2030 die Energieversorgung nicht gefährde und sogar zu sinkenden Strompreisen führe.

„Wenn die Bundesländer nicht schleunigst eingreifen, wird die EPH den deutschen Kohlesektor erfolgreich abspalten, ihre Gewinne ins Ausland transferieren und nach der Pleite der LEAG müssen wir Steuerzahler dann die Zeche zahlen“, argumentiert David Dresen, Pressesprecher vom Anti-Kohle-Bündnis „Alle Dörfer bleiben“, mit Bezug auf die Ankündigung des tschechischen Investors EPH.

Dieser zufolge soll das Kohlegeschäft der LEAG und Mibrag in eine neu gegründete Tochtergesellschaft namens EP Energy Transition ausgegliedert werden.

Sollte es zu einer Insolvenz der LEAG kommen, würde die Verantwortung zur Begleichung der Renaturierungs- und Ewigkeitskosten derzeit an die jeweiligen Bundesländer übergehen. Das „Forum ökologisch soziale Marktwirtschaft (FÖS)“ hatte deshalb bereits 2022 in einem Policy Brief dringlich geraten, die geplanten Einzahlungen in die Zweckgesellschaften zu beschleunigen, zusätzliche Sicherheitsleistungen zu verlangen und eine langfristige Haftung des Mutterkonzerns EPH sicherzustellen.

Auch die Fraktionsvorsitzenden der Grünen der ostdeutschen Kohleländer scheinen eine Insolvenz des Kohlekonzerns zu befürchten und forderten den Bund vor wenigen Monaten dazu auf, eine Stiftung zu gründen, aus deren Mitteln die Tagebaufolgekosten beglichen werden.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar