Wie sieht eigentlich die Energiezukunft in Sachsen aus? Wenn es nach Ministerpräsident Michael Kretschmer geht, wird hier noch bis 2038 Braunkohle verbrannt. Die Zukunft bleibt also dreckig. Zumindest in dem Mantra, das auch der Braunkohlekonzern LEAG unermüdlich wiederholt. Selbst als der Konzern im Herbst 2022 in der Lausitz seine Pläne für die GigawattFactory vorstellte, wiederholte er: Kohle wird trotzdem bis 2038 verbrannt.
„Steigt die LEAG früher aus der Kohleverstromung aus?“, fragt der Konzern auf der Website zur GigawattFactory gleich mal sich selbst und antwortet vollmundig: „Wir brauchen heute und morgen jede produzierte Kilowattstunde. Wir bieten den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland den größten, modernsten, flexibelsten und zuverlässigsten Verbund von EE-Anlagen im Land an. Das ist ein Meilenstein für die Energiewende und ein wesentlicher Schritt zur importunabhängigen Stromversorgungssicherheit.
Die schrittweise Stilllegung von Kraftwerksblöcken ist im Ausstiegspfad des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes (KVBG) geregelt, der für uns bindend ist. Dort steht Ende 2038 und das gilt für uns.“
Eine Antwort, die schon die ganze Schizophrenie des sogenannten Kohlekompromisses deutlich macht: Statt diese vereinbarten Termine als maximale End-Daten für das Abschalten der Kohlekraftwerke zu nehmen, tut man so, als wären es bindende Termine, bis zu denen unbedingt Kohle verfeuert werden muss.
Die Kohle soll ausgegliedert werden
Gleichzeitig bereitet sich die LEAG als neuer Spieler auf dem Markt der erneuerbaren Energien vor: „Die GigawattFactory ist eine tragende Säule für die Transformation der LEAG. EPH unterstützt diese Transformation nicht nur, sondern treibt sie aktiv voran. Unsere grüne Energiefabrik ist ein Projekt der LEAG und LEAG wird das Projekt gemeinsam mit dem Projektentwickler EP New Energies, der ebenfalls zur EPH-Gruppe gehört, umsetzen.“
EPH ist der tschechische Konzern, dem die LEAG und die Mibrag gehören.
Und während man in der Lausitz schon mal grüne Zukunft mit der GigawattFactory ankündigt, ist der Mutterkonzern EPH gerade dabei, seine schmutzigen Kohleteile auszugliedern, um sich selbst bis 2030 – auf dem Papier – klimaneutral zu machen.
Bloomberg.com berichtete dazu in Auswertung des von EPH herausgegebenen Nachhaltigkeitsberichts, in dem der Konzern ankündigt, „die Bergbau-Unternehmen LEAG und Mibrag in eine neue Schwestergesellschaft, die EP Energy Transition, übertragen zu wollen. Dort dürfen die Anlagen dann bis 2038 weiterlaufen, während die Gesamt-EPH sauber ist. Den Trick haben schon Bergbauriesen wie Anglo American und Teck Resources erfolgreich angewendet: Gründe eine neue Gesellschaft, lege dort deine fossilen Geschäfte rein, verkaufe sie, fertig ist die grüne Umweltbilanz.“
Die schmutzigen Kohlekraftwerke laufen also – in einer ausgegliederten Gesellschaft – weiter, während EPH bzw. LEAG sich mit den vorhandenen Finanzreserven zum neuen Energieriesen mit erneuerbaren Energien (Fotovoltaik, Windkraft, grüner Wasserstoff, Speicher) mausern.
Aber wer würde die alten Kohlemeiler mit ihrer hinschmelzenden Restlaufzeit eigentlich noch kaufen?
Der Goldwert von Bergbaufolgeflächen
Bei der Vorstellung der GigawattFactory im September 2022 gab sich der LEAG-Vorstand zuversichtlich: „Ja, wir sind wirtschaftlich gesund, sehr gesund, die Strompreise der Tage, der letzten Wochen, Monate kennen Sie, die Vorausschau auch und wir werden das, was wir vorhaben, auch zu großen Teilen aus Eigenmitteln finanzieren und aus Eigenmitteln damit unsere Zukunft gestalten.“
Was diese erstaunlichen Spielräume ermöglicht, benannte LEAG-Vorstand Thorsten Kramer: „Die LEAG besitzt Goldstaub. […] Unser Goldstaub sind 33.000 ha konfliktarme Bergbaufolgefläche in der Lausitz.“ Das ist jede Menge Fläche, um dort ohne hemmende Einsprüche von Nachbarn in großem Maßstab erneuerbare Energien aufzubauen.
So will die LEAG „rund 7.000 MW Wind- und Sonnenstrom bis 2030, mit der Möglichkeit einer weiteren Verdopplung bis 2040“ schaffen. „Wachsen sollen diese Wind- und PV-Parks vornehmlich auf ehemaligen Bergbauflächen, aber auch auf Drittflächen. Die ersten 1.000 MW sind bis 2026 geplant.“
Für die Lausitz verspricht die LEAG jedenfalls eine neue Energiezukunft samt Arbeitsplätzen. Es würden keine Jobs verloren gehen: „Im Gegenteil. Die GigawattFactory wird künftig der Jobmotor der Lausitz, denn ein gesichertes, preisstabiles Grünstrom-Angebot ist entscheidender Faktor für Industrieansiedlungen im Strukturwandel. Der Deutschen Bahn werden weitere Großunternehmen folgen, wenn die Voraussetzungen stimmen. Im besten Fall entstehen mehr Jobs in Drittunternehmen als durch die Braunkohle wegfallen.“
Aber die Frage bleibt: Wer kauft jetzt noch Kohlekraftwerke?
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