Geschäftsführer sind empfindsame Leute. Es ist ihr Gefühl für die Chancen und Risiken der nächsten Monate, das darüber entscheidet, ob ihr Unternehmen Erfolg hat oder ins Trudeln gerät. Deswegen erzählen die Konjunkturumfragen der sächsischen Industrie- und Handelskammern zuallererst immer von diesem Bauchgefühl. Und davon, dass die Befragten aus gutem Grund immer mehr Risiken sehen, als dann tatsächlich eintreten. Auch in der neuen Umfrage zum Jahresauftakt.
Was die drei IHKs in ihrer Auswertung der Umfrage so auf den Punkt bringen: „Die sächsische Konjunktur befindet sich zum Jahresbeginn 2023 in unsicherem Fahrwasser. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern, an der sich 1.665 Unternehmen aus Industrie, Baugewerbe, Handel, Dienstleistungen, Verkehr sowie Gast- und Tourismusgewerbe mit mehr als 98.000 Beschäftigten beteiligten. Aufgrund der vielfältigen geschäftlichen Risiken und Unwägbarkeiten sind die Vorzeichen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung noch ungewiss.“
Der IHK-Geschäftsklimaindex klettert nach dem Tiefpunkt im Herbst auf aktuell 102 Punkte, liegt damit aber immer noch 9 Punkte unter dem Wert vom Jahresbeginn 2022, stellt die Arbeitsgemeinschaft der sächsischen IHKs fest.
Sachsens Wirtschaft stabiler als gedacht
Was aber trotzdem ein überraschender Wert ist. Die Grafiken zur Lageentwicklung machen es deutlich. Denn erst im Herbst war die Stimmung in Sachsen regelrecht in den Keller gerauscht. Die Debatte um die steigenden Energiepreise sorgten in manchen Branchen regelrecht für Panik.
Etliche Unternehmen prophezeiten schon massive Entlassungen oder gar eine Verlagerung der Produktion ins – billigere – Ausland.
Aber so schnell verlagert man weder seine Produktion, noch schmeißt man derart gedankenlos sein wertvolles Personal raus. Das Ergebnis: Seit dem Einschnitt der beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 läuft Sachsens Wirtschaft recht stabil. Daran hat auch der Einbruch in den Erwartungen im Herbst 2022 nichts geändert.
Geschäftslage und Erwartungen
Die Geschäftslage der sächsischen Unternehmen hat sich im Vergleich zur vorherigen Umfrage im Herbst 2022 leicht verbessert und steht wieder auf dem Vorjahresniveau, stellt die Arbeitsgemeinschaft der IHKs den auch fest. „In Anbetracht des ausgesprochen schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes ist dies ein ansprechendes Ergebnis, hatten die Unternehmen seit Jahresbeginn doch mit massiven Preis- und Kostensteigerungen zu kämpfen.“
Natürlich gibt es unterschiedliche Trends in den Branchen.
„Mit Blick auf die Wirtschaftsbereiche kann im Jahresvergleich nur das Gast- und Tourismusgewerbe eine kräftige Lageverbesserung melden, da die Branche vor einem Jahr noch stark unter den Corona-Restriktionen zu leiden hatte und die Stimmung entsprechend am Boden war. Trotz deutlicher Verbesserung ist die Branche aber immer noch Schlusslicht bei der Lagebewertung. In allen anderen Wirtschaftsbereichen liegen die Lageeinschätzungen unter den Ergebnissen vom Jahresbeginn 2022. Am besten beurteilen noch die Unternehmen in der Industrie sowie im Bau- und Dienstleistungsgewerbe ihre aktuelle Geschäftslage.“
Also Vorsicht? Bei den meisten befragten Geschäftsführungen augenscheinlich ja. Lieber nicht zu optimistisch sein. Man weiß ja nie, was kommt.
„Die Geschäftserwartungen der Unternehmen haben sich vom Stimmungstief im Herbst 2022 zwar wieder erholt, bleiben dennoch äußerst verhalten“, so die IHKs. „So gehen 15 % der Unternehmen von einer Verbesserung ihrer Geschäftslage im laufenden Jahr aus. Ihnen stehen mit 32 % aber doppelt so viele gegenüber, die mit einer weiteren Verschlechterung rechnen. Der Saldo aus besseren und schlechteren Geschäftsaussichten liegt mit -17 Punkten deutlich im negativen Bereich und ist damit auch erheblich niedriger als vor einem Jahr (0 Punkte).
Zwar gehen die Meldungen über Materialengpässe wieder langsam zurück und auch das Problem einer Gasmangellage dürfte dank zusätzlicher Gasimporte und eines deutlich reduzierten Verbrauchs in diesem Winter wohl ausbleiben, doch hohe Energiekosten werden die Unternehmen auch weiterhin stark belasten. Die hohe Inflation wird 2023 nur langsam sinken und die real verfügbaren Einkommen und damit den Konsum der privaten Haushalte schmälern.“
Wirtschaft ist vor allem Psychologie. Was selbst in diesem Satz steckt: „Besonders negativ sind die Geschäftserwartungen im Bau- und Verkehrsgewerbe sowie im Handel.“
Dabei hat der Bau volle Auftragsbücher. Gerade Kommunen wie Leipzig bekommen all ihre Bauprojekte nur schwer am Markt platziert. Und das auch dann, wenn man die deutlich gestiegenen Baukosten mit einkalkuliert hat.
Investitionen, Beschäftigung, Risiken
Aber Zeiten der Risiken sind zugleich Zeiten, in denen die meisten Geschäftsführer lieber auf Nummer sicher fahren und sich beim Geldausgeben zurückhalten.
Ergebnis laut Befragung: „Ihre Investitionsplanungen haben die Unternehmen nach dem massiven Rückgang zur Herbstumfrage 2022 wieder spürbar angehoben. Dennoch bleiben die Investitionsaktivitäten insgesamt schwach. Damit dürfte die schon während der Corona-Pandemie entstandene Investitionslücke weiter zunehmen. Die nach wie vor vorhandene große Unsicherheit sowie gestiegene Finanzierungskosten dämpfen die Investitionstätigkeit.“
Scheinbar sieht das beim Personal ganz ähnlich aus: „Die Personalplanungen geben gegenüber dem Vorjahresstand ebenfalls etwas nach, lassen aber insgesamt eine stabile Beschäftigungsentwicklung erwarten. Dies ist vordergründig auf den ausgeprägten Fach- und Arbeitskräftemangel zurückzuführen. Die Unternehmen haben ein großes Interesse, ihre Mitarbeiter zu halten. Während in der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe sogar leichte Personalzuwächse möglich sind, lassen die Ergebnisse im Bau- und Verkehrsgewerbe kurzfristig eher sinkende Personalbestände erwarten.“
Aber auch das kann trügen. Denn der Blick auf die aktuellen Stellenangebote der Arbeitsagentur Leipzig zeigt, dass auch Bau- und Verkehrsgewerbe weiterhin jede Menge Personal suchen. Das Problem ist eher, die Leute zu finden.
Unwägbarkeiten voraus
Und die Vorsicht der befragten Geschäftsführer übernehmen die IHKs dann auch in ihre Prognose für 2023: „Das wirtschaftliche Umfeld wird auch 2023 von zahlreichen Geschäftsrisiken und Unwägbarkeiten geprägt sein. Mit Abstand der meistgenannte Risikofaktor bleibt aber die Entwicklung der Energiepreise. Mit Ausnahme des Bau- und Verkehrsgewerbes führen die Energiepreise in allen Wirtschaftsbereichen das jeweilige Risikoranking an.
Auf den Plätzen 2 und 3 folgen die Entwicklung der Arbeitskosten, die insbesondere mit der deutlichen Anhebung des flächendeckenden Mindestlohnes auf 12 Euro einen kräftigen Schub erhielten, und der Fachkräftemangel, der bereits einem Großteil der Betriebe zunehmend Kopfschmerzen bereitet und die Wachstumsperspektiven gefährdet.“
Forderungen Richtung Politik
Was die Kammern da von der Politik erwarten, fassen sie in folgenden fünf Forderungen zusammen:
1. Stabilität und Bezahlbarkeit der Energieversorgung über 2023 hinaus sicherstellen!
2. Fachkräfteeinwanderung auf allen Ebenen ermöglichen, nicht erschweren!
3. Sächsische IHKs gegen gesetzlichen Bildungsurlaub – stattdessen die Weiterbildung im Betrieb
fördern!
4. Durch Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen den Strukturwandel ermöglichen!
5. Investitionen in Verkehrsinfrastruktur sichern!
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