In Krisenzeiten überschlagen sich die Ereignisse. Dann ziehen auch dunkle Wolken über der Wirtschaft auf. Denn auf einmal lässt sich nicht mehr sagen, was im nächsten Monat oder gar im nächsten Jahr sein wird. Entsprechend dramatisch lesen sich dann die neuen Konjunkturumfragen auch der sächsischen Industrie- und Handelskammern. Sie zeigen jetzt die flauen bis grauen Gefühle aus dem September.
Denn ein wirklich zeitnah aktuelles Werkzeug sind die Konjunkturumfragen nicht. Einige tausend Unternehmen werden angeschrieben, füllen Fragebögen aus und die werden dann zentral ausgewertet. Das ergibt dann solche Kurven wie oben.
Einmal die Einschätzung der aktuellen Lage, die noch immer so ist, wie sie auch in der Corona-Zeit war. Und dann gibt es noch die Geschäftserwartungen, die normalerweise dadurch entstehen, dass die Geschäftsführer in ihre Auftragsbücher schauen und nachrechnen, wie lange die Aufträge in die Zukunft reichen.
Manche scheinen auch nur ihr Bauchgefühl zu fragen. Denn auch Geschäftsführer sind nur Menschen, konsumieren jeden Tag die auf sie einprasselnden Nachrichten und lassen sich anstecken.
Ansteckende Panikmache
Was diesmal deutliche Folgen hat, denn die meisten großen und mittleren Unternehmen in Sachsen sind auf jede Menge Energiezufuhr angewiesen. Und wer sich erinnert: Bis zum Sommer war die Panik, dass im Winter das Erdgas fehlen würde oder gar Blackouts drohen könnten, riesengroß.
Eine Panik, die damals schon keine feste Grundlage hatte, denn die explodierenden Gaspreise erzählten ja nicht nur davon, dass der Stoff nach Putins Einstellung der Gaslieferungen auf den Märkten knapp geworden war. Sie erzählten auch davon, dass sich jetzt jeder, der irgend konnte, mit Erdgas aus anderen Regionen eindeckte. Auch Deutschland.
Mittlerweile sieht die Lage längst wieder anders aus, wie Thomas Fricke in seiner „Spiegel“-Kolumne sehr anschaulich erklärt. Auch in Bezug auf die aktuelle hohe Inflation mit 10,5 Prozent, die zu großen Teilen auf die steigenden Energiepreise zurückgeht.
Auch Märkte sind dynamische Gebilde, in denen nicht nur auf sich veränderte Angebote und Nachfragen reagiert wird. Hier wird auch gezockt und wer kann, verdient sich in Krisenzeiten dumm und dämlich.
Wer aber auf preiswerte Energie angewiesen ist, hat ein Problem. Dann wird seine Produktion teurer und es wird schwieriger, dann noch zu verkaufen.
Aber das Drama zeigt gerade auch für Sachsen, wie sich alle darauf verlassen haben, dass billige fossile Energie bis in alle Ewigkeit zur Verfügung steht. Trotz Klimakrise. Aber vorneweg lief ja immer ein Ministerpräsident, der sich bis heute nicht vorstellen kann, dass Sachsen mal ohne russisches Erdgas auskommen kann.
Zukunftsaussichten: dunkelgrau
Das Ergebnis in der Konjunkturumfrage der IHKs? Ein Moment der Panik, abgebildet mit abstürzenden Geschäftserwartungen.
Oder in der Formulierung der drei sächsischen IHKs:
„Die bereits in der Frühjahrsumfrage vorhandene Unsicherheit in der sächsischen Wirtschaft hat sich im Herbst 2022 weiter verstärkt. Während die Lageeinschätzungen der Unternehmen insgesamt nur leicht sinken, stürzen die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate regelrecht ab. Eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Problemen stellen die Unternehmen aktuell vor massive Herausforderungen.
Dazu zählen insbesondere die Folgen des Ukrainekrieges, die drastischen Energiepreissteigerungen, weiterhin bestehende Lieferengpässe, die Inflation, aber auch Folgen der noch immer nicht überwundenen Corona-Pandemie.
Der IHK-Geschäftsklimaindex sinkt dementsprechend zum dritten Mal in Folge und liegt nun bei 82 Punkten (nach 103 Punkten im Frühjahr 2022). Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern, an der sich im September 1.622 Unternehmen aller Branchen mit ca. 81.000 Beschäftigten beteiligten.“
Wie die IHKs die Geschäftslage und -erwartungen einschätzen
„Nur noch ein reichliches Drittel (36 %) der Unternehmen beurteilt die Geschäftslage mit ‚gut‘. Das ist der niedrigste Wert seit Jahresbeginn 2021. Fast die Hälfte (47 %) berichten von noch zufriedenstellenden Geschäften. Der Anteil der Unternehmen mit schlechter Geschäftslage (17 %) steigt gegenüber der Frühjahresumfrage 2022 nur um einen Punkt, im Vergleich zum Herbst des Vorjahres jedoch um sieben Punkte. In der Folge ergibt sich ein Geschäftslagesaldo von 19 Punkten.
Eine Verschlechterung der Lage ist in allen Branchen zu verzeichnen, mit Ausnahme der Tourismuswirtschaft, was in der vergleichsweise guten Sommersaison und der coronabedingt schwierigen Ausgangslage begründet sein dürfte.“
Trübe Aussichten, Stand September
„Noch scheint der Hype um die schlimmste Prognose zu laufen. Und noch sehen sich vor allem die bestätigt, die schon immer gegen die Notenbanken wetterten – und in den Niedrigzinsen der vergangenen Jahre den wahren Grund für die Inflation dieser Monate sehen. Das hieße, dass die Teuerungswelle auch ohne Gaspreisanstiege noch über Jahre weiterginge“, schreibt Fricke in seinem Kommentar im „Spiegel“. „Ob das die treffende Deutung ist, ist nur alles andere als sicher.“
Recht hat er.
Panikmache gehört inzwischen zu den Lieblingsspielen vieler Medien, auch und gerade der großen. Panik erzeugt Aufmerksamkeit. Aber leider auch Ängste, die ein Zukunftsbild malen, das die Menschen nur noch deprimiert. Oder mit schrägen Parolen auf die Straße bringt.
Ein produktiver Umgang mit Krisen sieht anders aus.
Aber angesteckt von einer nur scheinbar professionellen Panikberichterstattung auf allen Kanälen äußerten hunderte Geschäftsführer in der Konjunkturbefragung im September, dass sie nichts Gutes erwarteten.
In der Auswertung der IHKs liest sich das so:
„Mehr als jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer Verschlechterung in den nächsten Monaten. Nicht einmal jedes zehnte erwartet eine Verbesserung. 40 % der Befragten gehen von einer gleichbleibenden Lage aus.
Der sich daraus ergebende Prognosesaldo sinkt gegenüber der Umfrage vom Frühjahr um 28 Punkte und ist mit -44 Punkten sogar schlechter im Vergleich zum Frühjahr 2020 (-39 Punkte), als die erste Welle der Corona-Pandemie das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben bestimmte.
Der Rückgang der Erwartungen umfasst alle Branchen. Außer im Dienstleistungsgewerbe (44 %) gehen in allen Bereichen deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage in den kommenden Monaten aus.
Die finanzielle Situation der Unternehmen spannt sich erneut an. Nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie und über einem Jahr zunehmender Kostensteigerungen bei Energie, Rohstoffen und Arbeit gehen die Reserven zunehmend zur Neige.
Nur noch 54 % der Betriebe berichten von einer unproblematischen Finanzlage (Frühjahr: 59 %). Die von finanziellen Problemen betroffenen Unternehmen benennen als Gründe vor allem Eigenkapitalrückgänge, Liquiditätsengpässe und vermehrt auch Forderungsausfälle, die wieder an Bedeutung gewinnen.“
Was dann auch erst einmal wieder Zurückhaltung bei Investitionen und Neueinstellungen bedeutet. Aber in den nächsten Tagen gibt es ja auch wieder die neuen Arbeitsmarktzahlen. Es wäre eher eine Überraschung, wenn der Arbeitskräftehunger der Unternehmen tatsächlich zurückgehen sollte.
Keine Kommentare bisher