Durch den Aufbau industrieller Infrastruktur und Wertschöpfungsketten für grüne Gase wie Wasserstoff und Biomethan können im Mitteldeutschen Revier bis zu 10.000 neue Jobs entstehen. Das ist ein Ergebnis der Strukturwandelstudie „Grüne Gase“, die im Auftrag der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland entstand.

Der Aufbau industrieller und infrastruktureller Kapazitäten für Grüne Gase wie Wasserstoff kann signifikante Wachstumsimpulse für den Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier auslösen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie im Auftrag der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland, welche die Potenziale für die Produktion, Verteilung und Nutzung der klimafreundlichen Energieträger untersucht und Handlungsempfehlungen für regionale Akteure gibt.

Auf dem Weg zum grünen Energiestandort?

„Der sektorenübergreifende Ersatz von Erdgas durch Grüne Gase wie Wasserstoff und Biomethan ist von zentraler Bedeutung für das Erreichen der angestrebten Klimaschutzziele. Gleichzeitig bietet sich damit die Chance, neue und resiliente Energiequellen im eigenen Land zu erschließen und die aktuell noch große Abhängigkeit von Energieimporten signifikant zu reduzieren. Insbesondere für das Mitteldeutsche Revier verbinden sich mit dem Auf- und Ausbau industrieller und infrastruktureller Kapazitäten für Grüne Gase bedeutende Wachstums – und Wertschöpfungspotenziale“, erklärt Julia Mayer, Handlungsfeldmanagerin Ressourcen bei der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland.

„Mit der jetzt vorgelegten Studie liefern wir den regionalen Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung einen wichtigen Baustein für die notwendige Strategieentwicklung und frühzeitige Positionierung der Region als grüner Energiestandort“, so Julia Mayer weiter.

Was in der Studie untersucht wurde

Im Mittelpunkt der 450 Seiten starken Studie steht eine umfassende Analyse der Bereitstellungspfade, Potenziale und Bedarfe für Grüne Gase wie Wasserstoff sowie Gasen aus biogenen Quellen (Biogas und Biomethan). Darüber hinaus werden die damit verbundenen Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte im Mitteldeutschen Revier sowie die regulatorischen und genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen untersucht.

Für die Prognose der zukünftigen Erzeugungspotenziale und Bedarfe an Grünen Gasen in den verschiedenen Sektoren (stoffliche Nutzung, Strom- und Wärmeversorgung, Mobilität) kommen dabei zwei Szenarien zum Einsatz, die von einer unterschiedlich starken Reduktion der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2045 ausgehen.

Bedarf an grünem Wasserstoff kann zu Zweidrittel aus der Region gedeckt werden

Laut der Studie werden bereits heute im Mitteldeutschen Revier jährlich rund 7 Terawattstunden (TWh) Wasserstoff auf Erdgasbasis produziert, die nahezu ausschließlich als Rohstoff in der chemischen Industrie zum Einsatz kommen. Um den prognostizierten Bedarf an grünem Wasserstoff von jährlich 33,1 TWh in der Region zu decken, ist ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig.

Dass Erdgas künftig zur Erzeugung von Wasserstoff künftig nicht mehr zur Verfügung stehen wird, davon muss man ausgehen.

So könnten im best-case-Szenario im Jahr 2040 rund 22 TWh Wasserstoff in der Region produziert werden, wozu etwa 65 Prozent des dann erzeugten Fotovoltaik- und Windstroms benötigt würden. Somit müssten auch im besten Fall rund ein Drittel des Wasserstoffbedarfs durch Importe aus anderen Teilen Deutschlands oder dem Ausland abgedeckt werden.

Demgegenüber kommen Biogas und Biomethan bereits heute als klimafreundliche Alternative zu Erdgas bei der Produktion von Strom und Wärme zum Einsatz. Die 217 in der Studie erfassten Biogasanlagen produzieren jährlich rund 164 Millionen Normkubikmeter Biogas (Nm3), das zur Produktion von 950 Gigawattstunden (GWh) Strom und 290 GWh Wärme genutzt wird. Dieses Potenzial ließe sich bis zum Jahr 2040 auf etwa 500 und 700 Nm3 steigern.

Insgesamt können laut der Untersuchung durch den Einsatz grüner Gase in der Region jährlich zwischen 8 und 12,5 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen eingespart werden.

Bis zu 10.000 Jobs durch Aufbau industrieller Wertschöpfungsketten

Von zentraler Bedeutung für das Zusammenbringen der potenziellen Erzeuger und Verbraucher von Grünen Gasen in der Region ist der länderübergreifende Ausbau der entsprechenden Infrastruktur. Die Kosten für den Aufbau eines mitteldeutschen Wasserstoffnetzes inklusive der Umrüstung der vorhandenen Erdgasinfrastruktur beziffert die Studie mit rund 2,7 Milliarden Euro.

Demgegenüber steht ein erhebliches Wertschöpfungspotenzial durch die Produktion, Speicherung und Anwendung grüner Gase im Mitteldeutschen Revier. Dieses wird – je nach Szenario – mit 830 Millionen Euro bzw. 1.245 Millionen Euro für das Jahr 2040 beziffert.

Damit verbunden wäre die Schaffung von 7.000 bzw. 10.100 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in der Region.

Studie empfiehlt Aufbau eines regionales Kompetenzzentrum für grüne Gase

Um diese Potenziale zu realisieren, gibt die Studie in verschiedenen Handlungsfeldern eine Reihe konkreter Handlungsempfehlungen für die regionalen Akteure. Dazu gehören unter anderem:

▶ Der Abbau von Flächenrestriktionen in der Raumplanung und die Umnutzung von frei werdenden Bergbauflächen für den substanziellen Ausbau Erneuerbarer Energien
▶ Die Beschleunigung regionaler Genehmigungsverfahren für EE – Anlagen und Anlagen zur Produktion grüner Gase
▶ Eine überregional abgestimmte Planung der Infrastruktur für grüne Gase
▶ Die Initiierung und Förderung modellhafter Anwendungen in den unterschiedlichen
Anwendungssektoren
▶ Zielgerichtete kommunale Wärmepläne mit Vorranggebieten für Fern- und Nahwärme
▶ Die Schaffung von Anwendermärkten durch öffentliche Beschaffung, insbesondere im Mobilitätssektor (Brennstoffzellenfahrzeuge)

Zu den Handlungsempfehlungen der Studie gehört darüber hinaus der Aufbau eines regionalen
Kompetenzzentrums für Grüne Gase. Dieses soll ein gemeinsames Leitbild für die Region entwickeln und die Zusammenarbeit der rund 20 in der Region vorhandenen Fachnetzwerke, Branchenverbände, Energieagenturen, Verbundvorhaben und Forschungsträger koordinieren.

Zu den weiteren Aufgabenfeldern des Kompetenzzentrums könnten der Aufbau eines gemeinsamen Marktplatzes sowie die länderübergreifende Planung von Infrastrukturmaßnahmen und Marketingaktivitäten gehören.

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