Damit hat auch Sachsens Energieminister Wolfram Gรผnther nicht gerechnet, dass ausgerechnet die Ergebnisvorstellung zu dieser Umfrage mitten in die Zeit des von Wladimir Putin entfesselten Ukraine-Krieges und damit der forcierten Debatte um die deutsche Energieabhรคngigkeit fรคllt. Denn befragt wurden die Sachsen zur Akzeptanz der Erneuerbaren schon im September 2021.
Im Dezember hatte das sรคchsische Energieministerium die Ergebnisse auf dem Tisch, doch dann dauerte die wissenschaftliche Aufarbeitung noch ein paar Monate.
Und auf einmal war man mittendrin in der Zeit eines Krieges, in dem Deutschland merkt, wie abhรคngig das Land in den vergangenen 20 Jahren von russischen Lieferungen an Erdgas, Erdรถl und Steinkohle geworden ist. Und damit erpressbar.
Und das vor allem aufgrund einer konservativen Energiepolitik, die in den letzten zehn Jahren den Ausbau der Erneuerbaren Energien โ Solar und Windkraft vor allem โ sogar gebremst hat.
Auch Sachsen mit seiner Liebe zur mitteldeutschen Braunkohle und zum russischem Erdgas war bei den Bremsern ganz vorn dabei. Und wirklich Abschied von dieser fossilen Denkweise hat die CDU in der sรคchsischen Regierung bis heute nicht genommen, gern mit Hinweis auf die Bรผrger, die Arbeitskrรคfte oder gar die Industrie, die das nicht wollen.
Aber diese Erklรคrung erweist sich selbst in der Umfrage vom September 2021 als Schimรคre. Denn die Sachsen selbst haben lรคngst eine vรถllig andere Einstellung zu Erneuerbaren Energien als die fossilen Bremser in der Union.
Hohe Zustimmungswerte in ganz Sachsen
Am Freitag, 11. Mรคrz, stellte Energieminister Wolfram Gรผnther in Dresden die Ergebnisse der Befragung vor. Demnach unterscheiden sich selbst die Zustimmungswerte zwischen Stadt und Land nur unwesentlich. Zudem sind die Zustimmungswerte fรผr erneuerbare Energien in Sachsen vergleichbar mit denen auf der Bundesebene.
โDie Studienergebnisse sind ein starkes Signal fรผr den Ausbau Erneuerbarer Energien. Was deren Akzeptanz bei den Menschen angeht, ist Sachsen ein Normalfall und keine Ausnahmeโ, sagte Gรผnther.
โMit Blick auf die Folgen des Krieges in der Ukraine ist in den zurรผckliegenden Tagen deutlich geworden: Der Ausbau der Erneuerbaren ist nicht nur ein Gebot des Klimaschutzes und ein knallharter Standortfaktor. Er ist eine Frage der nationalen Sicherheit. Akzeptanz entsteht auch durch Information. Deshalb gibt es dort hรถhere Zustimmungswerte, wo die Menschen bereits Erfahrungen mit erneuerbaren Energien haben. Auch das ist ein gutes Zeichen fรผr den Ausbau.
Fragen von Akzeptanz und Beteiligung stellen sich an konkreten Orten und konkreten Projekten. Dort werden sie in Beteiligungsverfahren, von demokratisch gewรคhlten Gremien oder von der Sรคchsischen Energieagentur mit ihrer Dialog- und Servicestelle fรผr Erneuerbare Energien bearbeitet. Dort, wo es Skepsis und berechtigte Einwรคnde gibt, mรผssen Beteiligung und Information gestรคrkt werden.โ
Denn wo solche Anlagen entstehen, profitieren auch die Gemeinden. Seit 2021 ermรถglicht das Erneuerbare-Energien-Gesetz fรผr neue Windenergieanlagen und Solarparks eine Beteiligung der Gemeinden am Ertrag. Pro Windrad und Jahr bringt das zwischen 20.000 und 40.000 Euro in die Gemeindekassen. Das Geld kann dann fรผr Kitas, Schulen, die Freiwillige Feuerwehr, Vereine und รhnliches verwendet werden.
โDavon erwarten wir noch einmal starken Rรผckenwindโ, sagt Gรผnther. โDass wir beim Ausbau der Erneuerbaren auf breite Akzeptanz in der Bevรถlkerung setzen kรถnnen, ist ermutigend. Sachsen ist erneuerbar!โ
Die Ergebnisse der Umfrage
Laut den Ergebnissen der Studie sind 64 Prozent der Befragten in Sachsen positiv gegenรผber Erneuerbaren eingestellt, ein Viertel neutral und nur 10 Prozent negativ. Rund ein Fรผnftel sieht den zusรคtzlichen Ausbau Erneuerbarer kritisch.
Im Stadt-Land-Vergleich trifft die Energiewende in der stรคdtischen Bevรถlkerung auf 50 Prozent Zustimmung und 18 Prozent Ablehnung, in der lรคndlichen Bevรถlkerung auf 45 und 16 Prozent.
รhnlich das Bild bei den Auswirkungen des zusรคtzlichen Ausbaus von Erneuerbaren: 45 Prozent der stรคdtischen Bevรถlkerung sieht den weiteren Ausbau positiv, 21 Prozent negativ. Auf dem Land finden sich 38 Prozent Zustimmung und 21 Prozent Ablehnung.
Bei den einzelnen Energieerzeugungsarten rangieren Solarparks mit 57 Prozent Zustimmung knapp vor Windenergie mit 56 Prozent. Wasserkraft erhรคlt mit 75 Prozent die meiste Zustimmung, spielt aber gemessen am Anteil der Stromerzeugung in Sachsen nur eine untergeordnete Rolle.
Der Geothermie gegenรผber sind 42 Prozent der Befragten positiv eingestellt, 45 Prozent รคuรerten sich positiv zu Biomasse und Biogas.
Der Umfang der Studie
Die Akzeptanzstudie ist die umfassendste, die bislang in Sachsen zum Thema durchgefรผhrt wurde. Das Marktforschungsunternehmen Innofact AG befragte im September 2021 noch vor der Bundestagswahl 1.517 Bรผrgerinnen und Bรผrger in Sachsen. Die Studienergebnisse wurden im Dezember 2021 an das SMEKUL geliefert und in den folgenden Wochen aufbereitet.
Die Stichprobe ist hinsichtlich Alter, Geschlecht und Wohnort bevรถlkerungsreprรคsentativ. Erfragt wurden unter anderem die grundsรคtzliche Einstellung zu Energiewende und Erneuerbaren Energien, eigene Erfahrung mit erneuerbaren Energien und die Einstellung zu einzelnen Technologien sowie zum zusรคtzlichen Ausbau.
Ziel der Befragung war es, den Status Quo hinsichtlich der Akzeptanz von Erneuerbaren in Sachsen zu ermitteln, um die Bevรถlkerung zukรผnftig bestmรถglich รผber den weiteren Ausbau der Erneuerbaren informieren und mit folgenden Befragungen eine Entwicklung der Akzeptanz sichtbar machen zu kรถnnen, betont das SMEKUL
Seit November 2021 informiert das Ministerium zu erneuerbaren Energien mit der Kampagne โEnergieland Sachsen. Gemeinsam erneuernโ unter www.gemeinsam.erneuern.sachsen.de. Seit Oktober 2021 informiert und berรคt auch die Dialog- und Servicestelle Erneuerbare Energien der Sรคchsischen Energieagentur SAENA Bรผrgerinnen und Bรผrger sowie Kommunen rund um das Thema und unterstรผtzt bei der Bearbeitung von Konflikten unter https://www.saena.de/.
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